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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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mir’s ja recht so, andererseits aber macht mich die Warterei verrückt. Die völlige Isolierung, als wäre man alleine im ganzen Bau. Und dann lärmen die plötzlich in die Stille hinein so mit Schlössern, dauernd erschrickt man.
    Ich weiß nicht“, fuhr er nach einer Weile fort, „woher die was wissen, aber zugegeben habe ich bis jetzt nichts.“
    Und wieder nach einer kleinen Weile: „Zu Hause wissen sie auch nicht, wo ich bin. Als die mich aus der Werkstatt holten, war mein Geselle gerade bei einem Kunden… der wird sich gewundert haben, als er zurückkam und der Meister verschwunden war, einfach weg.“
    Plötzlich hörte Hans-Peter ein kurzes rhythmisches Klopfen an der Wand.
    „Moment“, Kettelhut stand auf, trat an die Wand und gab mit einem Taschenkamm das gleiche Zeichen.
    Hans-Peter beobachtete gespannt das Geschehen. Durch die Wand ertönten reihenweise rhythmische Klopfzeichen. Ab und zu leichtes Kratzen, dann wieder Klopfzeichen, Kratzen, Klopfzeichen, Kratzen… bis Kettelhut ein dreimaliges kurzes Signal gab und nun selbst zu klopfen, zu kratzen, zu klopfen begann bis dann von der Gegenseite das Abklopfen kam. Die unterhalten sich, schoß es Hans-Peter durch den Kopf.
    „Hast du mitgehört“, wandte Kettelhut sich an ihn.
    „Äh … nicht ganz.“
    „Na, der wollte nur wissen, ob meine Zelle einen Zugang hatte.“
    Hans-Peter war überrascht. Von so einer Verständigungsmöglichkeit hatte ihm niemand was gesagt. Morsezeichen waren das nicht und so kam auch er schnell auf Buchstaben aus dem Alphabet. Nur fehlte ihm jegliche Übung, um das Stakkato Kettelhuts an der Wand und das von der Gegenseite zu verstehen. Hier war er peinlich im Nachteil. Doch wahrscheinlich wußten auch die Stasi-Leute davon nichts, hielten’s nicht für wichtig oder hatten keine Idee, wie so was zu unterbinden wäre.
    Dieser Kettelhut, stellte Hans-Peter mit Erstaunen fest, hörte ja die Posten auch schon, wenn sie den Gang draußen entlang zu schleichen begannen, lange bevor sie leise den Deckel vom Spion schoben. Und wenn der gerade beim Klopfen war, so stellte er das erst ganz kurz vor der Öffnung des Spions ein, um dann ganz in sich gekehrt durch die Zelle zu schlendern.
    „Diese Kontakte“, sagte er mit einer Handbewegung zur Wand, „sind die kleine Möglichkeit diese Abgeschlossenheit hier mal zu durchbrechen.“
    Und dann liefen beide wieder stundenlang auf den zwei Quadratmetern Betonfläche in Achten hintereinander her. Schließlich konnte man nicht wochenlang den ganzen Tag von früh bis abends nur auf einem Pritschenrand sitzen.
    Es war der zweite Weihnachtsfeiertag, als beide wieder einmal durch die Zelle tigerten. Im Rillenglas hielt sich nur mühsam trübes Tageslicht, denn draußen hatte sich ein klarer Himmel ganz schnell wieder mit Wolken bezogen. Da meinte Kettelhut plötzlich: „Ich verstehe nicht, woher die das mit den Flugblättern wissen. Das liegt doch schon Jahre zurück. Von denen, die damals dabei waren gibt es niemanden mehr in Belzig.“
    „Vielleicht hast du irgendjemandem mal davon erzählt?“
    „Kann natürlich sein“, gab Kettelhut nachdenklich zu und blieb stehen, so daß Hans-Peter ihn fast umgerannt hätte. „Die wissen das mit den Luftballons“, sagte er und setzte sich wieder auf den Pritschenrand.
    „Was für Luftballons?“
    „Na, wir haben Flugblätter an Luftballons gebunden und nachts fliegen gelassen.“
    Hans-Peter lachte. „Ach, deshalb heißen die Dinger Flugblätter.“ Auch Kettelhut grinste. „Und die hattet ihr von der KgU?“
    „Ja, sagte ich schon, Luftballons und Gasbehälter, sonst hätten wir das doch gar nicht machen können.“
    „Klar, Luftballons und Gas kriegst du in der DDR nirgends.“
    Kettelhut lachte abschätzig. „Die werden schon wissen, warum. So’n Ballon, der läßt sich nicht dirigieren und kontrollieren.“
    Hans-Peter setzte sich ebenfalls auf den Rand der Pritsche. Das war’s eigentlich schon, ging es ihm durch den Kopf. Er hat’s zugegeben. „Habt ihr das öfter durchgeführt, also das mit den Luftballons?“
    Kettelhut winkte ab. „War zu aufwendig und gefährlich. Wir haben es noch mal von Westberlin aus gemacht und das war’s dann auch.“
    „Und du hast zu anderen in Belzig nie darüber gesprochen?“
    „Wie ich ja sagte, es kann schon sein … warum?“
    „Na ja, kann ja jemand von denen gequatscht haben und du wunderst dich, wieso du jetzt hier sitzt. Die das damals mitgemacht haben, da könnte doch einer

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