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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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stimmt.“
    Der Chauffeur lachte. „Der Bruno, also der Wirt, meint, zu essen gibt’s nur bis zehn.“
    „Ach so! Aber das muß einem dummen Menschen doch gesagt werden. Wieso hat der nur Bratkartoffeln und Spiegelei? Nicht, daß ich das nicht mag, aber ‘n bißchen dürftig ist das schon.“
    Wieder lachte der Taxifahrer. „Der will bloß abends nicht mehr groß kochen. Außerdem ist das ja kein HO-Laden. Der Konsum wird nie so gut versorgt…“
    „Ach so! Deshalb die Frage nach Lebensmittelmarken.“
    Der Fahrer nickte. „Na sicher.“
    Die Sonne stand ja noch, wenn auch schon tief, am Himmel und Sebastian prägte sich den gefahrenen Weg ein. Es waren dann wirklich nur noch Wege, kurze Wege, links und rechts Gartenzäune und Sträucher. Das Taxi fuhr sehr langsam, dann ging es zweimal um die Ecke, schließlich ein Feldweg und noch mal links ab, dann der Hof mit großem Wohnhaus. „Ist das noch privat?“ wollte Sebastian wissen.
    Der Fahrer nickte. „Noch“, sagte er betont.
    „Ah ja. Gut, daß man da unterkommen kann.“
    „Mit Hotels“, sagte der Fahrer, „sieht es in Dessau eben schlecht aus.“
    „Das ist einleuchtend“, entgegnete Sebastian, „wenn man die Stadt sieht, alles kaputt. Sagen Sie mal, hier waren doch die Junkerswerke?“
    „In Dessau, ja, etwas am Rande der Stadt.“
    „Kann man sich das ansehen?“
    „Schlecht“, der Fahrer schüttelte den Kopf. „Die Russen sitzen dort und jetzt auch die DDR-Armee. Die bauen da tüchtig.“
    „Wie kommt man denn dahin?“
    „Noch am besten mit dem Bus vom Markt aus bis zur Haltestelle, ich weiß nicht genau, wie die heißt, in der Nähe des Stadtparks. Am besten fragen Sie da noch mal. Ich kann Sie aber auch fahren.“
    „Na, wenn überhaupt, dann erst morgen. Was bauen die denn da?“
    „Wahrscheinlich die Rollbahnen, also den alten Werksflugplatz ausbauen. Gemunkelt wird ja auch schon, daß die DDR selbst Verkehrsflugzeuge entwickeln und bauen will.“
    „Hier in Dessau?“
    Der Fahrer hob die Schultern. „Niemand weiß es.“
    Schließlich fuhren sie durch ein großes gemauertes Rundtor in den Hof. „Würden Sie hier warten? Ich will nur meinen Kollegen abholen. Könnten Sie vielleicht mal kurz hupen?“
    Der Taxifahrer tat es zweimal. Sebastian ging mit seinem Köfferchen auf das Haus zu. Unter der Eingangstür traf er auf Hans-Peter, der eine Treppe herunter gekommen war.
    „Das ist mein Kollege“, stellte Hans-Peter den Freund einer Frau vor, die gerade aus einer Tür in die Diele trat. „Und das hier ist die Wirtin“, sagte er zu Sebastian.
    „Ich fülle die Anmeldung morgen aus“, sagte der nach einer kurzen Begrüßung. „Wir haben beide“, dazu wies er auf Hans-Peter und sich, „heute früh das letzte Mal was gegessen. Das Taxi wartet und wir wollen noch in den Ratskeller.“
    „Warte, dein Koffer!“ Hans-Peter griff danach und lief rasch die Treppe hinauf. Sebastian trat derweilen auf den Hof.
    Als sie schließlich im Ratskeller ihre Bratkartoffeln mit einigen Gläsern Bier herunter gespült hatten, machten sie sich zu Fuß auf den Weg in ihr Quartier. Es war inzwischen tief dämmrig geworden. Als sie aus den schmalen Gartenwegen in den Feldweg einbogen, bot sich ihnen über einem tiefschwarzen Waldrand ein verblüffend schöner Anblick: Ein dunkelroter Streifen ging in eine rosa Fläche über, die sich in einem grünen Himmel verlor, in dem wie Wattetupfen rosa Wölkchen standen. Ein lauer Wind trug den intensiven Duft frischen Heus mit sich, so daß sie eine Weile wortlos stehen blieben. Als sie sich umwandten blickten sie hinter sich in einen schwarzen Nachthimmel, in dem bereits einige Sterne flimmerten.
    Am nächsten Tag machten sie sich nach dem Frühstück im Ratskeller auf die Suche nach den ehemaligen Junkerswerken. Den Wirt wollten sie nicht danach fragen, um jede Aufmerksamkeit in diese Richtung zu vermeiden. Sie erkundigten sich ausschließlich bei älteren Passanten nach dem Stadtpark. „Sie meinen diese Grünanlage?“
    „Ja, Stadtpark oder Grünanlage bei den ehemaligen Junkerswerken.“
    Der alte Mann beschrieb genau den Weg und den Bus, den sie zu nehmen hatten.
    „Was ist denn da eigentlich los?“ wollte Hans-Peter noch wissen. „Ich habe gehört, die bauen da um.“
    „Nicht nur um“, sagte der Mann, „soviel man hört bauen die aus. Die Russen sind ja weitgehend abgezogen.“
    Schließlich sahen sie die Werksgebäude, im Hintergrund auch Ruinen. Von der Straße aus eine Mauer und

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