Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Titel: Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
Vom Netzwerk:
Wochen war er aus seinem Heimatland Frankreich hierhergekommen. Dennoch spürte Thibault eine Verbindung zu dieser duftenden Erde, als hätten all seine Vorfahren hier gelebt.
    Sicher, die Stelle als »Webmaster«, die er gefunden hatte, war unsicher und wurde schlecht bezahlt, doch die Arbeit machte ihm Spaß. Er fühlte sich wohl in dem blau gestrichenen Ladenlokal mit den fünf Computern, deren Tastaturen immer ein bisschen dreckig waren, mit den Gartenstühlen aus grünem Kunststoff und einigen Postern amerikanischer Filme an den Wänden. Vor allem die mitreißende, immer fröhliche und unglaublich laut dröhnende Musik gefiel ihm, die aus einem Ghettoblaster schallte, der in der Ecke neben dem Kabelsalat stand. Es war das einzige Internetcafé in der Gegend und gleichzeitig das Büro der Firma www.fabwebcreation.bj, deren Geschäftsinhaber ein gewisser Mr. Boko war. Thibault war nun seit einer Woche sein dritter Mitarbeiter. Innerhalb einer Woche hatte er bereits ein paar einfache Webseiten für die Kunden der Agentur angefertigt und sogar eine kleine Webseite für die Schule in Djagballo, für die er als Webmaster tätig war.
    In diesem Internetcafé hatte er Virginie kennengelernt, die ab und zu kam, um sich an einem der Computer auf ihre Seminare vorzubereiten. Virginie stammte aus Benin. Sie hatte eine rundliche Figur und schien immer zu lächeln. Thibault wusste, dass sie in dem Restaurant eines internationalen Hotels in der Stadt einen Teilzeitjob als Kellnerin hatte. Gleichzeitig versuchte sie es einzurichten, die Seminare an der Kunsthochschule zu besuchen. Für die allein erziehende Mutter der sechsjährigen Monette war es nicht immer einfach, alles unter einen Hut zu bringen. Wenn Virginie arbeitete, kümmerte sich die Großmutter um die Kleine. Virginie war in ihrem Wesen natürlich und gleichzeitig auf eine zarte, unaufdringliche Art weiblich – in Thibaults Augen eine unwiderstehliche Mischung. Er brachte sogar den Mut auf, sie zu einem Drink in der Stadt einzuladen. Ganz unverbindlich. Es sei kein Date, fügte er hastig hinzu. Sie lachte laut und sagte zu.
    Die Dunkelheit war schon hereingebrochen. Als sie sich der kleinen Stadt näherten, lichtete sich das Verkehrsgewimmel aus Motorrädern und alten, mit grellbunten Farben bemalten Autos. Eines Tages hatte Thibault eine Ziege gesehen, die genau vor ihm die Straße überquert hatte. Von dem westlichen Großstadtflair Cotonous spürte man hier nichts, doch das Chaos hier versetzte Thibault immer wieder in Erstaunen. Er musste an die zehn Mal hupen, um sich den Weg zu Virginies Lieblingskneipe zu bahnen, in der häufig Bands auftraten. Das grüne Neonschild über der Kneipe erhellte die kleine Straße, durch die unzählige unbekümmerte Jugendliche schlenderten.Das Lokal war in, und es gab dort gute Livemusik. An diesem Abend stand »Lucee ft Baman« auf dem Programm, eine Hip-Hop-Gruppe aus Cotonou. Die Musik drang bis in den hintersten Winkel der Kneipe. Als der dröhnende Sound aus den Boxen schallte, klirrten die in Kisten aufgestapelten Pfandflaschen. Virginie schlug vor, sich draußen hinzusetzen, an den letzten Tisch. Dort bestand die Chance, sich zu unterhalten.
    Thibault sah Hunderte, ja Tausende fliegender Insekten, die um die kleine Laterne neben ihnen herumschwirrten. Das war das Einzige, woran er sich nicht gewöhnen konnte. Diese Insektenschwärme, die wie aus dem Nichts auftauchten, sobald die Nacht hereinbrach. Und hier wurde es verdammt früh dunkel. Doch er sagte nichts. Die Einheimischen lachten über seine Phobie. Thibault gab vor, im Boden sei ein Loch, und schob den Tisch ein kleines Stück zur Seite. Dann nahmen sie das Gespräch dort wieder auf, wo sie stehen geblieben waren.
    Thibault hatte ein Thema angeschnitten, über das er unbedingt sprechen wollte.
    »Es geht um diesen Typen, der mit mir über die Webseite der Schule in Djagballo Kontakt aufgenommen hat. Ich hatte das Foto seiner Frau – einer Patin der Schule – auf die Webseite gestellt. Sie sind seit fünfundfünfzig Jahren verheiratet. Er liebt sie, aber sie ist verschwunden, und er hat mich um ihre Adresse gebeten.«
    »Ich hoffe, du hast sie ihm nicht gegeben«, sagte Virginie.
    »Nein, aber ich frage mich, ob ich es nicht tun sollte. Er hat mir ein Foto von sich und seiner Frau geschickt. Siewohnen in Erquy in der Bretagne. Ich kenne das Nest gut. Es ist ein so süßes altes Paar, dass es einem fast das Herz zerreißt. Er tut mir leid, verstehst du? Er scheint

Weitere Kostenlose Bücher