Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman
weiße Fläche, das Ende der Welt. Sebastian grinste, so heißt doch, sagte er sich, unerforschtes Gebiet. An der Sektorengrenze endete auf diesen Plänen nämlich die bewohnte Welt.
An den Grenzen würde einer allein vorausgehen müssen, der Major erst in einigem Abstand dahinter und einer zum Schluß. Sollte der erste angehalten werden, wäre der Major gewarnt. Und direkt an der Grenze würden sie durchaus auffällig suchend Nischen und Hauseingänge inspizieren. Schließlich suchte man, würden sie gefragt werden, nach einer Adresse. Sollte ihnen dabei Verdächtiges begegnen, würden sie sich umgehend trennen und der Major wäre damit wiederum gewarnt, also nicht weiter zu gehen, unauffällig umzukehren und zu warten.
So wenigstens hatten sie sich diese Flucht zurecht gelegt.
Wie alles wirklich ablaufen würde, das war natürlich auch Sebastian klar, konnte keiner wissen. Einen groben Plan mußten sie jedenfalls haben. Dabei hatte auch Hoffmann ihnen, außer mit ein paar Ratschlägen, nicht viel helfen können. Alles würde dort, nicht voraussehbar, an den jeweiligen momentanen Gegebenheiten liegen, auf die man dann umgehend reagieren müßte. Das richtige tun, im richtigen Moment, am richtigen Ort. „Alles leichter gesagt als getan“, murmelte Sebastian halblaut, gähnte, streckte Arme und Beine von sich und lehnte sich in die Fensterecke zurück, in der sein Jackett hing.
Den Halt in Altenburg hätte er dann fast verdöst. Lediglich die Trillerpfeife, das Abfahrtssignal des Bahnhofsvorstehers, hatte ihn aufgeschreckt. Ein Blick aus dem Fenster belehrte ihn, daß der Zug dabei war Altenburg zu verlassen. Er schlüpfte in sein Jackett, griff nach der Tasche und stürzte zur Waggontür. Der Zug rollte bereits, als er vom Trittbrett auf den Bahnsteig sprang. Ein Glück! Wie hätte er denn sonst vom nächsten Halt nach Altenburg zurück gelangen können? Gar nicht in dieser Nacht. Die Bahnhöfe der Dörfer, an denen der Zug hielt, boten ja keinerlei Unterkunft, nicht mal eine Bank in einem Wartesaal.
Wenn derart an Katastrophen vorbei auch ihre Fluchthilfe ablaufen sollte, konnten sie Gott noch danken, sagte Sebastian sich, indes er vom Bahnhof aus an einem Teich oder See vorüberging, auf dem er im Licht einiger Lampen ein paar angekettete Ruderboote erkennen konnte.
Dann das erste Hotel, auf das er direkt zuging. Der herausgeklingelte Portier bestätigte ihm, daß ein Hans-Peter Sasse sich eingemietet habe. Ein Doppelzimmer, weil ja noch jemand nachkommen würde. Der Portier sah Sebastian an, der ihm zunickte. „Ganz richtig, das bin ich.“
„Ich bringe sie hin“, erklärte der Portier. „Dreiundzwanzig“, sagte er schließlich und wies auf eine Tür.
Sebastian sah ihn an, grinste und klopfte mit den Faustknöcheln gegen die Tür. „Aufmachen!“ sagte er laut. „Aufmachen, Polizei!“
Im Zimmer klapperte es. Als Hans-Peter im Schlafanzug einen Spalt weit öffnete, grinste auch der Portier über diesen nächtlichen Dummejungenscherz.
„Hoffmann würde sagen“, erklärte Hans-Peter leicht ungehalten, nachdem er die Tür hinter sich abgeschlossen hatte, „solche auffälligen Scherze macht man in unserer Lage nicht.“
„Na ja, ist ja richtig“, gab Sebastian etwas kleinlaut zu. „Diese Bahnfahrt war aber auch zu langweilig.“
„Keine Ausreden“, sagte Hans-Peter und legte den Finger auf den Mund, ging zur Tür, drehte den Schlüssel und klinkte zugleich auf, aber im Hotelflur war niemand. „Ich meine nur“, sagte er, als er wieder abgeschlossen hatte, „nachdem dann der Major hier aus Altenburg verschwunden sein wird, nehmen wir an es ist so, dann könnte man in den Hotels der Stadt ja nachforschen, ob dort Fremde übernachtet haben. Dein dummer Scherz könnte dem Portier ja in Erinnerung geblieben sein und wir sind unter Vorlage unserer Ausweise hier eingetragen. Meinst du also nicht, daß die dann später vielleicht nach uns suchen könnten mit der Frage, was wir denn in Altenburg zu tun gehabt hätten. Du weißt doch, Privatreisen sind hier im Osten nie unverdächtig. Was würdest du denen erzählen? Was haben wir denn hier gewollt? Also, wenn man uns fragen würde, was sollten wir sagen?“
„Vielleicht hätten wir uns besser in irgendeinem Dorf einquartieren sollen“, gab Sebastian zu bedenken.
„Haben wir aber nicht“, sagte Hans-Peter. „Und außerdem, wie hätten wir dann hin- und zurückkommen sollen ?“
„Na, mit ‘nem Taxi.“
„Hm“, stimmte Hans-Peter
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