Als die Roemer frech geworden
Misswirtschaft unter den gallischen und germanischen Gemeinden westlich des
Rheins geschickt zu verbinden.
Civilis aber rief die vornehmsten Stammesangehörigen und die entschlossensten Männer aus dem einfachen Volk in einem heiligen
Hain angeblich zu einem Festgelage zusammen. Wie er sah, dass ihnen bei der nächtlichen Fröhlichkeit warm ums Herz wurde,
da begann er von dem Ruhme ihres Stammes zu reden, zählte hernach auch die Unbilden, Erpressungen und die sonstigen Leiden
der Knechtschaft auf. Es bestehe ja nicht mehr wie vordem ein Bündnisverhältnis, |108| nein, wie Sklaven würden sie behandelt. Wann erscheine einmal ein Statthalter, der, so lästig und hochmütig sein Gefolge auch
sei, doch regelrechte Befehlsgewalt besitze? Bezirksvorstehern, Zenturionen seien sie ausgeliefert [...]. Augenblicklich drohe
eine Aushebung, durch die man die Kinder von den Eltern, die Brüder von den Brüdern trenne, wohl auf Nimmerwiedersehen. Niemals
sei der römische Staat ärger mitgenommen gewesen [...]. Man solle nur die Augen mutig erheben und die Angst ablegen vor diesen
Legionen, die nur noch dem bloßen Namen nach bestünden. Sie selbst hingegen hätten in ihrem Fußvolk und ihrer Reiterei Kerntruppen,
die Germanen seien ihre Blutsverwandten, die gallischen Provinzen von den gleichen Wünschen wie sie selber beseelt […]. Sollte
das Kriegsglück schwanken, so könne man die Sache Vespasian in die Schuhe schieben, für den Fall des Sieges aber sei man weiter
keine Rechenschaft schuldig. 21
Bei dieser ersten großen linksrheinischen Auseinandersetzung wird erkennbar, dass nicht nur Hass gegen die römische Herrschaft
die Situation verschärfte, sondern auch sträfliches Verhalten der Hauptakteure im innenpolitischen Kampf um die Macht dazu
führte, dass man die Geister, die man rief, nachher nicht mehr los wurde. Indem die Römer Germanen, Gallier und reguläre Truppenverbände
für eigene Motive zu instrumentalisieren suchten, gaben sie nicht nur das Heft des Handelns gegenüber den rechtsrheinischen
Germanenstämmen aus der Hand, sondern nahmen auch in Kauf, dass egoistische Begehrlichkeiten auf die (römischen) Offiziere
übersprangen.
Denn als Vitellius von Vespasian glücklich besiegt war, waren die auf die Flavier vereidigten Kontingente der Bataver nicht
mehr bereit, sich unterzuordnen. Sie bedrängten oder plünderten vielmehr mehrere römische Kastelle, wie Xanten, Neuss und
Krefeld und dazu die Stadt Köln. Auf dem Höhepunkt des Aufstandes waren an den Kämpfen aufseiten der Aufständischen zahlreiche
gallische Gemeinden beteiligt, auch die germanischstämmigen, aber stark im gallischen Umfeld „naturalisierten“ Treverer, darüber
hinaus Canninefaten, Friesen, |109| Chauken, Brukterer und Tenkterer. Germanen und Gallier kämpften über den Rhein hinweg zusammen. Die Ziele der Aufständischen
waren aber eher diffus. Unsere gut informierte Hauptquelle, der Historiker Tacitus will (in seinem Werk
Historien
) auch die geheimen Pläne des Civilis und seiner Mitverschwörer kennen. Er betont die Gefährlichkeit der Absichten, vielleicht
auch, um dagegen die römische Reaktion skandalös schlecht aussehen zu lassen.
Die Berichterstattung bricht allerdings ab, als die Römer unter der jetzt vereinten Führung des neuen Kaisers Vespasian (69–79
n. Chr.) erfolgreich gegen die Aufständischen vorgingen. Man kann wohl annehmen, dass es zu einem Kompromiss kam, der die
Bataver in ihrem ursprünglichen, privilegierten Status bestätigte. Nachdem die zerstörten Lager wieder repariert worden waren,
knüpften die Flavier besonders im Südwesten Deutschlands an die von Claudius begonnenen Maßnahmen an, indem sie die bereits
existierende Reihe von Anlagen mit einem Verbindungsweg im südlichen Schwarzwald bei Sasbach, Riegel und Hülfingen durch eine
Straße von Straßburg durch das Kinzigtal bis nach Raetien ersetzten. Dadurch wurde die Verbindung zwischen Rhein und Donau
noch einmal verkürzt.
Daraus entwickelte sich zwischen Domitian (81–96 n. Chr.) und Hadrian (117–138 n. Chr.) der Limes, der zunächst nur ein Weg
mit Holztürmen war, später mit einem hölzernen Zaun vor dem Weg versehen wurde. Zwischen 150 und 200 n. Chr. wurden die Holzbauten
durch Steingebäude ersetzt und mit Wall und Graben bewehrt, weniger um hier größere feindliche Angriffe abzuwehren, denn als
Kontrolle für Personen- und Warenverkehr. Darüber hinaus wurde unter
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