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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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dem Sohn eine bürgerliche Zukunft aus, möglichst eine akademische, mit Häuschen, Auto und Familie. Denk doch bloß, hatte sie ihm mal begeistert erklärt, wenn die Leute Herr Doktor zu dir sagen. Und sein Vater sprach von der führenden Rolle der Partei, die schließlich unverzichtbar sei.
    Das Sein bestimme letztlich das Bewußtsein. Erziehungsdiktatur, erinnerte Hans-Peter sich, nannte sein Freund das. Der Waldweg, den er entlangging, verlor sich allmählich in einer weiten Fläche gelblichen Sandes, verstreut bewachsen von nur noch wenigen niedrigen Birkenstauden und verkümmertem nacktem Erlengesträuch, bis auch diese Fläche abbrach und zig Meter tief hinabstürzte. Vom Regen ausgewaschene Rinnen im Sand zogen sich hinab bis zu einem weiten See, dessen Wasser in Ufernähe von orange bis dunkelrot schillerte, um dann von grünlich in dunkleres Blau und tiefes Schwarz überzugehen. Die einen nannten diesen See, der ja ein Grubenteich, ein riesiges Baggerloch war, den roten See. Andere wiederum sprachen vom grünen See. Wie auch immer, das Wasser jedenfalls schmeckte widerlich sauer. Und beim Baden bekam man eine rauhe Haut. Als Kinder hatten sie dort oft gespielt und auch gebadet. Nach einigen Metern, erinnerte er sich noch, als er dort zum See hinabblickte, fiel dessen Grund steil ab, und das Wasser wurde sehr kalt. Mindestens sechzig Meter, hieß es, sei der See tief. Es ertranken darin immer wieder Menschen. Der Bruder eines Schulkameraden war dort umgekommen.
    Man sprach von eisigen Strömungen in diesem Grundwassersee, der da wie ein verzaubertes, verwunschenes Wasser lag, ein riesenhaftes starres Auge, geheimnisvoll, bösartig, ohne Wimpernschlag. Das Betreten des ganzen Tagebaugeländes und vor allem das Baden in diesen tückischen Grubenteichen war seit eh und je verboten. Zu überwachen waren diese Gebiete allerdings nicht. An der gegenüberliegenden Seite des Sees stiegen von dessen Ufern ebensolche zerklüfteten Sandhänge wie die, an denen Hans-Peter stand, steil hinauf und oben dehnte sich kilometerweit Wald. Es gab in der Gegend noch mehrere ähnliche Seen, kleinere und größere. Es war ein verlassenes und eben auch verbotenes Gebiet mit vielen Kaninchen, Füchsen, Rehen, Wildenten und verschiedenen Vogelarten. Eine künstliche Landschaft, einsam und wild. Früher war er dort seltener gewesen. Sebastian und er gingen nun aber öfter dorthin. Es gab auch Gebiete bis an den Horizont, die an Wüsten erinnerten, zumal an heißen Sommertagen, an denen die Luft über dem Sandmeer flimmerte, denn es waren ja Wüsten, wenn auch künstliche, jedoch von Wind und Regen über Jahre geprägt.
    Hans-Peter blickte auf. Es war ihm, als ob der Himmel sich herabsenkte, doch war es nur die Dämmerung, die aus dem zerklüfteten Land und dem See in der Tiefe als Dunst allmählich aufstieg. Ein Blick auf die Armbanduhr sagte ihm, daß das schon mit rechten Dingen zuging um diese Jahreszeit. Keine Stunde mehr und es würde hier stockfinster sein. Langsam drehte er sich um und ging den Weg zurück zu seinem Fahrrad. Sebastian müßte auch bald zu Hause sein. Ihn mußte er dringend aufsuchen. Was war los gewesen in Berlin …?

    3.

    Was los gewesen war? Sebastian hob leicht die Schultern. „So einiges“, sagte er. Dazu saßen sie beide im Hausflur bei Sebastian auf den Treppenstufen wie meistens, wenn sie sich bei ihm trafen. Das Flurlicht brannte und die Fernheizung wärmte. Sebastians Eltern hielten nicht viel von diesem Freund. „Ich habe Irene getroffen und das Haus auch gleich gefunden. Eine schöne Villa, in der die dort untergebracht sind“, erzählte er. „Aber entschuldige“, dabei griff er sich an den Kopf, „mir dreht sich noch immer alles vom stundenlangen Rechnen – also Holzeinschlag“, sagte er, „Zusammenzählen von Zahlenkolonnen und kubizieren, alles per Hand und im Kopf. Ich bin ja auch eben erst nach Hause gekommen, und ich hab’ doch kein Licht am Rad, wie du weißt. Es war ja schon dunkel. Da hat mir doch dieser saublöde Siegel, diese Polizistenkarikatur, also der hat mir doch wieder aufgelauert und Geld verlangt, das ich nicht hatte. Ohne Licht fahren verboten, also Strafe zahlen. Wo soll ich aber eine Lampe und einen Dynamo hernehmen?“ Dazu breitete er beide Hände aus. „Gibt’s doch nirgends zu kaufen, das weiß jeder. Da hat dieser Blödel mir am Hinterrad das Ventil aufgeschraubt. Eine Luftpumpe nehme ich natürlich nie mit, und so konnte ich dann vom ‘Kurmärker’ aus

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