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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Beer
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vollkommen wirr, und ihr Verstand, der noch immer damit beschäftigt war, sich gegen den Sog in die Obsidianstadt zu wehren, begriff nichts von dem, was er sagte. Nur dass es bedrohlich war, das konnte sie aufnehmen. Aber das konnte doch nicht wirklich Dr. Roth sein, von dem er da sprach! Ein Monster? Es passte einfach nichts zusammen.
    Gabriel fasste sie an der Schulter. » Du darfst nichts mehr davon nehmen, Marie! Und– du darfst auf keinen Fall mehr zu Dr. Roth gehen.«
    Maries Hände ballten sich unwillkürlich zu Fäusten. Alles in ihr sträubte sich zu glauben, dass das, was Gabriel da sagte, die Wahrheit war. Dr. Roth war nicht böse. Er konnte es einfach nicht sein!
    » Und wenn es eine Möglichkeit wäre, die Feen loszuwerden?«, flüsterte sie.
    Gabriel starrte sie an. Wilde Verzweiflung lag in seinem Blick. » Bitte«, sagte er nur. » Tu das nicht. Es ist lebensgefährlich für dich. Und auch für andere.«
    Wie eine eiserne Klammer legte sich die Erkenntnis um Maries Herz. Nur mithilfe der Medikamente hatten die Feen den Weg aus der Schattenwelt gefunden! Sie dachte an ihre Mutter und an Gabriels Freundin, die durch ihre Feen krank geworden waren. Gabriel hatte recht. Sie durfte Dr. Roth nicht mehr sehen. Sie erwiderte Gabriels Blick. In der Spiegelung seiner Augen glaubte Marie, die Bestie schimmern zu sehen. Wieder fiel ihr ein, wie die Kreatur am Abend zuvor geweint hatte. Wie Gabriel sie gebeten hatte, ihm zu vertrauen, damit ihr nichts geschah.
    Marie legte die Hände vor die Augen, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen. Doch sobald die Dunkelheit sie umfing, war der Sog wieder da. Wenn sie nur einen Moment unachtsam war, das wusste Marie, wäre sie sofort wieder in der Obsidianstadt.
    » Ich werde heute sowieso nirgends hingehen«, flüsterte sie und blinzelte zwischen den Fingern hindurch. » Ich melde mich in der Schule krank, so wie gestern. Bitte lass mich ein bisschen darüber nachdenken, ja?«
    Eine Weile sagte Gabriel nichts. Schließlich stand er auf. » Ja«, murmelte er, und seine Stimme klang zugleich erleichtert und unendlich traurig. » Natürlich.«
    Ohne ein weiteres Wort ging er zum Sofa hinüber und ließ Marie und ihre Gedanken allein auf der alten Matratze zurück.
    In den nächsten Stunden sprachen sie kaum, aber Marie wusste, dass Gabriel sie wachsam beobachtete, wann immer er nicht gerade in seine eigenen, brütenden Gedanken versunken war. Nachdem er eine ganze Weile stumm auf dem Sofa gesessen hatte, stellte er schließlich eine neue Leinwand auf die Staffelei. Dann setzte er sich auf einen Hocker davor, starrte auf die leere Fläche und grübelte schweigend vor sich hin. Nur sein Blick kehrte immer wieder zu Marie zurück, als wollte er sich vergewissern, dass sie noch da war. So saßen sie dort, während die Stunden verstrichen, bis das Licht von draußen sich allmählich rötlich färbte. Marie hatte nicht gewusst, dass man so lange Zeit zusammen sein und dabei schweigen konnte. Aber sie selbst war viel zu beschäftigt damit, zu verarbeiten, was Gabriel ihr über Dr. Roth erzählt hatte, und gleichzeitig gegen den Sog anzukämpfen, der schon den ganzen Tag mal schwächer, mal stärker an ihr zerrte, um auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
    Als Gabriels Handy klingelte, hätte sie vor Schreck und Überraschung beinahe aufgeschrien.
    Gabriel war augenblicklich auf den Beinen und griff nach dem Telefon, das er auf der Fensterbank abgelegt hatte. Er riss es förmlich an sich und hob es hastig an sein Ohr.
    » Henrik, hey.« Seine Stimme bebte vor unterdrückter Anspannung. » Wie geht’s? Was macht Alex?«
    Marie horchte auf. Wer mochte dieser Henrik sein, dessen Anruf bewirkte, dass Gabriel auf einen Schlag aschfahl im Gesicht wurde? Einen Moment lang blieb es still, nur eine verzerrte Jungenstimme war undeutlich durch den Lautsprecher des Telefons zu hören. Gabriels Blick zuckte zu Marie herüber, und sie sah nagende Unruhe darin.
    » Ja. Na klar«, murmelte er schließlich, aber es klang zögernd und unsicher. Seine Finger knibbelten sichtlich nervös an einem langen Holzspan, der sich von der Fensterbank gelöst hatte. » Kein Ding. In zwanzig Minuten, okay? Bis gleich.«
    Langsam ließ er das Handy sinken. Marie richtete sich gespannt auf. Was war los? Und was war in zwanzig Minuten? Würde jemand vorbeikommen?
    Sie musste nicht lange auf die Antwort warten.
    » Ich muss kurz weg«, sagte Gabriel. Seine Stimme klang seltsam belegt. » Glaubst du, du kannst für

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