Als die Roemer frech geworden
brauchte, und dieses mithilfe des Ablasses gerade im Deutschen Reich eintreiben wollte.
Reformen standen an, und wurden allenthalben erwartet. Der Kaiser sollte es richten: Luther hatte in seiner berühmten Schrift
aus dem Jahr 1520
An den christlichen Adel deutscher Nation
im Sinne der Erhaltung der
einen
Kirche noch einmal den „Gravamina der deutschen Nation“ Ausdruck verliehen. Und sie richtete sich vor allem gegen die vielfältigen
Eingriffsmöglichkeiten des Papstes im Reich.
Deutsche Identität – deutsche Helden?
Wenn auch nach wie vor „regionale“ Identitäten –
nationes
, wie Sachsen oder Franken – eine wichtige Rolle spielten, so wurden die Ansätze zu einer übergreifenden, gemeindeutschen
Identität immer stärker. |117| Neben der gemeinsamen Sprache und den gemeinsamen Institutionen war es auch die Verteidigung der eigenen Freiheit, d. h. der
ständischen Mitbestimmungsrechte, gegenüber dem Kaiser, die zu Beginn der Neuzeit die Entstehung eines Zusammengehörigkeitsgefühls
begünstigte.
Schon lange war man in diesem politisch heterogenen Gebiet, das dem Siedlungsgebiet der germanischen Stämme entsprach, auf
der Suche nach einer gemeinsamen Identität.
Nachdem die Deutschen während des 11. Jahrhunderts aber tatsächlich als ethnische Identität entstanden waren, suchten ihre
Literaten nach deren Stammvater, gleichsam nach dem deutschen Gründerheros, und fanden ihn in keinem Geringeren als Caesar
[...]. Das um 1160 entstandene elsässische
Chronicon Ebersheimense
ist eines der frühesten Zeugnisse für ein deutsches Nationalbewusstsein, das sich von der französischen Identität absetzt
und unterscheidet. 2
Hier, in Ebersheim, im Elsass gelegen, werden die Gallier mit den Franzosen, die Germanen mit den Deutschen gleichgesetzt;
nach dieser Tradition hatte Caesar darüber hinaus gleich nach seinem Sieg über die Gallier/Franzosen und vor seiner Rückkehr
nach Rom (zu seinen Landsleuten, den Römern/Italienern) in Germanien/Deutschland einen ersten Reichstag einberufen.
Endlich, um 1500, hatte man eine bestätigende Autorität, die auch gleich einen Nationalhelden, Arminius, mitlieferte.
Entdeckung der Germania und der Annalen
In dieser Zeit wurde die
Germania
des Tacitus entdeckt (1470). Ähnlich wie bei Caesar – nun aber in einem eigenen Werk, nicht mehr nur in einem Exkurs – wurden
die Sitten und die Geschichte der Stämme, die rechts des Rheins und nördlich der Donau siedelten, als ethnisch spezifisch
dargestellt. Bislang galten diese Stämme in der griechisch geprägten Ethnographie den Kelten gleich. Nicht selten war auch
danach noch die Bezeichnung „Germanen“ nicht etabliert, wie etwa bei |118| Cassius Dio. Die Germanen selbst identifizierten sich über ihre Stammeszugehörigkeit; Bezeichnungen sind daher Selbst- oder
(abwertende) Fremdbezeichnungen, wie etwa: die Skiren/die Reinen, die Bastarnen/die Bastarde oder Unreinen, die Ubier/die
Üppigen, die Usipeter/die guten Reiter u. v. m. 3 Das Bild der Germanen, das Tacitus nun zeichnete, war zwar zwiespältig, d. h. nicht einseitig positiv glorifizierend, alles
in allem aber eines, mit dem man sich von der römisch„welschen“ Geschichte stolz absetzen konnte. Aber Tacitus hatte noch
mehr zu bieten.
Im Jahr 1505 waren auch die
Annalen
des Tacitus entdeckt worden. Sie setzten in den ersten beiden Büchern mit dem erfolgreichen Abwehrkampf des Arminius gegen
die Angriffskriege des Germanicus ein. Diese beiden Werke des Tacitus trafen in einer Zeit, in der – zuerst in Italien – die
Antike sukzessive wieder gewonnen wurde, auf fruchtbaren Boden.
Ulrich von Hutten und Melanchthon – gegen das Welsche
Als „Volkshelden“ und Vorkämpfer gegen das Welsche sah Ulrich von Hutten den Germanenführer in seinem 1529 postum erschienenen
Werk
Arminius
, das der Humanist Melanchthon 1538 zusammen mit dem Werk des Tacitus über Germanien erneut herausgab. Auf einmal schien die
Geschichte der Deutschen, der Germanen, gleichrangig mit derjenigen des ehrwürdigen alten Rom, ja sogar mit dem Sieg des Arminius
über das auf dem Höhepunkt seiner Geschichte befindliche Römische Reich diesem überlegen, wenn man nur einig war und zusammenstand.
Daraus konnte man Kapital schlagen.
Martin Luther hat wahrscheinlich aus Arminius Hermann gemacht, dessen Abbildungen in den folgenden Jahrhunderten mit allen
positiven Konnotationen gegen alle
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