Als das Handy eine Buschtrommel war
vermuten, dass die menschliche Sprache kaum älter als 100000 Jahre sei. Als Indizien gelten archäologische Funde, die beweisen, dass der Mensch seine Steinwerkzeuge über lange Zeit immer in den gleichen primitiven Formen produzierte, bis er seinen Werkzeugkasten unvermittelt mit den unterschiedlichsten Gerätschaften bestückte. Manche Forscher sind der Ansicht, dass die Erfindung der Sprache die Voraussetzung für diesen sprunghaften Fortschritt war. Denn mit ihrer Hilfe habe der Mensch plötzlich viel besser planen, organisieren und kooperieren können. Verfechter dieser Theorie würden weder bei den frühesten Ahnen des modernen Menschen noch im Tierreich nach Anzeichen für ein rudimentäres Sprachvermögen suchen, weil es für sie eine einzigartige Entwicklung ist.
Die andere Fraktion von Forschern nimmt an, dass die Sprache eine uralte Errungenschaft sei, die sich genau wie andere Fähigkeiten des modernen Menschen allmählich aus einfacheren Vorstufen entwickelt hat. Der Mensch habe nicht zuerst ein größeres Gehirn entwickelt und daraufhin die Sprache erfunden, vielmehr sei es genau umgekehrt gewesen: Je ausgefeilter er mit seinen Artgenossen kommunizierte, umso größer musste sein Gehirn werden. Die Anthropologin Dean Falk von der University of New York formuliert den Zusammenhang so: »Wenn die Hominiden keine Sprache benutzt und verfeinert haben, dann möchte ich wissen, was sie mit ihren ... wachsenden Hirnen überhaupt angestellt haben.« Die Herstellung von Werkzeugen lässt sich nach Einschätzung vieler Wissenschaftler auch mit einem wesentlich kleineren Gehirn durchaus bewältigen.
»Verbale Fellpflege«
Den frühen Vorfahren des Homo sapiens hätte ein solches Kommunikationsmittel jedenfalls große Vorteile gebracht. Denn als das Zusammenleben komplexer wurde, mussten sie sich immer besser abstimmen. Schließlich galt es, den Alltag als Jäger und Sammler möglichst effektiv zu organisieren. Da ist eine vielseitige Sprache ungemein wertvoll.
Möglicherweise hat aber nicht nur das Bedürfnis nach besserem Informationsaustausch zur Entwicklung der Sprache geführt, sondern auch ein soziales Interesse. Manche Forscher sehen in der Sprache das menschliche Pendant zur Fellpflege, mit der Schimpansen ihre sozialen Kontakte festigen. Die »verbale Fellpflege« hat dem äffischen Verhalten zwei große Vorteile voraus: Man kann nur einen Artgenossen gleichzeitig lausen, sich aber mit mehreren unterhalten. Und während des Gesprächs kann man nebenbei auch noch anderes erledigen.
Wieder andere Wissenschaftler nehmen an, dass die Sprache gar nicht in erster Linie aus solchen praktischen Erwägungen heraus entstand. Eher sei ihre Erfindung eine Folge des menschlichen Drangs, sich ein Bild von der Welt zu machen und seine Vorstellungen mitzuteilen. Vielleicht war es ja auch eine Kombination all dieser Motive.
Worte versteinern nicht
Wann die Menschen in den Genuss der Sprache kamen, ist allerdings schwer zu rekonstruieren. Mangels archäologischer Zeugnisse können die Forscher nur indirekte Schlüsse auf die Gesprächigkeit der frühen Menschenverwandtschaft ziehen. Da ist zum Beispiel das so genannte Broca-Zentrum im Gehirn, das in der Nähe der linken Schläfe liegt und mit der Sprache und dem Gebrauch von Werkzeugen zu tun hat. Fossile Schädel verraten, dass dieser kleine Knoten schon bei den frühesten Vertretern der Gattung Homo in Erscheinung trat. Ein Abdruck davon fand sich zum Beispiel in einem knapp 2 Mio. Jahre alten Schädel von Homo habilis, der 1972 in Kenia gefunden wurde. Zudem war in diesem Schädel die linke Gehirnhälfte größer als die rechte. Auch das könnte ein Hinweis auf Sprachfähigkeit sein, denn bei den meisten heute lebenden Menschen sind die Größenverhältnisse ähnlich – unter anderem deshalb, weil in der linken Gehirnhälfte mehrere Sprachzentren untergebracht sind. Der bekannte Paläontologe Richard Leakey vermutet daher, dass die Geschichte der Sprache schon mit Homo habilis begann. Wahrscheinlich habe er sich einer primitiven »Frühsprache« bedient, die dennoch ausgereifter war als die Laute der Affen und die der Vormenschen oder Australopithecinen.
Ich, Washoe
Die Wurzeln dieses Sprachvermögens aber reichen nach Überzeugung von Leakey und anderen Wissenschaftlern noch weiter zurück, denn etliche Studien bescheinigen Menschenaffen ein erstaunliches Verständnis für den menschlichen Wortschatz. Berühmt geworden ist das Schimpansenweibchen Washoe, dem
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