Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman
„Einschluß“, hatte der Schließer gesagt, dabei war er doch den ganzen Tag eingeschlossen.
Wieder wurde er wach gepoltert, als er gerade auf die Seite gerollt, die Hände unter der Decke, eingeschlafen war. Das nächste Mal wachte er auf, als ein Schließer mitten in der Zelle stand.
„Holen Sie Ihre Sachen rein, ziehen Sie sich an!“
Leicht benommen folgte Sebastian der Aufforderung. Jetzt geht’s wieder los, sagte er sich. Das ist Absicht, dieses Wecken kurz nach dem Einschlafen. Erstmal leugnen, nahm er sich vor, auch wenn es stimmte, was die ihm vorwarfen.
Könnte natürlich auch sein, daß die Freunde zusammenklappten, Hans-Peter oder Totila, falls auch der hier sein sollte. Und wer weiß, was der schon ausgesagt hat, überlegte er, während es wieder über Treppen und durch Gittertüren ging … „Hände auf den Rücken! Gesicht zur Wand! Gehen Sie! Stehen bleiben …! Bis vor die Vernehmertüre. Klopfen Sie an!“
„Reinkommen!“ hörte er die leicht sächselnde Stimme seines Vernehmers, des Hauptmanns von gestern Nacht. Der Lichtkegel war bereits auf den Armesünderhocker in der Ecke gerichtet, als Sebastian den Raum betrat und der Hauptmann hinter dem Schreibtisch mit ausladender Handbewegung auf diesen Hocker wies: „Setzen Sie sich!“
Sebastian tat wie ihm geheißen.
„Sitzen Sie gerade. Und Hände auf die Knie, das wissen Sie doch.“
Der hat zwischendurch sicher geschlafen, ich nicht, ging es Sebastian durch den Kopf. Dann kamen noch ein Unterleutnant und der Zivilist von der letzten Nacht dazu. Der Unterleutnant stand gegen die Wand gelehnt, der Zivilist hatte auf einer Ecke des Schreibtisches Platz genommen. Sebastian sah seitwärts zu Boden, um dem blendenden Licht auszuweichen.
„Sehen Sie mich an“, hörte er die Stimme des Hauptmanns und blinzelte ins Licht. „So bleiben Sie jetzt sitzen. Was haben Sie in Dessau gemacht?“
Mist, schoß es Sebastian durch den Kopf. Woher wissen die von Dessau? „In Dessau?“ sagte er und schüttelte den Kopf, „da war ich noch nie.“
„Sie haben dort sogar übernachtet.“
„Wer sagt denn das?“
„Der Wirt vom Ratskeller hat Sie anhand eines Fotos erkannt.“
„Hat der das behauptet?“
„Ja, ich sagte es eben.“
Sebastian schüttelte wieder den Kopf. „Der muß sich irren. Ich war noch nie in Dessau.“
„Ihr Freund Sasse gibt das aber zu. Sie waren beide in Dessau.“
„Ich verstehe nicht, warum der so was erzählt.“
„Wie lautete Ihr Auftrag?“
„Welcher Auftrag?“
„Na, den Sie von Hoffmann erhalten hatten.“
„Davon weiß ich nichts. Wieso sollte der mich beauftragt haben und wozu? Das ist doch Unsinn. Wie schon gesagt, ich war nie in Dessau.“
„Halten Sie die Hände auf den Knien! Sehen Sie hierher und nicht in irgendeine Ecke.“
„Das Licht blendet so stark“, sagte Sebastian und hielt eine Hand über die Stirn.
„Hände auf die Knie“, blaffte der Hauptmann ihn an. „Das hat alles seine Richtigkeit“, fügte er hinzu. „Und was hier Sinn oder Unsinn ist, das müssen Sie schon uns überlassen.“
„Vielleicht hat Hans-Peter, ich meine Sasse, so was erzählt“, warf Sebastian ein, „nur weiß ich nicht, warum er das getan haben sollte.“
„Um womöglich bei der Wahrheit zu bleiben?“ mischte der Unterleutnant sich ein, stieß sich von der Wand ab und trat ein paar Schritte auf Sebastian zu.
Als der zu ihm hinsah, herrschte der Hauptmann ihn an: „Sie haben hierher zu sehen!“
„Was ist denn Wahrheit …“ fragte Sebastian zaghaft.
„Das wollen wir gerade von Ihnen hören“, fuhr der Hauptmann dazwischen.
„Ich kann nur immer wieder sagen, ich kenne Dessau gar nicht. Und von einem Auftrag weiß ich überhaupt nichts.“
„Ist das die Wahrheit?“ fragte der Unterleutnant lauernd.
„Ja“, antwortete Sebastian.
„Sie lügen zäh und uneinsichtig“, erklärte der Hauptmann.
„Wir wissen doch sowieso alles“, mischte der Zivilist sich ein. „Sie kommen hier nicht mehr raus, das sollte Ihnen klar sein. Ihr unverschämtes Lügen wird, wenn wir’s dem Gericht melden, alles andere als einen guten Eindruck hinterlassen. Erzählen Sie alles und wir werden dem Gericht von Ihren Lügereien hier nichts sagen. Wir könnten sogar ein gutes Wort für Sie einlegen.“
Wenigstens sagen die nun die Wahrheit, ging es Sebastian durch den Kopf. Von Weihnachten zu Hause ist nämlich keine Rede mehr und das mit dem Gericht ist auch Unsinn. Erzählen Sie alles… das würde ihm
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