Als das Handy eine Buschtrommel war
Bildern konfrontiert, auf denen Schauspieler Angst, Freude und neutrale Situationen darstellten. Auf den Fotos war der ganze Körper der Schauspieler zu sehen, nicht aber das Gesicht. Trotzdem erkannten die Betrachter die jeweiligen Gefühle sofort. In ihrem Gehirn stimulierten Bilder, auf denen entspannte Körperhaltungen gezeigt wurden, lediglich die für das Sehen zuständigen Bereiche. Die Angst-Posen dagegen aktivierten zusätzlich auch solche Areale, die für die Steuerung körperlicher Bewegungen zuständig sind. Die Probanden nahmen also die Angst anderer wahr und bereiteten sich darauf vor, selber zu handeln.
Das geschieht offenbar sehr rasch und weitgehend automatisch. Das Gefühl der Angst kann sich deshalb in einer Menschenmenge rasend schnell ausbreiten. Verhaltensbiologisch ist das auch sinnvoll. Schließlich könnte ein Feuer, ein Raubtier oder sonst eine Gefahr drohen, die ein Einzelner bereits wahrgenommen hat und vor der sich alle anderen nur durch ein reflexhaftes Fluchtverhalten retten können.
Dieses feine Gespür für Angst kann allerdings für den Ängstlichen auch unangenehme Folgen haben. Schließlich tritt die Angst nicht nur in wirklich gefährlichen Situationen auf. Man kann auch Furcht haben, zu versagen oder sich zu blamieren. Und auch wenn man dieses Gefühl zu verbergen versucht, verrät es sich oft trotzdem durch die Körpersprache. Da kann ein Bewerber in einem Vorstellungsgespräch noch so selbstbewusst von seinen Führungsqualitäten reden – wenn er dabei ganz vorn auf der Stuhlkante hockt, als wolle er gleich die Flucht ergreifen, verrät er seine Unsicherheit doch.
Eine Antenne für Widersprüche
Wenn die Körpersprache nicht mit dem Gesagten übereinstimmt, ergibt sich eine Diskrepanz, die auch Laien auffällt. Dass die meisten Menschen ein unbewusstes Gespür für solche Unstimmigkeiten haben, zeigt ein weiteres Experiment. Diesmal wurden den Testpersonen Fotos von Männern und Frauen vorgelegt, deren Körperhaltung und Gesichter entweder von Angst oder von Wut zeugten. Manche dieser Bilder hatten die Forscher so manipuliert, dass Gesicht und Körper unterschiedliche Gefühle ausdrückten. Die Probanden sollten sich auf die Gesichter konzentrieren und entscheiden, ob auf dem Foto eine ängstliche oder wütende Person zu sehen ist. Sprach dabei zum Beispiel das Gesicht auf dem Foto von Angst, der Körper aber von Ärger, so wurden die Probanden unsicher und waren geneigt, eher dem Körper zu glauben. Beim Anschauen solcher zwiespältigen Bilder wurden bei den Betrachtern schon nach Bruchteilen von Sekunden bestimmte Hirnareale aktiviert, die sie zu dem Schluss kommen ließen, dass irgendetwas an den Aufnahmen nicht stimmte.
Angesichts dieses feinen Gespürs ist es kein Wunder, dass sich Lügner häufig durch ihre Körpersprache verraten. Verhaltensforscher kennen eine ganze Reihe von Indizien, an denen sich ablesen lässt, ob jemand die Unwahrheit sagt. So scheinen Lügner zum Beispiel weniger zu gestikulieren. Vielleicht befürchten sie unbewusst, dass sie die geballte Faust bei der Liebeserklärung entlarven könnte. Also unterdrücken sie ihre Gesten lieber ganz. Genau das aber verrät sie dem geschulten Blick dann doch. Die Körpersprache des Menschen gilt daher als eine besonders »ehrliche« Form der Kommunikation. Mit Worten zu lügen ist viel einfacher.
DER »KLUGE HANS«
Tiere können die Körpersprache des Menschen oft besser deuten als dieser selbst. Einen Beweis dafür lieferte schon Anfang des 20. Jahrhunderts der »Kluge Hans«. Dieses Pferd stürzte die Zoologen und Psychologen seiner Zeit in heftige Kontroversen über die Intelligenz von Tieren. Denn seine Fähigkeiten waren verblüffend: Immerhin schien der Hengst zählen, rechnen und buchstabieren zu können.
Wenn sein Besitzer, ein pensionierter Mathematiklehrer namens Wilhelm von Osten, eine Frage an ihn stellte, signalisierte der Rappe zunächst mit Nicken oder Kopfschütteln, ob er sie verstanden hatte. Und dann gab er Antworten. Wie viele Männer sind im Publikum? Wie viele Frauen mit Strohhüten? Durch welche Zahlen ist 28 teilbar? Hans trat entsprechend häufig auf den Boden. Er schien sogar Brüche addieren zu können und stampfte zuerst den Zähler, dann den Nenner des Ergebnisses. Beim Buchstabieren verwendete er für jeden Buchstaben ein unterschiedliches Klopfzeichen.
Dutzende von Zoologen, Psychologen und Pferde-Sachverständigen begutachteten den Hengst und seinen Besitzer, konnten
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