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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Beer
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Stoff ihres T-Shirt s gesickert. Die Wunden, die die Geister ihr zugefügt hatten, waren echt. Marie war dort gewesen, in der Obsidianstadt. Kein Zweifel. Schlimmer noch– sie spürte, dass sie wieder hinübergezogen werden würde, wenn sie nicht aufpasste. Selbst wenn sie nur kurz die Augen schloss, fühlte sie, wie die Matratze unter ihr verschwand, spürte, wie sie sich in harten Stein verwandelte. Marie kämpfte mit aller Kraft dagegen an, hielt sich an Gabriel fest und vergrub das Gesicht an seinem Hals. Nur ganz allmählich verebbte das Gefühl, in zwei Welten gleichzeitig zu sein, und es schien ihr endlos zu dauern, bis sie es wagte, Gabriel vorsichtig loszulassen. Blutspuren klebten an seinem T-Shirt und seiner Haut, wo sie sich an ihn gedrückt hatte. Seine Augen waren fast schwarz vor Sorge.
    » Was ist passiert?« Marie brachte kaum einen Ton heraus. » Was war mit mir?«
    Gabriel schüttelte langsam den Kopf. Er war noch immer blass, das sah sie trotz der südländischen Tönung seiner Haut. » Ich weiß es nicht genau. Ich bin aufgewacht, weil ich dachte, du hättest nach mir gerufen, und dann warst du… nicht da.« Er runzelte die Stirn, als könnte er es noch immer nicht fassen. » Dein Körper hat noch hier gelegen, aber deine Augen waren ganz leer. Ich habe dich… durch das Tor gesehen. Ich habe gesehen, was passiert ist, aber ich konnte dich nicht erreichen. Und dann sind die hier aufgetaucht.« Er deutete auf die Wunden an Maries Armen, ohne sie zu berühren. » Ich konnte dich hören. Von drüben. Du hast geschrien, und ich habe versucht, dich zu wecken. Irgendwie.« Verzweifelte Hilflosigkeit schwang in seinen Worten mit, und Marie konnte die Angst spüren, die er ausgestanden haben musste. Sie empfand sie selbst.
    In diesem Moment fasste Gabriel sie erneut an den Schultern. Behutsam diesmal, aber sein Blick war eindringlich. » Die Medikamente, die du von deinem Therapeuten bekommen hast. Hast du sie genommen?«
    Ein eisiger Schreck durchfuhr Marie, und sie spürte, wie sie innerlich ganz starr wurde. Die Tabletten, die nahm sie ja schon seit Jahren. Das Schlafmittel hingegen war neu… Aber sie hatte es doch kaum berührt! Ihre Schultern begannen zu beben. Sie konnte Gabriels Blick kaum standhalten. Glaubte er wirklich, dass die Medikamente für ihren Zustand verantwortlich waren? Wollte er etwa schon wieder sagen, dass sie Dr. Roth nicht vertrauen konnte? Er schien sich so sicher zu sein, wirkte so unglaublich ernst. Er hätte das nicht gesagt, wenn er nicht wüsste, wovon er sprach. Was hatte Gabriel gestern den ganzen Tag getan? Darüber hatten sie noch gar nicht gesprochen. Hatte er etwas über Dr. Roth in Erfahrung gebracht, was sein Misstrauen bestätigt hatte?
    » Er hat gesagt, drei Tropfen. Ich habe kaum mehr als einen genommen. Vorgestern Abend. Ich… ich dachte, ich könnte nie schlafen, während du dort stehst und dieses Bild malst!« Sie ballte die Fäuste. War das denn wirklich möglich?, dachte sie verzweifelt. Was zum Teufel war mit Dr. Roth? Was wusste er, und warum gab er ihr ein Medikament, das sie in die Obsidianstadt stieß– wenn er das wirklich getan hatte? Am Tag zuvor noch hätte sie diese Anschuldigungen wütend zurückgewiesen, das wusste Marie. Aber sie hatte versprochen, Gabriel zu glauben. Und sie stellte fest, dass sie es tatsächlich tat– auch wenn der Gedanke ihr das Herz brach. Verzweifelt lehnte sie die Stirn an Gabriels Schulter und spürte, wie er sie festhielt. Er verurteilte sie nicht, kommentierte nicht einmal, dass sie aus lauter Trotz so leichtsinnig gewesen war.
    Mehrmals atmete Marie tief durch und bemühte vergeblich, sich zu beruhigen. Schließlich hob sie den Kopf und sah Gabriel Hilfe suchend an. » Was machen wir jetzt?«
    Gabriel musterte sie, aufmerksam und zutiefst besorgt. Seine Augen waren auf einen Punkt gerichtet, der irgendwo hinter Marie zu liegen schien. Ob dort das Loch in ihrem Schatten war? Vermutlich. Sie schluckte trocken.
    » Wir bleiben erst mal hier«, entschied er schließlich, und Marie bemerkte, dass er versuchte, seiner Stimme einen sicheren Klang zu geben– ohne, dass es ihm wirklich gelang. » Ich denke, es gibt da noch einiges, über das wir reden müssen.«
    Marie warf einen Blick zum Fenster hinüber. Es war längst hell draußen, sicher schon weit nach acht Uhr. Zur Schule würden sie sowieso zu spät kommen. Ganz abgesehen davon, dass der Widerwille, ihre ehemaligen Freundinnen zu sehen, seit Dienstag kein

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