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Alptraumland

Alptraumland

Titel: Alptraumland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Ronald M. und Pukallus Hahn
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schlangenköpfige Ungeheuer dachte, das ich gesehen hatte. Unter mir geriet der Boden ins Strudeln. Ich versank bis zu den Knien im Morast, befreite mich nur mit Mühe aus dem Matsch. Die verdorrten Bäume streckten Äste wie gierige Fanganne nach mir aus. Das Brodeln und Grollen aus dem Erdinneren zerrte an meinen Nerven, die durch die vorangegangenen Ängste und Schrecken zum Zerreißen gespannt waren. Alle Augenblicke wandte ich mich um, da ich den Verdacht nicht los wurde, von zahllosen unsichtbaren Augen beobachtet zu werden. Ich glaubte Gestalten durch die Nebelschwaden huschen zu sehen. Eine morbide Haßausstrahlung, die allein mir galt, schien mich zu umflirren. Ein spukhaftes Geflüster machte mich wahnsinnig. Im Fieberwahn wankte ich weiter, die körperlosen Erscheinungen an meinen Fersen, hielt beharrlich auf die Ruinenstadt zu.
    Schon von weitem schlug mir abscheulicher Gestank entgegen, ein durchdringender Modergeruch, der sich mit Leichenfäule vermischte – als wäre die ganze Stadt ein riesiges Krematorium, in dem sich die Kadaver von mehr als hundert Generationen in Auflösung befanden. Zyklopenhafte, von Efeu umwucherte Türme ragten finster in den Himmel. Enge, lichtlose Gassen führten durch die jahrtausendealte Ansiedlung, die nur ein Wahnsinniger entworfen haben konnte.
    Und Wesen sah ich: Insektenartige Geschöpfe, die sich in vampirischer Gier über die Körper von Menschen beugten und ihre Saugrüssel in sie bohrten. Ich sah die Opfer ihres fürchterlichen Blutrausches in den Gassen liegen, während wahnwitzige, unmenschlich aussehende Bestien sich auf abscheuliche Weise mit Menschen vereinigten, wieder andere auf offener Straße an rasch entzündeten Feuern kannibalischen Gelüsten frönten.
    Eine Gestalt kam auf mich zu. Sie hatte einen Körper, der entfernt einem Menschen glich, aber ihr Kopf erinnerte mich an einen Hund. Zuerst hielt ich den schwarzen Umhang, den das magere Wesen um seine Schultern geschlagen hatte, für ein Kleidungsstück, aber dann breitete es ihn aus, und ich sah, das Gebilde war fest mit seinem Rücken verwachsen.
    Die Kreatur hatte Flughäute, wie man sie von Fledermäusen kennt. Ich wollte mich abwenden, fliehen, den ekelhaften Ort weit hinter mir lassen, doch würgende Übelkeit überfiel mich und bewirkte, daß ich mich nicht von der Stelle rühren konnte. Das Fledermauswesen deutete mit der ausgestreckten Rechten und seinen furchterregenden Krallen auf seine wollüstigen und kannibalischen Gefährten. Der Kicherton, der aus seiner Kehle drang, versetzte mir den Rest.
    »Bist du endlich gekommen?« fragte es mich mit tückischem Blick. »Wir haben lange gewartet.«
    »Nein!« schrie ich. »O nein!« Ich riß den Blick von den furchtbaren Geschehnissen los und wandte mich um. Endlich brach gnädige Finsternis über mich herein wie eine Flut verflüssigter Nacht. Als ich wieder zu mir kam, lag ich im Arbeitszimmer auf dem Fußboden. Mir dröhnte der Schädel. Ich übergab mich fürchterlich auf den Teppich.

8. Kapitel
     
    Aus dem Schriftwechsel H.P. Lovecrafts
    mit Frank Belknap Long
     
    Ashton Manor, 29. August 1923
     
    Salve, mein Junge!
    Immer deutlicher sehe ich den Ursprung der außerordentlich mysteriösen und erschreckenden Vorgänge auf Ashton Manor in Gegebenheiten früherer, längst vergangener Zeiten, in vielleicht ferneren Epochen der Weltgeschichte, als unser armer menschlicher Verstand es zu erfassen vermag. Es gibt meines Erachtens keinen Grund mehr, um nur im geringsten anzuzweifeln, daß mein Freund Ashton ganz und gar unter dem Bann der Vergangenheit steht, sie ihn einholt und zu vernichten droht. Er befindet sich in einem wahrhaft furchtbaren Zustand und bedarf dringender Hilfe. Aber ungeachtet der völlig offenen Frage, wie in seinem Fall wirksamer Beistand geleistet werden könnte, begegnet er mittlerweile jeder Art und Weise selbst des alltäglichsten zwischenmenschlichen Verkehrs mit schroffer Ablehnung und bleibt jeder sinnvollen Aussprache vollauf unzugänglich. Ich muß Dir gestehen, daß diese zwiespältige Lage mir die vollständigste Ratlosigkeit einflößt.
    Solltest Du von mir darüber Aufschluß erhoffen, vermöge welcher Mittel das Vergangene eine so unwiderstehliche, unbannherzige Gewalt über Roderick Ashton erlangen konnte, habe ich Dir das Geständnis zu machen, daß ich Dich enttäuschen muß. Aber natürlich habe ich unterdessen ein paar hypothetische Überlegungen angestellt, die ich in diesem Brief, wenn auch mit

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