Alraunes Todeskuß
Ansicht, daß sich aus dem Körper der Leiche etwas gelöst hat und durch den offenen Mund ausgetreten ist.«
»Moment mal. Wie war das?«
Ich wiederholte meine Worte.
Maria Anzaro war fassungslos. Sie senkte den Kopf und preßte ihre Hand gegen die Stirn. Sie konnte einfach nicht glauben, was sie da gehört hatte. Es war lächerlich, sie hob die Schultern und ließ sie wieder sacken.
»Ich habe Ihnen nur wiedergegeben, was uns gesagt wurde.«
»Natürlich, John, ich glaube Ihnen. Aber ich suche nach einer Erklärung, bitte sehr.«
»Wir ebenfalls«, sagte ich. »Und – haben Sie eine gefunden?«
»Nein.«
»Der Arzt also auch nicht?«
»So ist es.«
»Tja«, murmelte Maria, wobei sie mit gespreizten Händen durch ihr dichtes Haar strich. »Da bin ich wirklich überfragt und auch überfordert. Da komme ich nicht mehr mit.«
»Kann ich mir denken«, meinte Suko. »Wir sollen davon ausgehen, daß wir rational keine Erklärung finden, wobei es eine Tatsache bleibt, daß sich etwas aus dem Körper hoch durch den Mund geschoben hat. Aber was es gewesen ist, darüber können wir nur mehr spekulieren. Jedenfalls kann Ihr Bruder magisch verseucht sein.«
Die Tänzerin dachte über die Erklärung nach. »Könnte man die Alraune mit einbeziehen.« Suko nickte.
»Und wenn ich den Faden weiterspinne, mir dabei die Größe der Alraune vorstelle und zudem noch an den Mund denke, dann könnte es sein, daß sie sich aus dem Körper meines Bruders gelöst hatte.« Sie bekam große Augen und flüsterte »O Gott«, denn sie hatte sich über ihre eigenen Worte erschreckt.
Wir schwiegen.
Nur Marias Atmen war zu hören. Da wir nichts gesagt hatten, war sie schon mißtrauisch geworden und sagte: »Sie widersprechen mir nicht, meine Herren? Ich liege wohl nicht falsch mit meiner Meinung.«
»Nicht unbedingt«, gab ich zu.
»Mein Bruder«, flüsterte Maria, »mein Bruder hat sich immer mit dieser Alraune beschäftigt. Er hat sie von allen Seiten beleuchtet Er ging dieses Thema als Wissenschaftler ebenso an wie als Mensch, der sich mit den Legenden beschäftigt; die sich um diese Wurzel ranken. Ich habe den Eindruck, als hätten die Legenden gewonnen. Demnach muß sich die Alraune in seinem Körper befunden haben – oder?« Sie blickte uns an, als wollte sie hören, daß es nicht stimmte. Den Gefallen konnten wir ihr nicht tun, wir nickten statt dessen.
Maria war sprachlos. Sie trank Kaffee, fing an zu weinen und murmelte dann »Es ist alles so fremd, so nicht nachvollziehbar für mich. Ich komme damit nicht zurecht. Es ist eine andere Welt, obwohl ich Sie ja auf meinen Bruder gebracht habe. Wenn ich zusammenfasse, kann ich sagen, daß et die Alraune geboren hat.«
»Im Prinzip stimmt das.«
»John, mein Gott, wohin soll das führen?«
»Ich weiß es auch nicht. Wichtig ist nur, daß wir davon ausgehen und uns zu dem damit abfinden müssen, daß diese Alraune irgendwo in dieser Stadt unterwegs ist.«
»Was könnte sie tun?«
»Keine Ahnung.«
Die Frau schluckte, ohne daß sie etwas gegessen hätte. Sie schaute auf die Tischplatte, strich wieder über ihr Haar und meinte: »Da ist noch eine Sache, die ich nicht ganz begreife, John. Sie haben von dem toten Mitarbeiter gesprochen.«
»Er beging Selbstmord.«
Eine Hand an der Stirn haltend und etwas lauernd fragte sie: »Mein Bruder hat also damit nichts zu tun?«
»Nicht direkt.«
»Wieso indirekt?« Sie hatte schnell kapiert. »Bringen Sie den Tod mit dieser Alraune in einen unmittelbaren Zusammenhang?«
»Das tue ich.«
»Und wie?«
Suko lachte leise. »Wenn wir das wüßten, hätten wir schon viel gewonnen. Leider wissen wir es nicht. Nach wie vor stehen wir vor einem Rätsel und sind auf Vermutungen angewiesen. Wir müssen davon ausgehen, daß es die Alraune geschafft hat, wie auch immer.«
Marias Stimme klang dumpf, als sie antwortete. »Wissen Sie, daß es mir schwerfällt, dies zu glauben?«
»Natürlich. Wir haben aber noch einen Schritt weiter gedacht. Wenn diese Alraune tatsächlich freigekommen ist, dann wird sie darauf bedacht sein, keine Spuren zu hinterlassen oder andere Spuren zu verwischen. Sie wird auch wissen, daß Sie, Maria, ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zu Ihrem Bruder gehabt haben, und sie wird sich ausrechnen können, daß er Ihnen einiges über seine Arbeit erzählt hat. Sie sind also informiert, und das kann ein Wesen wie diese Alraune nicht einfach hinnehmen. Das paßt nicht zu ihr.«
»Schon gut, Suko, ich weiß, worauf
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