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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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der und sein Gesicht verzerrte sich dabei. Freundschaften gibt’s hier nicht, erklärte er nachdrücklich und war auf einmal wieder sein Vater. Auch töten kann dem Weltfrieden dienen setzte der hinzu und Hans-Peter Sasse schreckte aus dem Schlaf hoch.
    Wenn das nun echtes Gift ist, ging es ihm durch den Kopf. Wenn die nur von betäuben reden, aber töten meinen… Wenn er Pi-Pa-Po womöglich vergiften würde? Ach Quatsch, beruhigte er sich, einen Toten würden die doch nicht in den Osten entführen.
    Ein Läufer erschien mit einem Frühstückstablett und stellte es auf den Tisch. „Bestellung vom Genossen Major. Sie sollen sich beeilen.“
    Sasse nickte und hievte sich mit Schwung aus dem Bett. Die Lampe über dem Tisch brannte, durchs Gitterfenster blickte noch schwarz die Nacht. Ihn fror etwas in der kurzen Unterhose.
    Der Läufer, ein Gefreiter, verließ die Zelle wieder. Sasse warf sich ein sauberes Oberhemd über, kletterte rasch in eine von zu Hause gelieferte frisch gebügelte Hose, fuhr in seine Schuhe, eilte über den Flur in eine Toilette und erfrischte sich dort flüchtig am Waschbecken. Geduscht hatte er bereits am Abend zuvor. Seine Unruhe war so groß, daß er die Zähne aufeinander pressen mußte. Beim Rasieren fand er sich im Spiegel elend aussehend. Vor allem die Augenringe störten ihn. Vielleicht war es aber auch nur das funzlige Licht überm Spiegel, das ihn so entstellte.
    Schließlich machte er sich rasch über sein Frühstück her mit Brötchen, Butter, Ei, Marmelade, Wurst und einem Kännchen Bohnenkaffee. Wer bekam draußen schon Bohnenkaffee? Wenn der auch nicht mehr ganz so heiß war tat er ihm gut und weckte die Lebensgeister. Es wird alles klappen, sagte er sich zuversichtlich.
    Bald kam auch der Major und mit ihm drei Zivilisten ohne lange Ledermäntel und Reitstiefel. „Diese Genossen hier, Spezialisten“, erklärte der Major, „werden Sie nach Westberlin begleiten und immer in Ihrer Nähe sein.“
    War das vielleicht eine Drohung, blitzte es Sasse durch den Kopf oder sollte es ihn beruhigen?
    „Nun müssen Sie aber los“, drängte der Major.
    Sasse nahm schon im Stehen noch einen letzten Schluck Kaffee und stellte die Tasse ab.
    „Wo ist denn Ihr Mantel?“ Der Major gab sich besorgt um Hans-Peters passendes Aussehen. „Den haben wir Ihnen extra kommen lassen.“
    „Na hier“, sagte Sasse, öffnete den Schrank und nahm den Hänger, den er sich seinerzeit mit Sebastian in der HO gekauft hatte, vom Bügel, zog ihn über und alle fünf machten sich auf den Weg. Der Major als letzter löschte das Licht und schloß die Türe zu dem Raum, den Hans-Peter Sasse von da an nicht mehr betreten würde. „Unsere Dienststelle in Senftenberg wird Sie, wie Sie ja wissen, künftig weiter betreuen“, erklärte der Major im Hof, bevor Hans-Peter in den dort geparkten schwarzen EMW stieg. Ein Gefreiter öffnete das hölzerne Hoftor und die Limousine rollte langsam durch erstes graues Morgendämmern hinaus auf die im Lampenlicht feucht glänzende Straße. Dann ging es weiter durch die Stadt und schließlich hinaus in Richtung Berlin.

    73.

    Im Bahnhof Zoo steuerte Sasse mit seiner Begleitung, die ihm in einigem Abstand folgte, auf eine Telefonzelle zu. Du meine Güte, wie oft hatten sie von hier aus angerufen und sich bei Hoffmann gemeldet. Er sah sich um, aber nicht Sebastian, sondern die drei Genossen standen dort und sahen sich gelangweilt in der Halle um. Ihn überfiel etwas wie Wehmut. Nur keine Gefühlsduseleien, ermahnte er sich. Aber ihm war als sei es Jahre her, seit er das letzte Mal mit Sebastian durch diese Halle gegangen war, aber dann auch wieder, als sei es erst vorgestern gewesen. Und jetzt mußte er Hoffmann anrufen, ein Telefonat in die für ihn vergangene Welt, aber davon wußte der Anzurufende zum Glück nichts. Auch töten kann dem Weltfrieden dienen, gingen ihm die Worte aus seinem Traum durch den Kopf und er fühlte sich gar nicht gut dabei.
    In der Telefonzelle stand er allein, keiner der Stasigenossen hatte versucht sich mit ihm hinein zu drängeln. Sie schienen sich seiner sicher zu sein. Schließlich nahm er den Hörer von der Aufhängung, warf die Westgroschen in den Geldschlitz, hörte sie in den Kasten fallen, wählte Hoffmanns Nummer und hörte das Klackern der zurücklaufenden Wählscheibe, bis er dann das Rufzeichen vernahm.
    Hoffmann meldete sich wie immer und war auch nicht sonderlich erstaunt, daß er Hans-Peter Sasse an der Strippe hatte. „Nanu, freut

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