Als das Handy eine Buschtrommel war
Trommeln sowohl als Verstärkung von Imponiergesten – Trommeln auf Wurzeln bei Schimpansen, Brusttrommeln bei Gorillas – als auch im Spiel mit oder ohne Artgenossen auf.
Rhythmus ist eine grundlegende Eigenschaft von Musik. Unsere Fertigkeit, das Metrum zu halten, wenn wir klatschen, trommeln oder tanzen, greift wohl auf kognitive Fähigkeiten zurück, die weit älter sind als die Musik. Die enge Assoziation von Tanz und Musik in allen Kulturen lässt vermuten, dass Rhythmus und Bewegung schon bei der Entstehung der Musik als generative Kräfte mitwirkten.
Ebenso wichtig für das Musizieren und Tanzen in der Gruppe ist unsere Fähigkeit zur gemeinsamen Synchronisation. Damit sind wir zwar einzigartig unter den höheren Primaten, aber nicht die Einzigen auf der Welt. So können zum Beispiel die Männchen verschiedener tropischer Froscharten ihre Rufe aufeinander abstimmen, um von möglichst vielen Weibchen gehört zu werden. Gleichzeitig machen sie es auf diese Weise hungrigen Fledermäusen schwer, einen einzelnen Frosch zu orten. Die Männchen einer europäischen Wolfsspinne können zwar nicht rufen, aber dafür umso besser mit ihrem Hinterleib auf dem Untergrund trommeln. Kommen mehrere Tiere zusammen, stimmen sie ihr Klopfen aufeinander ab. Die wohl beeindruckendste Vorstellung rhythmischer Synchronisation bieten die riesigen Schwärme südostasiatischer Leuchtkäfer, die in einer tropischen Nacht ganze Bäume zum Blinken bringen können.
Musik macht »sexy«
Ob quakende Frösche, trommelnde Spinnen oder blinkende Käfer: Es sind stets die Männchen, die im Chor um die Gunst der Weibchen werben. Deshalb vermuten Evolutionsbiologen auch, dass diese imposanten Synchronisationsleistungen durch sexuelle Selektion entstanden und ein Anzeiger für die reproduktive Fitness des Männchens sind. Daraus ergibt sich die Frage, ob die sexuelle Selektion nicht auch den Menschen zur Musik verholfen haben könnte? Dass Musik eine erotische Komponente hat, wird an dem medialen Rummel um das Liebesleben der einzelnen Rockstars mehr als deutlich. Schon Darwin zog aus seinen Beobachtungen an Singvögeln ähnliche Schlüsse. Er vertrat die Hypothese, dass im Leben der Urmenschen vor allem während der Partnerwerbung gesungen wurde, um Rivalen auszustechen und die Auserwählte zu verführen.
Doch die sexuelle Selektion kann beim Menschen kaum die einzige Antriebskraft bei der Entstehung der Musik gewesen sein. Die musikalischen Ausdrucksformen des Menschen beschränken sich schließlich keineswegs nur auf Zusammenkünfte, die der Brautwerbung dienen. Außerdem singen und musizieren Frauen ebenso gut und gern wie Männer. Und schließlich erwacht die Lust an der Musik nicht erst mit dem Erreichen der Geschlechtsreife: Gerade Kleinkinder sind für Rhythmen und Klänge sehr empfänglich und haben großen Spaß am Singen, Tanzen und Musizieren.
Musik wird in die Wiege gelegt
Die Eingewöhnung in den uns umgebenden musikalischen Kulturkreis beginnt wahrscheinlich schon im Mutterleib. Wie psychologische Studien ergaben, wirkt auf Neugeborene jene Musik beruhigend, die die Mutter während der Schwangerschaft oft hörte. Im Alter von zwei Monaten können Babys bereits Rhythmuswechsel wahrnehmen und mit sechs Monaten unterscheiden sie zwischen harmonischen und dissonanten Klängen.
Lange bevor Babys das erste Wort sprechen, kommunizieren sie mit ihren Müttern auf höchst musikalische Weise. Die sogenannte Babysprache, in die auch Erwachsene unbewusst verfallen, sobald sie sich einem Säugling zuwenden, unterscheidet sich von der Erwachsenensprache durch ihre stark melodiöse Kontur. Die emotionale Botschaft, die vom Baby empfangen wird, ist in der Sprachmelodie verschlüsselt. Überall auf der Welt machen Mütter außerdem von Wiegenliedern und Spielliedern Gebrauch, um den Gemütszustand ihrer Babys zu beeinflussen.
Die Tatsache, dass die instinktive musikalische Mutter-Kind-Interaktion in nahezu allen Kulturen vorkommt, brachte Wissenschaftler auf die Idee, sie könne die Urform jedweden musikalischen Ausdrucks sein. Man vermutet, dass im steinzeitlichen Alltag die Kinderbetreuung hauptsächlich Sache der Mütter war. Im täglichen Daseinskampf war eine starke Mutter-Kind-Bindung für das Überleben der Nachkommen unabdingbar. Dabei könnten jene Mütter im Vorteil gewesen sein, die den Gemütszustand ihres Babys singend beeinflussen konnten und somit ihre musikalische Begabung in den Genen ihrer Nachkommenschaft sicherten. Es
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