Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
Vom Netzwerk:
Wohnungstür öffnete, erstarrte sie für einen Moment, schüttelte dann langsam den Kopf und sah ihn wie eine Erscheinung an.
    Sebastian lachte. „Ich bin kein Geist.“
    „Nein, nein“, reagierte sie endlich. „Ich bin bloß einigermaßen überrascht.“
    „Ich kann auch wieder gehen, wenn du dich fürchtest.“
    „Quatsch, ich freu’ mich doch, komm rein“, und ihr Gesicht strahlte. „Ich habe wirklich einen Moment gedacht“, sagte sie lachend, „ich sehe Gespenster.“
    Sebastian stellte seinen Koffer im Flur unter die Garderobe.
    „Den Mantel häng’ an den Haken“, sagte sie.
    Das tat er, drehte sich dann um, sah sie an und erkannte wieder die Freude in ihrem Gesicht. Ihre ganze Gestalt drückte es aus. Das beschämte ihn einen kurzen Moment lang, doch dann nahm er sie in den Arm, drückte sie an sich und gab ihr einen Kuß auf die Wange. „Entschuldige“, sagte er, „daß ich ein bißchen verschwitzt bin, aber es ist ziemlich heiß draußen. Er gab sie frei und da stand dann auch Frau Richter, seine einstige Wirtin, in der Wohnzimmertür. Sie hatten sich seit seinem Messebesuch vor Jahr und Tag nicht wieder gesehen. Er gab ihr die Hand. „Ich will Sie auch nicht lange belästigen“, erklärte er, „bin bloß auf der Durchreise und habe“, dazu sah er kurz auf seine Armbanduhr, „nur knapp zwei Stunden Zeit.“
    Nun lachte auch Christas Mutter. „Belästigen“, sagte sie, „das ist doch Unsinn. Ich freue mich über Ihren Besuch. Kommen Sie doch ins Zimmer und nehmen Sie Platz am Tisch oder wollen Sie sich erst ein wenig frisch machen? Es ist ja doch recht warm draußen.“
    „Danke, ja“, sagte er, „vielleicht nur ein bißchen Wasser übers Gesicht laufen lassen.“
    Sie stellte ihm eine Schüssel mit kaltem Wasser in die Küche, dazu Seife und ein frisches Handtuch. „Möchten Sie danach etwas Kühles zu trinken oder vielleicht doch eine Tasse Kaffee?“
    „Au ja, Kaffee wäre nicht schlecht“, sagte er, „aber nur, wenn ich Ihnen den nicht wegtrinke.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Kaffee kriege ich doch aus dem Westen.“
    Sebastian wußte ja, daß sie Christas Vater meinte, der Kaffee, Schokolade, Kakao, Zigaretten und andere Kostbarkeiten regelmäßig aus Westdeutschland schickte. Er fragte deshalb nicht weiter nach und auch Christa sprach von sich aus nie über ihren Vater.
    Frau Richter hatte Kaffee für alle gebrüht, durch ein Sieb gegossen und brachte ihn nun in einer bauchigen Porzellankanne auf den Tisch, dazu passende Tassen, Untertassen sowie ein Milchkännchen und die Zuckerdose. Schließlich stellte die Hausfrau noch eine Schüssel voller Schokoladenkekse dazu.
    Auch aus dem Westen, registrierte Sebastian. „Ist mir fast peinlich“, sagte er im Stuhl zurückgelehnt, „diese Umstände, die Sie sich machen.“
    Frau Richter lächelte. „Wir wären auch ohne Sie damit fertig geworden.“
    Der Kaffee brachte Sebastians lahmenden Kreislauf wieder in Schwung. „Das tut gut“, sagte er und wies auf den Kaffee. „Mein Blutdruck sackt bei warmem Wetter oftmals in den Keller. Es ist schon schade, daß man Kaffee bei uns kaum kaufen kann.“
    „In der HO“, warf Christa ein.
    „Ja, grammweise und dann schmeckt der auch noch ranzig. Bei uns zu Hause haben wir jetzt auch einen HO-Laden. Vor drei Jahren gab’s so was nur in der Kreisstadt. Aber die Preise“, sagte er lächelnd, „sind halt nicht so, daß man dort gerne einkauft. Auch Klamotten“, sagte er und wies auf seine khakifarbene Hose, „zweihundert Mark! Mehr verdienen viele im ganzen Monat nicht.“
    „Richtig“, stimmte Christa zu, „ich hab so manches aus dem Westen, das könnten wir uns hier gar nicht leisten.“
    „Na, schimpft mal nicht so, im Krieg gab’s ja auch kaum was“, warf Christas Mutter ein, „und wir haben’s überlebt. Besser ist es schon geworden.“
    „Aber der Krieg ist jetzt über acht Jahre vorbei“, entgegnete die Tochter.“
    „Waren Sie denn schon mal in Westberlin?“ wandte Sebastian sich an Frau Richter.
    „Nein“, sagte die, „was soll ich dort?“
    „Sich bloß mal so umsehen zum Beispiel.“
    „Na ja“, winkte Frau Richter ab, „das wird doch bloß von den Amerikanern gestützt.“
    „Stimmt“, sagte Sebastian, „Marshallplan-Kredite, aber auch für andere Länder…“
    „Das sind doch Schulden!“
    „Natürlich, aber zinsgünstig.“
    „Schulden bleiben Schulden.“
    „Was ist denn dabei? Die trauen den Deutschen eben die Rückzahlung

Weitere Kostenlose Bücher