Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman
Hans-Peter wissen und seine Frage klang zweifelnd.
„Ja, ja, erstmal alles“, erklärte Hoffmann nickend, „aber ich möchte Sie, ehe Sie zurückfahren“, dazu sah er auf seine Armbanduhr, „bitten, sich eine kleine Broschüre durchzulesen.“ Er erhob sich, um aus seinem Mantel zwei dünne DIN A-5 große Heftchen zu holen und den Freunden je eines vorzulegen. „Sie haben sicher noch Zeit“, sagte er, „sich das durchzusehen. Es sind nur sechs Seiten. Ich hole Sie beide in einer halben Stunde ab und möchte Sie dann zwei Herren vorstellen, mit Ihren Decknamen natürlich, die gern Ihre Meinung über den Inhalt dieser Broschüre dort“, dabei wies er mit einer Handbewegung auf die Heftchen, „wissen möchten, also, wie das im Osten von der Bevölkerung verstanden werden würde. Ich meine“, sagte Hoffmann, „Sie sind beide intelligent genug, darüber etwas auszusagen. Bestellen Sie sich noch was zu trinken und sehen Sie sich den Text dort mal an.“ Hoffmann nahm seinen Mantel vom Haken, nickte den Freunden zu und verließ das Lokal. Die beiden sahen sich an, um sich dann der Broschüre zuzuwenden. Hans-Peter nahm sie in die Hand und besah sie sich von allen Seiten. Das Deckblatt ließ auf den ersten Blick den Eindruck entstehen, es handle sich um eine DDR-Broschüre. „Gar keine so schlechte Tarnung“, meinte Sebastian. Schnell hatten sie die kurzen Texte überflogen.
„Was da steht weiß im Osten doch jeder“, sagte Hans-Peter.
Sebastian nickte. „Ist ja alles richtig. Aber du hast recht, man muß die Leute nicht über die Umstände aufklären, unter denen sie leben müssen. Die erwarten vom Westen eher, daß man ihnen sagt wie sie das Ganze loswerden, also den Kommunismus, die Russen und den Spitzbart gleich mit.“
„Klar“, bestätigte Hans-Peter, „ist alles Quatsch, was da steht.“ Dazu schlug er mit beiden Händen die Broschüre auf und zu. „Was wollen die eigentlich von uns wissen?“
„Na, wie wir als Ostbewohner dieses Blättchen hier finden“, und Sebastian warf die Broschüre auf den Tisch.
„Schlecht“, sagte Hans-Peter.
„Ja, gut, aber was würdest du vorschlagen? Zum Aufstand aufrufen, zum Generalstreik, zum Sturz der Regierung?“
„Nee, natürlich nicht. Die Ostdeutschen können ja Stalin nicht stürzen, da hast du recht. Um Ulbricht und Konsorten geht es gar nicht so sehr, es geht um die Russen, die auch den Westen bedrohen.“
„Das wissen die selbst“, sagte Sebastian, „bloß weshalb dann diese Broschüre?“
15.
Hoffmann erschien dann auch bald und blies zum Aufbruch. Sie fuhren mit einem Taxi, einer dieser schweren schwarzen Mercedes-Limousinen. In der separat gelegenen Ecke eines Lokals, das von außen eher einer Villa in einem parkähnlichen Garten ähnelte, saßen die beiden von Hoffmann angekündigten Herren. Den einen schätzte Sebastian um die Fünfzig, den anderen jünger, in Hoffmanns Alter vielleicht. Beide in grauen Anzügen, schlank und groß, als sie aufstanden, um Hans-Peter und Sebastian mit Handschlag zu begrüßen. Sie nannten dabei irgendwelche Namen.
Auch nur Decknamen, sagte Sebastian sich und vergaß sie umgehend. Hoffmann hatte sie beide ebenfalls mit ihren neu verpaßten Namen vorgestellt. Sebastian kam das alles etwas komödiantisch vor. Man setzte sich schließlich in weiche Sessel um einen runden Tisch. Durch ein seitliches Fenster blickte man in einen verschneiten Garten. Dort sah Sebastian ein Vogelhaus unter einer hohen Schneekapuze stehen, in das scharenweise Spatzen ein- und ausflogen. Weiter hinten erkannte er eine mannshohe eingeschneite Skulptur, von der nicht deutlich auszumachen war, was sie darstellte. Es blieb auch keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, denn die beiden Herren kamen gleich zur Sache, also auf ihre Broschüre zu sprechen, die sie vor sich auf dem Tisch liegen hatten.
„Sie haben den Text gelesen?“ und der ältere der beiden hielt das Heftchen kurz hoch.
Hans-Peter nickte.
„Haben wir“, bestätigte auch Sebastian.
„Also, wir haben Sie über Herrn Hoffmann hergebeten“, sagte der Herr, „weil wir uns nicht ganz einig sind, wie wir Ihre Landsleute im Osten ansprechen sollen.“
„Vorab aber“, warf der jüngere ein, „möchten wir uns ganz herzlich bedanken, daß Sie sich Zeit für dieses Gespräch genommen haben.“
Auch der ältere nickte und tippte mit dem Finger auf das vor ihm liegende Blättchen. „Dieser Text hier“, erklärte er, „ist wohl eher als Versuch zu
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