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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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dann in Schwaden durch den Wald zog. Ein hochnebliger grauer Himmel hing über dem Land. Es war sehr kalt, aber das merkten die jungen Burschen, die sich bei der Arbeit teilweise sogar ihrer Jacken entledigt hatten, überhaupt nicht. Auch Sebastian hatte die seine abgelegt, das rechte Knie mit dem schweinsledernen Schützer in den Schnee gedrückt, den Griff der Säge fest in der Faust. Am anderen Ende der Säge hockte sein Klassenkamerad Nuglisch in gleicher Haltung und beide zogen das Sägeblatt durch das gelbliche Holz der Kiefernstämme. Immer wieder die ideale Fallrichtung festlegen, Fallkerben schlagen, sägen, gegebenenfalls einen stählernen Keil setzen, den gestürzten Baum entästen, Bauholz, Grubenholz, Stangenholz ausmessen und zersägen, immer wieder von neuem bis zur nächsten Rauchpause und dann weiter bis Feierabend gegen drei Uhr.
    Zwischendurch wurden Brennholzstapel errichtet. Dazu mußte das Holz zusammengetragen werden, darunter auch dicke Stämme minderwertigen Holzes, stark verastet oder auch angebrochen, krumm gewachsen oder verpilzt und ähnliches … Hier gab es dann Wettbewerbe: Wer trägt den dicksten und schwersten Stamm allein am weitesten? Da sah man gekrümmte Gestalten unter riesigen Stämmen knickebeinig Schritt für Schritt, fast wie in Zeitlupe, unter den abschätzenden Blicken der anderen dahinstaksen...Einer hatte sich dabei schon mal den Meniskus zerrissen, ein anderer den Arm ausgekugelt. Wieder ein anderer brach unter der Last schlicht zusammen, zerschrammte sich zum Glück aber nur Ohr und Gesicht. Der nächste erbrach sich nach leichter Gehirnerschütterung, als ihn die Krone eines stürzenden Baumes gestreift hatte. Der mit dem ausgekugelten Arm erklärte, das sei nicht das erste Mal und renkte ihn sich selbst wieder ein. Der mit der Gehirnerschütterung mußte auch noch den Spott ertragen, daß man schon erstaunt sei über das Vorhandensein von Hirn bei ihm. Den mit dem zerrissenen Meniskus schleppte man bis zu einer befahrbaren Straße. Dort fuhr ein Kollege ihn dann auf dem Gepäckträger eines Fahrrads nach Hause. Sebastian besuchte ihn am Sonntag im Senftenberger Kreiskrankenhaus. Quetschungen, Beulen, Schürfwunden zählten nicht, ebenso nicht, wenn mal ein Sägezahn in der Hand hängen blieb. Draufpinkeln galt als Allheilmittel und dann gegen das Nachbluten ein Pflaster drüber. Als wehleidig erwies sich keiner und das war ja wohl auch Ehrensache.
    „Warum sagst du nicht auch mal was“, warf Sebastian seinem ehemaligen Klassenkameraden während einer kurzen Verschnaufpause vor, „wenn Onkel Jaschek so’n Unsinn erzählt. Dir geht’s doch genau wie mir, dein Vater als leitender Ingenieur bei der alten Ilse-Bergbau, da kommst du hier doch auch nicht weiter oder aber du gehst zur Polizei, trittst in die Partei ein und sagst dich von der untergehenden Klasse los.“
    Wolfgang Nuglisch schüttelte den Kopf, die Axt dabei auf einen Baumstamm gestützt. „Warum soll ich Jaschek denn widersprechen? Das tut niemand. Die wissen ja alle, daß der so redet. Deshalb hat er doch den ruhigen Posten hier. Und außerdem hat der sowieso nichts zu sagen“, erklärte Freund Nuglisch und begann mit der Axt energisch den gefällten Stamm auszuästen. „Über uns bestimmen andere“, rief er dazwischen.
    „Stimmt schon“, bestätigte Sebastian und ging davon, um eine Fallkerbe in einen anderen Kiefernstamm zu schlagen. Und es störte ihn, wenn er daran dachte, und er dachte immer öfter daran, auch wenn er es zu verdrängen suchte: Ein Baum lebt doch, und ich bereite hier sozusagen seine Hinrichtung vor. Und zu seinem Arbeitskollegen sagte er, als sie im Schnee kniend den dicken Kiefernstamm schon zur Hälfte durchgesägt hatten, „ist dir klar, daß wir hier etwas Lebendes töten?“ Dabei wies er auf das Sägeblatt und klopfte gegen den Stamm.
    „Ist doch bloß ein Baum“, sagte der Freund.
    „Der lebt aber doch, ein Lebewesen eben“, widersprach Sebastian. „Überleg’ mal“, und er strich dabei mit der Hand über die borkige Rinde, „der Baum hier ist achtzig Jahre oder älter. Sehr viel älter als unsere Eltern, älter sogar noch als unsere Großeltern, und wir beenden sein Leben jetzt in wenigen Minuten.“
    „Förster könntest du sowieso nie werden“, sagte der Freund und tippte sich dabei mit dem Finger gegen die Stirn.
    Sebastian nickte. „Waldarbeiter aber auch nicht“, erklärte er.
    „Nee“, sagte Nuglisch und lachte.
    Wenige Züge der Schrotsäge, und

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