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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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Abweichungen, die es ständig gibt, bereits wieder zu Änderungen. Und dauernde Anpassungsversuche passen nichts an, sondern verändern alles nur noch mehr. Das Problem von Theorie und Wirklichkeit.“
    „Hm, du bist ja’n ganz Schlauer“, sagte der Brigadier, stellte sein leeres Bierglas auf einen Tisch neben sich und sah Sebastian an. „Wo hast’n das her?“
    Sebastian zuckte die Schultern. „Ist doch bloß logisch“, sagte er und nahm den letzten großen Schluck aus seinem Glas. „Ich hole noch zwei“, wandte er sich an den Brigadier, nahm auch dessen leeres Glas vom Tisch und drängelte sich damit zur Theke durch. Als er dann wieder mit vollen Gläsern zurückkam, stießen beide an. Sebastian wischte sich danach mit dem Handrücken den Bierschaum aus dem Bart.
    „Hast ja einen tüchtigen Zug am Leibe“, sagte der Brigadier grinsend und nickte zustimmend. „Aber das mit dem Plan“, setzte er hinzu, „ist gar nicht so dumm. Ich denke da an die, die da klucken und über so’nem Plan brüten, ‘nem Fünfjahrplan oder so … oder auch nur über so’nem Umbau wie hier“, dazu wies er mit dem Arm in Richtung seiner Arbeitsstelle. „Die denken sich da was aus, wie so’ne Rollbahn gebaut werden soll, aber zwischen dem Wie und dem Was liegen die Probleme, unter anderem die abgekippten Betonhaufen. Wenn du alles ganz genau planen willst, da hast du schon recht, wachsen die Fehler.“
    Dann neigte er sich zu Sebastian und sah sich dabei noch einmal kurz um. „Das ist ja nicht alles“, sagte er schließlich halblaut, „wir haben schon Teile von Rollbahnen wieder abreißen müssen, weil die Richtung zwischenzeitlich leicht abgeändert wurde, aber die Ablaufkanäle für’s Oberflächenwasser nicht mitbedacht wurden. Wie du’s schon gesagt hast, Schlaumeier“, erklärte er wieder grinsend und in normaler Lautstärke, „denken geht schnell, aber handeln braucht Zeit.“
    Zwischenzeitlich versuchte Sebastian die Unterhaltung erst einmal wieder ins Allgemeinere zu lenken, indem er etwa den Brigadier fragte, wo er denn herkäme.
    „Aus Berlin“, sagte der. „Da staunste, was?“
    Sebastian schüttelte den Kopf. „Habe ich mir bald gedacht. Von wo denn da?“
    „KW“, sagte der Brigadier.
    „Aber Königswusterhausen ist doch gar nicht mehr Berlin.“
    „Wir sagen Berlin-Königswusterhausen. Und überhaupt fährt bis zu uns auch die S-Bahn. Und was heißt S-Bahn?“
    „Stadtbahn“, antwortete Sebastian.
    „Na siehste!“ Und der Brigadier lachte.
    „Und warum arbeitest du dann nicht an der Stalinallee, das wäre doch viel näher.“
    „Ich hab’ da schon gearbeitet, aber hier verdiene ich mehr.“
    „Wieso verdienst du denn hier so viel mehr als in Berlin?“ erkundigte sich Sebastian.
    Der Brigadier hob die Schultern. „Vielleicht“, sagte er, „weil’s ein militärisches Objekt ist.“
    Sebastian holte eine neue Lage Bier, die diesmal der Brigadier bezahlte. Das Bier und auch eine dazwischen geschobene Lage Schnaps lockerten die Stimmung auf.
    „Paul“, sagte irgendwann der Brigadier, „ich heiße Paul“, und er hob dazu sein Glas.
    Sebastian stieß mit ihm an und nannte seinen Vornamen.
    „Basti“, sagte Paul, „bist ja’n ganz schlaues Kerlchen. Was machste denn beruflich?“
    „Bin bei ‘ner Zeitung.“
    „Da biste wohl in der Partei?“
    „Nein, nein“, Sebastian winkte lächelnd ab, „bloß ‘ne Fachzeitschrift“, sagte er, „für Land- und Forstwirtschaft.“
    „Und du bist Förster?“
    Sebastian nickte.
    „Wie alt biste eigentlich?“
    „Zweiundzwanzig. Und du?“ fragte Sebastian.
    Paul lachte wieder. „Kerlchen, ich könnte dein Vater sein. Achtundvierzig“, sagte er.
    „Und was bist du von Beruf?“
    „Was für ‘ne Frage. Was soll ich schon sein? Bautechniker. Ich funktioniere hier“, sagte er mit einer Armbewegung durch den Raum, „als Polier.“
    „Das dachte ich mir schon. Ich hatte auf Brigadier getippt.“
    Der Polier schüttelte den Kopf. „Ein Brigadier ist ja nicht mehr als ein besserer Vorarbeiter.“
    „Aha, und deshalb hast du da den Beton abzeichnen müssen, also die Lieferung.“
    „Nicht nur das. Ich habe zum Beispiel auch das mit den fehllaufenden Rollbahnen bemerkt“, erklärte der Polier stolz.
    „Und das mit den Ablaufkanälen?“
    „Für Unterbau und Kanalarbeiten ist wieder ‘n anderer Polier zuständig.“
    „Fehlende Zusammenarbeit?“
    „Ja“, sagte der Polier, „die arbeiten in ‘ner anderen Schicht.“
    „Du

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