Als das Handy eine Buschtrommel war
die Trennung in klassische Musik und in Popularmusik, die vom Volkslied über fahrende Musikanten im Mittelalter bis zum Rock’n’Roll reicht.
Die Suche nach Universalien
Wie unterschiedlich die musikalischen Traditionen anderer Kulturkreise sein können, bemerkte auch Claude Debussy, als er sich auf der Weltausstellung 1889 in Paris von einem javanischen Gamelan-Orchester inspirieren ließ. Dessen Instrumentarium besteht hauptsächlich aus Metallophonen, Gongs und Trommeln, die auf Java zu religiösen Feiern, Hochzeiten oder zum Tanz gespielt werden. Die Harmonik eines Gamelans beruht auf Tonskalen aus vier, fünf oder sieben Tönen pro Oktave und hat mit dem europäischen Dur-Moll-System rein gar nichts zu tun.
Ob die doppeltönigen Kehlgesänge der Nomaden im sibirischen Tuva, die klassische indische Schulmusik mit ihren Raga und Tala oder die Polyrhythmik westafrikanischer Trommelmusik: Die ausgeprägte Diversität musikalischer Traditionen macht die Suche der Musikethnologen nach kulturübergreifenden Gemeinsamkeiten nicht einfach. Fest steht, dass Gesang, Metrum, diskrete Tonhöhen sowie die Verwendung von Intervallen und Skalen in den meisten Musiktraditionen zu finden sind und deshalb zu den universalen Eigenschaften der Musik gezählt werden.
Aus Mangel an Beweisen – Musik versteinert nicht
Den bislang ältesten unumstrittenen Nachweis musikalischer Aktivität lieferten die bei Ausgrabungen in der schwäbischen Geißenklösterle-Höhle gefundenen Überreste einer 35000 Jahre alten Flöte aus Schwanenflügelknochen. Spielversuche auf Nachbauten zeigten, dass bereits damals pentatonische Klangfolgen in der Musik Verwendung fanden. Wie und zu welchen Anlässen der steinzeitliche Erbauer seine Flöte spielte, werden wir nie erfahren, da die Musik selbst keine steinernen Spuren hinterlässt. Aus Mangel an harten Fakten haben sich deshalb eine ganze Reihe konkurrierender Theorien über die Evolution der Musik entwickelt, von denen sich wohl keine jemals endgültig be- oder widerlegen lassen wird.
Fest steht indes, dass eine so komplexe Errungenschaft wie Musikalität, sei sie kulturellen oder natürlichen Ursprungs, nicht einfach aus dem Nichts entstanden sein kann. Innovationen entstehen meist aus der Kombination bereits vorhandener Elemente. Evolutionsbiologen versuchen deshalb sich dem Phänomen Musik zu nähern, indem sie es in einzelne Komponenten auftrennen. So vermutet man, dass Instrumentalmusik und Gesang zwei menschliche Fähigkeiten sind, die anfangs voneinander getrennt waren und erst im Laufe der Zeit in der Musik verschmolzen.
Singen will gelernt sein
Nach der biologischen Definition des Singens – eine komplexe und erlernte Vokalisation – ist der Mensch keineswegs die einzige sangesfreudige Spezies auf Erden. Neben vielen Singvogelarten sind zum Beispiel Buckelwale oder Weddellrobben in der Lage, die Gesänge ihrer Artgenossen zu erlernen, so dass eine kulturelle Übertragung stattfinden kann, die bis zur Entstehung lokaler Dialekte führt. Unsere nächsten singenden Verwandten sind die Gibbons, monogame Menschenaffen aus den tropischen Wäldern Südostasiens. So synchronisiert ein Pärchen des indonesischen Siamangs seine Rufe zu einem regelrechten Duett, das über eine halbe Stunde andauern kann. Forscher glauben, dass das gemeinsame Singen der Gibbons vor allem der Paarbindung, aber auch der Reviermarkierung dient.
Fest steht allerdings, dass der Gesang der Gibbons und Menschen sich nicht aus einem gemeinsamen Ursprung entwickelt haben kann. Unsere nächsten Verwandten nämlich, Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans, verbringen die meiste Zeit ihres Tages schweigend. Sie kennen nur wenige arttypische Rufe, die sie etwa bei Erregung oder bei Imponiergehabe ausstoßen. Selbst wenn ein Schimpanse singen wollte, fehlten ihm sowohl der zum komplexen Vokalisieren notwendige Stimmapparat als auch die essenziellen Gehirnbereiche für dessen Steuerung. Diese beiden für den Menschen charakteristischen Merkmale müssen also in der Zeit nach den letzten gemeinsamen Vorfahren von Schimpanse und Mensch entstanden sein.
Affen mit Taktgefühl: Der Ursprung des Rhythmus’
Was der letzte gemeinsame Vorfahre von Affe und Mensch wahrscheinlich schon beherrschte, war die Fähigkeit, mit den Händen auf dem Untergrund oder dem eigenen Körper gleichmäßig zu trommeln. Denn dieses Verhalten findet man noch heute bei Schimpansen und noch ausgeprägter bei Gorillas. Bei beiden Spezies tritt dieses
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