Als die Roemer frech geworden
Eroberung nach der verpassten Chance der schleichenden Befriedung zwischen 8 v. und 7 n. Chr.
schweißte die Germanen hinter der Strategie des Arminius zusammen, die aufgrund der Voraussetzungen in Germanien überlegen
war. Erst |97| der Rückzug brachte den alten Zwist der Germanen wieder zum Ausbruch, zwischen den Germanen Nordwestdeutschlands und dem Marbodreich
sowie unter den Fürsten innerhalb der germanischen Stämme selbst. Diesem Streit fiel Arminius im Jahr 21 n. Chr. zum Opfer,
das Marbodreich war schon vorher zusammengebrochen.
Tacitus und Mommsen urteilen
So ist dem Urteil des Tacitus nur zuzustimmen, der am Ende einer Darstellung der Germanicusfeldzüge über die Bedeutung des
Arminius schreibt:
Unstreitig war er der Befreier Germaniens, der das römische Volk nicht am Anfang seiner Geschichte, wie andere Könige und
Heerführer, sondern das in höchster Blüte stehende Reich herausgefordert hat, in den einzelnen Schlachten nicht immer erfolgreich,
im Kriege unbesiegt. Er wurde 37 Jahre alt, zwölf Jahre hatte er die Macht in Händen, und noch immer besingt man ihn bei den
barbarischen Völkern. 12
Damit schließt Tacitus die Bewährung des Germanenführers in den Jahren nach der Varusniederlage eindeutig in seine Gesamtbeurteilung
ein, anders als der berühmte Althistoriker Theodor Mommsen, der den Zäsurcharakter der Varuskatastrophe betonte, weil „die
Aufreibung einer Armee von 20 000 Mann ohne weitere unmittelbare militärische Consequenzen der großen Politik eines einsichtig regierten Weltstaates eine
entscheidende Wendung gegeben hat“. 13
Die prinzipiellen Lehren aus dieser Katastrophe erschlossen sich den Römern jedoch erst während der Germanicusfeldzüge, die
unter Tiberius zu einem offen dokumentierten Verzicht auf die direkte Beherrschung der rechtsrheinischen Gebiete bis zur Elbe
führten. Diese Entscheidung hatte in der noch jungen monarchischen Regierungsform des Prinzipats reichsweite Auswirkungen
und war mit einer schweren Regierungskrise verbunden.
|99| Defensive mit offensiven Optionen
Die von Tiberius durchgesetzte diplomatische Vorfeldtaktik, mit der ein Glacis entweder siedlungsfreier Gebiete oder wenigstens
prorömisch gesinnter Stämme östlich des Rheins angestrebt wurde, schloss rechtsrheinische Offensiven der römischen Armee auch
nach 16 n. Chr. jedoch keineswegs aus. Oberste Maxime war es, präventiv Machtkonzentrationen östlich des Rheins und nördlich
der Donau zu verhindern.
Gegen diese prinzipielle Entscheidung spricht auch nicht, dass immer noch die Friesen, die östlich des Rheins siedelten, dem
römischen Reich botmäßig waren. Im Jahr 28 n. Chr. forderte der ranghöchste Zenturio einer Legion, der
Primus pilus
Olennius, die von Drusus d. Ä. festgesetzten Tribute ein. Es handelte sich um Naturalabgaben in Fellen, die Olennius neu definierte
und dabei höher ansetzte. Die über diese Willkür empörten Friesen kreuzigten die römischen Eintreiber und schlugen Olennius
in die Flucht. Unerwarteterweise gelang es ihnen auch, sich wirksam zur Wehr zu setzen, als der Oberbefehlshaber Niedergermaniens
mit Truppenmacht anmarschierte, um die Friesen zur Räson zu bringen. Daraufhin jedoch stellte Tiberius jeden weiteren Eroberungsversuch
ein und bekräftigte damit die 16 n. Chr. getroffene Entscheidung.
Die Akzentverschiebung in den Zielen der Germanienpolitik unter Tiberius schloss ein, dass militärische Konflikte nach Möglichkeit
nur östlich des Rheins stattfinden sollten. Diese Taktik war auch erfolgreich: Nicht nur zerfielen bald die großen mächtigen
Stämmekoalitionen bis 21 n. Chr., sondern auch archäologisch ist eine mehrere Jahrzehnte andauernde Phase relativer Fundleere
am östlichen Ufer des Rheins feststellbar. Solche Zonen gab es besonders entlang des Mittel- und Niederrheins, das zum Manövergebiet
und zur Viehweide der römischen Legionäre wurde. Und dabei blieb es vorerst: Ansiedlungsversuche der Friesen und der Ampsivarier
in diesem fruchtbaren Gebiet wurden während der Regierungszeit Neros aufgelöst, auch wenn ihre Führer auf eine mehrere Jahrzehnte
andauernde prorömische |100| Haltung verweisen konnten. Weiter südlich bestanden die freundschaftlichen Bindungen bei der Mainmündung mit den Mattiakern
weiter.
Am Oberrhein waren Suebengruppen bereits seit der Zeitenwende westlich und östlich des Stroms angesiedelt worden. Erst später,
ab dem
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