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Als der Tag begann

Als der Tag begann

Titel: Als der Tag begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Murray
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Bohnen tatsächlich sind.«
    »Also kommst du bald nach Hause, oder? Du bist gesund genug, um nach Hause zu kommen, das spüre ich. Du hörst dich gut an.«
    »Bald, Lizzy. Dienstag, sagt der Arzt. Dienstag.«
    » Wirklich? Versprochen?«
    »Sicher, mein Schatz.«
    »Okay. Das heißt, du kommst diese Woche in jedem Fall nach Hause, ja?«
    »Klar, Lizzy. Hey, ich liebe dich, mein Schatz, gib mir jetzt mal Daddy, okay?«
    »Mach ich, Ma. Ich liebe dich auch.«
    Daddy nahm den Hörer und seufzte einmal tief ins Telefon, den Blick unverwandt auf den Fernseher gerichtet.
    Während ihres Gesprächs hüpfte ich nach Lisa rufend durch den Gang und ging einfach zu ihr ins Zimmer hinein.
    Lisa saß auf dem Bett und schnappte sich schnell eine Decke, mit der sie ihre Brust bedeckte. Sie hatte kein Oberteil an. Ich machte sofort wieder einen Schritt zurück aus der Tür hinaus.
    »Oh, tut mir leid.«
    »Kannst du nicht aufpassen, Lizzy, ich ziehe mich gerade an«, meckerte sie los.
    Eine zerknitterte Plastiktüte lag neben ihr auf dem Bett; mitten drauf stand YOUNG WORLD in regenbogenfarbenen Buchstaben.
    »Tut mir leid, aber Ma ist am Telefon. Sie kommt raus.«
    »Einen Moment noch«, sagte sie und vermied es, mir in die Augen zu sehen, »und mach die Tür zu.«
    »Okay.« Ich zog ab.
    Die Tür fiel zu und sprang dann wieder einen Spaltbreit auf, sodass Licht in den dunklen Flur fiel und immer noch ein Blick in
Lisas Zimmer möglich war. Am Ende des Flurs konnte ich immer noch Daddy und seine »Ja-ja-jas« hören, die er ungefähr jede Minute in den Hörer sprach. Ich tat so, als würde ich mich ein paar Schritte von Lisas Tür entfernen, blieb aber nahe dran und spähte hinein. Einen Augenblick später senkte sie die Decke und enthüllte dadurch einen halb über die Brust gezogenen, blassrosafarbenen Spitzen-BH. Der Anblick schockierte mich. Sie hatte noch nie vorher irgendwas von einem BH gesagt. Allerdings erinnerte ich mich, wie sie vor ein paar Tagen zwischen den Sofakissen nach Münzen gesucht und ein paar gesparte Eindollarstücke abgezählt hatte. Ma besaß selbst nur einen einzigen verschossenen BH. Bis zu diesem Augenblick hatte ich nicht groß darüber nachgedacht, dass wir beide eines Tages so etwas kaufen müssten.
    Lisa brachte die beiden Enden zusammen und fummelte eine Weile an den schmalen Plastikhaken herum. Ihr dickes Haar war zwischen den Zacken einer Haarklammer hoch oben auf ihrem Kopf gebändigt. Der BH-Verschluss glitt ihr zweimal aus den Fingern, und sie fing wieder von vorn an, bis sie endlich alles richtig zusammengefügt hatte. Ich schreckte fast vor ihrem Anblick mit freiem Oberkörper zurück. Nacktheit fühlte sich komisch an, seit wir nicht mehr zusammen badeten, als sie fünf und ich drei gewesen war. Aber der BH war zu mysteriös und ihr Umgang damit zu faszinierend, um nicht hinzusehen. Sie wurde zur Frau, dachte ich, wie Ma. Ich fühlte mich verraten, wie damals, als ich zum ersten Mal eine Tamponschachtel auf ihrem Nachttisch entdeckt hatte. Vielleicht wenn wir uns näherstünden, wenn wir öfter als die paar Male im Monat miteinander reden würden, vielleicht würde sie mir dann ihre Geheimnisse anvertrauen.
    Mit meinem Auftreten, meinen Shorts und T-Shirts und vor allem mit meinem Körper, dachte ich, könnte ich genauso als Junge durchgehen. Von anderen Kindern wurde ich wegen meiner Kletterei auf Bäume und meines Hangs, mich mit den Jungs auf Tour zu begeben und dreckig zu machen, oft »Tomboy« gerufen. Der Ausdruck trieb mir die Hitze ins Gesicht und brachte mein
Herz zum Rasen. Ich verstand einfach nicht, warum ich mit einem Jungen verglichen wurde, nur weil ich unternehmungslustig war und mich gern bewegte. Trotzdem fühlte ich mich nicht wie die Mädchen, die Rüschenkleider trugen, in denen sie dann auf Stühlen oder anderen staubfreien Oberflächen den ganzen Tag bewegungslos mit übereinandergeschlagenen Beinen herumsaßen. Andererseits fühlte ich mich auch nicht männlich. Ich war keins von beiden, dachte ich – ein Außenseiter. Ein burschikoses Mädchen. Lisa in so einem intimen Moment zuzusehen brachte mich dazu, mich noch mehr fehl am Platz zu fühlen.
    Lisa zog den BH wieder aus und ein T-Shirt über den Kopf. Dann nahm sie einen Drahtkleiderbügel aus ihrem Schrank und hängte den Büstenhalter vorsichtig darauf. Die Wände ihres Zimmers waren gepflastert mit Postern aus Teeniezeitschriften, Airbrush-verschönte männliche Popstars und weibliche Teenageridole mit

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