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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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Landsmann aus dem Osten. Mir war das egal, die paar Mark, und Sebastian zuckte dazu die Schultern, also die hätte ich auch selber noch aufgebracht. Und so kamen wir ins Gespräch. Er fragte mich, woher ich käme und stellte sich dann selbst mit Namen vor. Hoffmann sagte er, Bodo Hoffmann. Das Ganze weitete sich schließlich zu einer Unterhaltung aus. Ich kam ja aus dem Osten, aus der Zone, Irene auch. Na, und mit meiner Meinung über die Verhältnisse hier, das kannst du dir denken, habe ich auch nicht hinter’m Berg gehalten. Also, langer Rede kurzer Sinn, dieser Herr Hoffmann sprach irgendwann vom Nachrichtendienst, für den er arbeitet.
    Wir sind dann alle zusammen noch in eine Weinstube gezogen. Französischer Wein und dazu dicke Zigarren. Ich merkte schon, daß ich den letzten Zug nicht mehr erreichen würde. Das sagte ich dann auch, und dieser Herr Hoffmann meinte dann, er habe ein Bett für mich. Ich fand das alles natürlich spannend, also blieb ich . Irene konnte ja in ihre Flüchtlingsvilla gehen, wann sie wollte. Die haben dort die ganze Nacht auf. Leider konnte ich zu Hause nicht Bescheid geben. Diverse Flaschen Rotwein und um mich drehte sich schon langsam die Welt. Dazu ließ Sebastian die Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger kreisen. Irgendwann wurde ich auch richtig müde. Dieser Hoffmann gab mir schließlich eine Telefonnummer, ich hab’ sie im Kopf.“
    Hans-Peter las dem Freund die Wörter förmlich vom Munde ab. „Mannomann, das ist ja’n Ding. Und du hast da übernachtet?“
    „Ganz in der Nähe, da hatte der’ne kleine Wohnung. Dort lagen auch stapelweise Flugblätter und Broschüren herum.“
    „Also wirklich, das ist’n echtes Ding“, erklärte Hans-Peter immer wieder und schüttelte dazu den Kopf. „Aber das hört sich wirklich ein bißchen so an, wie’s in Romanen steht, das mußt du zugeben.“ „Kann sein, daran habe ich noch gar nicht gedacht...oder doch, ein bißchen kam mir das manchmal auch so vor. Aber die Sache ist ja alles andere als romantisch. Wir müssen uns sowieso noch darüber klar werden, warum wir das machen, wenn wir da mitmachen.“        
    „Ist doch spannend“, sagte Hans-Peter und lachte.
    „Spannend schon, aber wir können dem Osten vor allem auch richtig eins auswischen. Besser als nur selbstgemachte Flugblätter zu verteilen. Die Wirkung ist ja viel größer, effektiver, meine ich. Und Vorsicht müssen wir jetzt ganz groß schreiben. Achtung Stasispitzel! Du kennst doch das Lied ‘Die Partei, die Partei, die hat immer recht …’“, sang Sebastian mit gedämpfter Stimme … „‘und wer kämpft für das Recht, der hat immer recht, gegen Lüge und Ausbeuterei …’ So einfach ist das und klingt doch gut, richtig edel.“
    „Klingt eher kindisch“, erklärte Hans-Peter.
    „Aber so harmlos ist das leider nicht“, sagte Sebastian. „Die meinen das todernst.“
    „Ein bißchen so wie das Unfehlbarkeitsdogma des Papstes“, meinte Hans-Peter lachend. „Nur, daß du das eben auch in aller Öffentlichkeit bezweifeln oder lächerlich machen darfst.“
    „Das ist richtig“, bestätigte Sebastian. „Aber was wir vorhaben, geht ja noch viel weiter. Mitwisserschaft ist Täterschaft. Wir müssen hier an die Familien denken.“
    „Ich werde meinen Alten irgendwas vortäuschen müssen“, überlegte Hans-Peter laut, runzelte die Stirn und kratzte sich mit der linken Hand am Hinterkopf. „Vielleicht“, sagte er nachdenklich, „vielleicht eine Weibergeschichte, hm, was sagst du dazu? Wir würden doch bestimmt viel unterwegs sein müssen.“ Er blickte Sebastian an.
    „Davon können wir schon ausgehen“, erklärte der. „Weibergeschichte hin oder her, das mußt du machen, wie du meinst. Soweit ich das mitgekriegt habe, geht es hier vor allem um Militärisches und dabei vorrangig um die Russen.“
    „Oh, oh, oh … und Hans-Peter schüttelte theatralisch den Kopf, „dann ist Sibirien aber sehr nah.“
    „Wie nah, das hängt auch von uns ab“, warf Sebastian ein.
    „Aber nicht nur“, widersprach Hans-Peter.
    Sebastian hob die Schultern. „Es kann auch mal schief gehen“, sagte er, „doch daran darf man nicht immer denken.“
    „Du hast recht.“
    Die Freunde waren sich einig. Vertrauen war Ehrensache.
    „Wir fahren Mitte Januar nach Westberlin“, sagte Sebastian bestimmt und schlug mit der Faust auf die steinerne Treppenstufe.

    4.

    Im Januar lag überall viel Schnee, als die Freunde sich wie vereinbart auf die Fahrt nach Berlin

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