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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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mit einst schwarzen, nun stark graumelierten, glatt zurückgekämmten Haaren. Mit hochgekrempelten Ärmeln wirtschaftete sie in einer blauen Kittelschürze am Herd.
    „Ich gehe ja schon“, sagte der Sohn und wusch sich die Hände über dem Ausguß in der Küche. Ein scheußlicher Geruch, diese Seife... Scheußlich auch, daß er nicht wußte was mit Sebastian in Berlin gewesen war. Irgendwas muß da geschehen sein, der wäre doch sonst nicht über Nacht geblieben. Wo der wohl übernachtet hatte? In der Königsallee? Von solcher Möglichkeit hatte seine Schwester aber noch nie was gesagt. „Ich muß nachher gleich zu Sebastian“, erklärte er, während seine Mutter ihm den Teller mit Nudeln in brauner Soße vorsetzte. Während er aß, erläuterte er ihr die Dringlichkeit des Treffens mit seinem Freund:    
    „Der war doch in Berlin bei Irene.“
    „Davon weiß ich aber nichts.“
    „Also wir wollten eigentlich beide am Sonnabend fahren.“
    Auch das sei ihr neu, sagte die Mutter und setzte sich auf einen Stuhl am Küchentisch.
    Na ja, er habe das vertrödelt, räumte der Sohn ein. Als er daran gedacht habe, sei gar kein Zug mehr gefahren, also von Lübbenau aus. Einen Bummelzug von dort nach Berlin hätte er noch bekommen können. Darauf habe er dann aber lieber ganz verzichtet.
    „Das kann auch nur dir passieren“, sagte Frau Sasse, die ihrem Sohn ein wenig erstaunt zugehört hatte. „Warum erfährt man davon erst jetzt? Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit“, setzte sie hinzu, „sind ja nun nicht gerade deine Stärke.“ Und was sie eigentlich bei Irene gewollt hätten, wollte sie wissen. Ein Flüchtlingslager sei ja nun weiß Gott kein idealer Besuchsort.
    „Ach, nur mal so gucken wie’s dort ist.“
    „ Und wie wolltest du denn die Fahrt bezahlen?“
    „Vom Taschengeld. Ich hab’ doch noch was.“
    „Konntest du deinen Freund denn nicht gestern treffen?“
    „Das ist’s ja eben!“ Und er sah vom Teller auf. „Der kam doch erst Sonntagabend.“
    „Wie denn das?“ staunte seine Mutter.
    „Keine Ahnung“, Hans-Peter hob dazu die Schultern. „Seine Eltern wußten ja gestern nachmittag auch noch nichts.“
    „Und woher weißt du, ob er nun zurück ist?“
    „Weiß ich nicht, denke aber sicher, daß er da ist. Schließlich bleibt der doch nicht gleich tagelang weg.“
    „Das könnt ihr euch wohl nicht vorstellen“, sagte die Mutter und betrachtete dazu ihren Sohn, „daß Eltern sich Sorgen machen.“
    „Sebastian ist ja fast achtzehn“, warf Hans-Peter ein. „Was soll schon passieren?“
    „Was alles passieren kann, darf man sich gar nicht ausdenken“, erklärte die Mutter und winkte ab.  
    „Also komm …“ Hans-Peter lehnte sich im Stuhl zurück, „passieren kann auch, daß ich nachher über die Straße gehe und umgefahren werde“, und er schob dabei seinen leergegessenen Teller von sich.
    „Das ist für mich kein Argument, aber lassen wir das Thema“, sagte Frau Sasse. „Und wie ist es mit Schularbeiten?“
    „Das mache ich schon.“
    „Also ich“, sagte sie, „ich sehe dich recht selten dabei.“
    „Das solltest du schon mir überlassen“, erwiderte Hans-Peter. „Und außerdem hast du davon sowieso keine Ahnung.“
    „Aber du mußt doch was tun, mußt lernen, wenn du weiterkommen willst.“
    „Weiß ich doch gar nicht, ob ich das will … aber egal wie, das bißchen mache ich früh in der Schule.“
    „Bei dir ist es immer das bißchen.“
    „Was soll’s“, erklärte er, „bisher bin ich doch gut durchgekommen. Was willst du mehr?“
    „Ja bisher“, entgegnete seine Mutter, „bisher und mal gerade so durchgekommen, das reicht nicht. Unsere Eltern“, sagte sie, „haben uns nicht auf die höhere Schule geschickt, und ihr tut so, als ob man euch damit was antäte.“
    „Und Irene? Warum mußte die kein Abi machen?“
    „Warum“, sagte Frau Sasse, „saudumme Frage. So gut war sie in der Schule nun mal nicht,. Außerdem ist sie ein Mädchen, wird eher heiraten und eine Familie haben.“
    „Was heißt Familie! Ich vielleicht auch …“ unterbrach grinsend der Sohn. „Kann man das wissen?“
    „Ja, das hat aber noch Zeit. Wie wolltest du eine Familie ernähren? Als Hilfsarbeiter? Du hast doch nichts gelernt, keinen Beruf, nichts.“
    „Mag sein“, sagte Hans-Peter, „aber Vati hat doch auch nichts ausgelernt.“
    „Was weißt du schon von der Zeit damals. Außerdem ist das unwichtig, du bist schließlich nicht dein Vater. Du hast heute Chancen, die

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