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Als der Tag begann

Als der Tag begann

Titel: Als der Tag begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Murray
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fedrigem Haar. Lisa griff nach der kleinen Scherbe eines Spiegels und ging zurück zu ihrem Bett. Dann spitzte sie die Lippen für den Spiegel und klimperte mit den Augen.
    Ich lehnte mich an die Wand und sah hinab auf meinen eigenen Brustkorb, der so flach war wie bei Rick und Danny. Ich trug ein Ninja-Turtles-T-Shirt und schwarze, hohe Sneakers. Mein Haar war an verschiedenen Stellen filzig verknotet. Lisa schminkte sich in ihrem Zimmer mit Lippenstift, einem grellen Pinkton, den sie abschwächte, indem sie ihre Lippen gegen ein Taschentuch presste. Sie zupfte an ihrem Pony und schenkte dem Spiegel ein strahlendes Lächeln.
    Ich wollte gerade an ihre Tür klopfen, stoppte mich aber, als mir klar wurde, dass ich gar nicht wusste, was ich sagen sollte. Stattdessen blieb ich noch einen Moment lang einfach stehen und starrte meine Schwester an.
    Ich wurde durch ein lautes Türknallen aus meinem Schlaf auf der Couch gerissen. Beim Aufblicken sah ich Ma durch die Wohnung stürmen, mit Tränen in den Augen. Sie war ganz außer sich. Mit
Schwung schmiss sie Lisas Wintermantel auf einen Stuhl neben mir und fiel auf ihr Bett. Ich stand auf, um den Fernseher auszuschalten, und machte mich daran, herauszufinden, was passiert war.
    Als ich auf der Türschwelle stand, schaltete Ma das Licht aus und begann zu weinen. Sie nahm meine Anwesenheit gar nicht wahr.
    »Was ist los, Ma?«
    »Lizzy?«, fragte sie in einem Ton, der besagte, dass sie überrascht war, mich in der Wohnung vorzufinden.
    »Hey, Ma … was ist los? Ist alles in Ordnung?«
    »Ach, nichts, Kleine … Ich habe eine schlechte Nacht.« Sie kickte ihre Schuhe ins dunkle Zimmer. »Dieser Typ … Ich dachte, ich könnte mit ihm tauschen … Ich wollte Lisas Mantel hergeben, aber sie zogen nicht mit. Jetzt bin ich den ganzen Weg dahin gelaufen und habe noch nicht mal ein Briefchen gekriegt.« Sie brach in Tränen aus und wimmerte vor Schmerzen. Es brach mir das Herz. Ich hasste es, dass es nichts gab, was ich hätte für sie tun können, wenn es ihr so schlecht ging.
    »Dieser Typ«, über den sie da sprach, war einer der Drogendealer vor Ort, und »der Handel«, auf den Ma sich bezog, bestand im Tausch von Lisas Wintermantel für ein kleines Briefchen Kokain. So ein Tauschgeschäft war typisch für Ma. Wenn Ma kein Bargeld mehr hatte, suchte sie unsere Wohnung regelmäßig nach halbwegs wertvollen Dingen ab, die sie den hiesigen Drogendealern als Gegenleistung für das Tauschgeschäft anbieten könnte. Bewaffnete, illegal im Drogenimport tätige, mit Vorstrafen beladene Drogenhändler in unserem Block gewöhnten sich so sehr an Mas Aufkreuzen und ihr lästiges Anliegen, man möge ihr doch Drogen im Tausch für alles Mögliche, von alten Schuhen bis hin zu Weckern, geben, dass sie ihr einen Spitznamen verpassten – Diabla , spanisch für Teufelin –, um Mas Gnadenlosigkeit in Worte zu fassen.
    Als hätte sie keinerlei Vorstellung von der Gefährlichkeit der Dealer, wartete Ma in der Schlange hinter zahlenden Drogenkunden,
bis sie an der Reihe war, um dann furchtlos alle Sachen auszubreiten, derer sie habhaft geworden war, anstatt Bargeld auf den Tisch des Dealers zu legen: Videokassetten, Videospiele, Spielsachen, Lebensmittel. Sie hielt ihr Plädoyer und war nicht bereit zu gehen, selbst wenn die Männer ihr drohten. Ich habe keine Ahnung, warum sie ihr nichts taten oder ob sie doch etwas unternahmen und Ma es mir nur nicht erzählte. Aber ich weiß genau, dass ein Dealer, der meine Eltern gut kannte, Daddy einmal aufgefordert hat sicherzustellen, dass er die Drogen für sie beide abholte und die »Diabla« zu Hause blieb, weil sie schlecht fürs Geschäft war. Manchmal, das erzählten die Typen Daddy, gaben sie Ma ein bisschen Koks, nur damit sie wieder verschwand.
    In dieser bestimmten Nacht, als Ma probierte, Lisas Wintermantel einzutauschen, hatte sich der Drogendealer geweigert, und zwar nicht wegen des Wertes des Mantels, sondern aus Prinzip.
    »Echt wahr, jeder sitzt hier anscheinend auf dem hohen Ross«, sagte Ma. »Diesen Scheiß hier hat er mir gegeben …«, sie händigte mir in ihrem ganzen Frust eine komisch geformte Münze aus, »und mir dabei noch eine Predigt gehalten, wie toll das doch von ihm ist.«
    Als der Drogenhändler sah, dass es ein Kindermantel war, gab er ihn Ma zusammen mit der einzelnen Münze zurück. Er sagte ihr, sie solle nach Hause zu ihren Kindern gehen, was Ma stinkwütend machte. Ma erklärte mir mal später, dass es eine dieser

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