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Als die Roemer frech geworden

Titel: Als die Roemer frech geworden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Dreyer
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verstorbenen Germanicus aufgezeichnet worden sind. Derartige Tafeln sind überall im Reich publiziert, aber nur
     in der spanischen Colonie Siarum auf der dortigen Tabula umfangreich erhalten gefunden worden.
    Derartige Ehrungen übertrafen die Ehrungen anlässlich des Todes anderer Mitglieder des Kaiserhauses: Dazu zählen immerhin
     der Vater des Germanicus, Drusus d. Ä., der 9 v. Chr. verstorben war, und die Brüder Lucius und Gaius Caesar, die 2 und 4
     n. Chr. gestorben sind. Sie waren die Lieblingsnachfolger des Augustus, bevor er sich nach ihrem Tode für den ungeliebten
     Tiberius entscheiden musste. Die Ehrungen für Germanicus übertrafen sogar die Totenehren des Jahres 23 n. Chr. für Drusus
     d. J., den leiblichen Sohn des Princeps Tiberius. 7 Der Tod des Germanicus war also brisant und die Konsequenzen, die damit verbunden waren, von großer Bedeutung.
     
     
    Vom Eroberer zum Verteidiger
     
    Mit den Ehrungen widmete Tiberius geschickt Leistungen des Germanicus auf eine Weise um, die nicht dem Selbstverständnis des
     soeben verstorbenen Heerführers entsprochen haben dürfte, wie wir es kennengelernt haben: Danach hätten „der Senat und das
     Volk von Rom |93| dieses Monument dem ewigen Gedenken des Germanicus Caesar gewidmet, nachdem er die Germanen im Krieg besiegt, sehr weit von
     Gallien zurückgetrieben, die (verlorenen) Feldzeichen zurückerhalten, die verräterische Niederlage des Heeres des römischen
     Volkes gerächt, den Zustand der gallischen Provinzen geordnet hatte und darauf – als Prokonsul in die überseeischen Provinzen
     [im Osten] geschickt – bei der Absicherung der Königreiche ebendieser Gegend dem Auftrag des Tiberius Caesar Augustus gemäß
     [...] für die ,res publica‘ gestorben war.“ 8
    Wie gegensätzlich nahm sich dagegen Germanicus’ Selbstverständnis aus: Tief im Feindesland ließ er nach zwei siegreichen Schlachten
     bei Idistaviso und am Angrivarierwall eine Siegespyramide mit einer Aufschrift errichten, nach der alle Stämme „zwischen Rhein
     und Elbe völlig unterworfen worden waren“. 9
    Der verbannte Ovid hatte sicher das richtige Gespür für das Selbstverständnis des von ihm umworbenen Germanicus, wenn er vor
     allem auf ihn gemünzt und den anstehenden Triumph über das unterworfene Germanien antizipierend dichtete:
    Mag erst das noch wilde Germanien sich, wie der ganze Erdkreis, / besiegt vor den Caesares mit gebeugtem Knie niedergeworfen
     haben [...] / Dann wahrlich wird das ganze Volk den Triumph betrachten / Und zusammen mit den Titeln der Führer die eroberten
     Städte lesen / Und die Könige, die am Hals die Ketten der Gefangenschaft tragen, / Vor den bekränzten Pferden gehen sehen
     [...] / Drusus hat einst in diesen Ländern sich den Beinamen [Germanicus] verdient, / Den sein Sohn, würdig des Vaters, gerechtfertigt
     getragen hat. / Hier mit kraftlosen Flussarmen und schlecht bedeckt mit grünem Schilf / War der Rhein selbst, verfärbt durch
     sein eigenes Blut. / Sieh, auch Germanien wird erzeugt aus getrockneten Locken / Und sitzt traurig zu Füßen des unbesiegten
     Feldherrn, / Den stolzen Nacken der römischen Axt bietend / Trug es Ketten an der Hand, die zuvor Waffen hielt. / Und darüber
     wirst du, [Germanicus] Caesar, hoch im [Triumph-]Wagen fahren. 10
    |94| Germanicus wollte Germanien erobern, gewiss aber nicht die Rolle erfüllen, die der Senat auf Geheiß des Tiberius ihm nun nach
     dem Tode zuwies: Die Aufgabe, die Germanen von Gallien fernzuhalten, die verlorenen Feldzeichen der Varuskatastrophe wiederzuerlangen
     (tatsächlich gelang dies nur für zwei Standarten) und damit die Schmach und das Unrecht zu rächen, daneben die Verhältnisse
     in Gallien neu zu ordnen. Dies war vielmehr die Politik des Princeps, dem der Senat nunmehr mit dem Beschluss willfahren wollte.
     Die uminterpretierte Rolle des Germanicus lag nunmehr auf einer Linie mit den Prinzipien, die Tiberius seit 9 n. Chr., und
     besonders seit der Abberufung des Germanicus, verfolgte.
    Auch Germanicus’ tatkräftige und ehrgeizige Witwe Agrippina sollte auf diese Linie eingeschworen werden. Als sie im Trauerzug
     mit der Asche ihres Gemahls Anfang 20 n. Chr. in Rom ankam, hatte Tiberius bereits alles geregelt. Jeder, der daraufhin noch
     das ursprüngliche „Programm“ des Verstorbenen vertrat, tat dies in vollem Bewusstsein der Gegnerschaft zu Tiberius.
     
     
    Ein Ehrenbogen am Rhein
     
    Die „innenpolitische“, disziplinierende Funktion der

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