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Als das Handy eine Buschtrommel war

Als das Handy eine Buschtrommel war

Titel: Als das Handy eine Buschtrommel war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wissen.de
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diente vor dieser Zeit schon der Körper als Projektionsfläche für Linien, Kreise und Punkte. Eine solche Form des prähistorischen »Bodypaintings« könnte rituelle Gründe gehabt haben oder Ausdruck eines gewissen Rangs gewesen sein. Bis heute ist in vielen Kulturen die Trauerbemalung ein Teil der Tradition. Ebenso können Mangan und Eisenoxid auch für profane Zwecke eingesetzt worden sein. Vielleicht färbten die Menschen der Altsteinzeit Werkzeuge und Alltagsgegenstände und behandelten ihre Kleidung mit rotem Ocker, der für seine imprägnierenden Eigenschaften bekannt ist.
    Das älteste mit Sicherheit fassbare Kunstwerk war Schmuck. Er stammt aus der Blombos-Höhle in der Kapprovinz Südafrikas und ist 75000 Jahren alt. Im Jahr 2004 entdeckten Archäologen in der Grotte 41 Gehäuse der Reusenschnecke. Da sie alle von derselben Form und Größe waren und an derselben Stelle eine Bohrung aufwiesen, werden sie als Reste einer Halskette interpretiert. Ob der Träger männlich oder weiblich war, lässt sich nicht feststellen, wohl aber, dass er an seinem Körper noch mehr als nur diese Schmuckkette trug. Im Innern der Schneckenschalen wurden nämlich Reste von Ockerfarbe nachgewiesen, die nach Meinung der Wissenschaftler von der bemalten Haut des Schmuckträgers auf die Schnecken abgefärbt hatte. Heute gilt das Kunststück vom Kap als Einzelstück in der Archäologie. Zur seiner Zeit aber mag es zum Trachtenrepertoire einer ganzen Menschenart gezählt haben.
    Europäischer Schmuck tauchte nach heutigem Kenntnisstand erst etwa 20000 Jahre später auf. In der Bocksteinschmiede, einer Höhle im baden-württembergischen Lonetal, blieb der Schwanzwirbel eines Wolfes erhalten. Auffällig an dem Stück war eine Durchbohrung, durch die einst ein Riemen gezogen gewesen sein könnte. Der Fundplatz La Quina im westfranzösischen Département Charente gab einen Fuchszahn preis, an dem Spuren von Bohrversuchen erkennbar sind. In der Grotte du Renne in Burgund verwandelten Neandertaler vor 37000 Jahren Tierzähne und Knochen in großem Stil in Schmuck. In der Grotte lagen Fuchs- und Bärenzähne sowie Zähne von Horntieren, in welche die Kunsthandwerker Riefen gekerbt hatten, um sie an Schnüren auffädeln zu können. Durch 36 Wolfs- und Rentierzähne waren, wohl zum selben Zweck, Löcher gebohrt.
    Herrschaftszeichen und Statussymbol
    Sinn und Symbolik der Schmuckanhänger bleiben bis heute ein Rätsel. Gewiss ist, dass die Neandertaler regionale Schmucktraditionen kannten: Knochenplatten wie die aus der Grotte du Renne sind an sechs weiteren Orten in Frankreich gefunden worden. Dass sie rein kosmetischen Zwecken dienten, ist unwahrscheinlich. Anhänger, Ketten oder Ringe hatten in der Kulturgeschichte meist magischen Charakter. Sie waren Talismane, die Unheil abwenden oder Glück herbeiführen sollten. Neben seiner Funktion als Amulett schätzt der Mensch noch heute den Schmuck wegen seiner Signalwirkung. Er zeigt an, zu welcher Ethnie ein Mensch gehört, welche Religion er ausübt und zu welcher sozialen Schicht er zählt. Verheiratete zeigen ihren gesellschaftlichen Status durch Ringe. Im Altertum war der Ring hingegen meist ein Zeichen von Herrschaft. Ohrschmuck zeigt bei vielen Völkern die Aufnahme eines Mädchens als vollwertige Person in die Gesellschaft an. In der Eiszeit mag Schmuck ähnliche Auskünfte gegeben haben, wenn es darum ging, die Zugehörigkeit zu einer Sippe sichtbar zu machen oder den Schamanen einer Gruppe zu kennzeichnen. Die steinzeitliche Kunst hatte eine spirituelle oder soziale Funktion.
    Von Schimären und Schamanen
    Kurz vor dem Aussterben des Neandertalers setzte in Europa ein weiträumiges Kunstschaffen ein. Vom Ural bis zum Atlantik stellte der Homo sapiens Statuetten im Kleinformat her. Ein Prachtstück ist die zehn Zentimeter hohe »Venus von Willendorf« mit ausladenden Hüften und Brüsten sowie betontem Gesäß. Sie ist kein Einzelstück. Derartige Frauendarstellungen gehörten zum Kunstrepertoire der Altsteinzeit. Rund 150 der üppigen Frauenplastiken sind aus Österreich, Tschechien, Italien, Frankreich und Russland bekannt. Heute gelten die Statuetten als Abbilder von Muttergottheiten oder als Schönheitsideal des steinzeitlichen Mannes.
    Die Kunst der Altsteinzeit schmückte auch Waffen. In Speerschleudern, Wurfhilfen aus Knochen, schnitzten Künstler Pferde, Rentiere oder Mammuts, Zeichen eines Tierkults. Noch heute bewundern und verehren Menschen bestimmte Tiere, die für ihre

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