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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Beer
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Freude. Und wenn es so war, dachte sie hoffnungsvoll, dann würde sie womöglich auch noch erfahren, was es mit diesem Paket auf sich hatte.
    Eine gute halbe Stunde später hatten sie das Mondscheincafé längst hinter sich gelassen und schlenderten gemächlich die geschwungenen Pfade des riesigen Parks entlang, der von der Spätnachmittagssonne in goldenes Licht getaucht wurde. Die Luft war frostig kalt, die Pflanzen unter einer dicken Schneedecke verborgen. Abgesehen von Marie und Gabriel war bei dieser Kälte trotz des schönen Wetters kaum jemand unterwegs. Es war, als ob der stille Park ihnen ganz allein gehörte, wie ein gigantischer privater Garten. Marie fühlte sich von Minute zu Minute wohler in ihrer Haut, und obwohl sie schon bald ziemlich durchgefroren war, hätte sie noch Stunden durch das stille Weiß streifen können. Das Gespräch mit Gabriel verlief immer lockerer, je länger sie sich unterhielten, als hätten sie mit den Wänden des Cafés auch eine unsichtbare Barriere hinter sich gelassen. Sie sprachen über Musik, über die Schule, über Lehrer und Freunde, über Kaffee und Kakao und über ihre Lieblingsessen. Gabriel redete dabei allerdings nur wenig von sich selbst, sondern fragte stattdessen Marie über ihr Leben aus. Aber für den Moment störte sie das nicht. Im Gegenteil, es war selten, dass jemand so ungeteilt seine Aufmerksamkeit auf sie richtete, und das Gefühl tat ihr gut.
    Im japanischen Garten setzten sie sich auf die verwaiste Terrasse des kleinen Teehauses und beobachteten die letzten Sonnenstrahlen, die auf dem Schnee und den kunstvoll angelegten Wasserläufen glitzerten. Friedliches Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, eine einv ernehmliche Ruhe, die Marie als sehr angenehm empfand.
    Gabriel hatte das Paket, das er bisher unter dem Arm getragen hatte, auf seine Knie gelegt. Neugierig sah Marie darauf. Über ihrem Gespräch hatte sie es fast vergessen– jetzt aber war es nicht mehr zu übersehen. Und inzwischen fühlte sie sich tatsächlich sicher genug, um ihn direkt danach zu fragen.
    » Sag mal– was schleppst du da eigentlich die ganze Zeit mit dir herum?«
    Gabriel, der gedankenverloren das Funkeln der Sonne auf dem vereisten Wasser beobachtet hatte, zuckte merklich zusammen. Seine Finger schlossen sich so fest um den Rand des Pakets, dass das Papier knisterte. Einige Sekunden lang sagte er gar nichts und seine Miene schien eine winzige Schattierung dunkler zu werden. Trotzdem war sein Gesicht, als er Marie schließlich wieder ansah, nicht unfreundlich. Er lächelte sogar– auch wenn es ein weniger freies Lächeln war als zuvor. » Puh. Ich dachte, schon, du würdest nie fragen.«
    Marie runzelte betroffen die Stirn. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Hatte sie etwas Falsches gesagt? Es schien so– andererseits, seinen Worten nach zu urteilen, auch wieder nicht. Doch nachdem er vor wenigen Augenblicken noch so gelöst gewesen war, war seine Stimmung so schnell umgeschlagen, dass sie es nicht nachvollziehen konnte. Sogar Gabriels Lächeln war inzwischen verblasst und hatte einer mühsam unterdrückten Anspannung Platz gemacht. Und anders als zuvor schien er jetzt mit jedem Wort kämpfen zu müssen, bevor er es aussprach.
    » Also, Marie… es gibt etwas, das ich dir sagen muss.«
    Marie starrte ihn verwirrt an. Sie wusste nicht genau, womit sie gerechnet hatte, aber ein Geständnis– egal, welcher Art– war es nicht, so viel wusste sie. Erst recht nicht so plötzlich.
    » Aha?«, brachte sie schwach hervor. » Was denn?«
    Gabriel war nun sichtlich nervös. Die Knöchel an seinen Fingern traten weiß hervor, so fest umklammerte er das Paket. Unruhig warf er einen Blick in die Runde, als wollte er sich vergewissern, dass niemand in der Nähe war. » Na ja… um genau zu sein, glaube ich, dass ich dich warnen muss.«
    Er sah Marie so eindringlich an, dass ihr fast schwindelig wurde. Und jetzt, im schwindenden Sonnenlicht, erkannte sie auch, dass sich wirklich winzige goldene Punkte in seiner Iris befanden! Ihr Herz begann von Neuem zu rasen, und sie musste sich zusammenreißen, um zu begreifen, was er gerade gesagt hatte.
    » Warnen?«, wiederholte sie. Seine Unruhe griff stärker auf sie über, als ihr lieb war, und je länger er sie ansah, desto dringender wurde das Bedürfnis, aufzuspringen und davonzulaufen. Aber das war doch Unsinn! » Wo… wovor?«
    » Das ist schwer zu erklären.« Gabriel schüttelte leicht den Kopf. Es sah beinahe hilflos aus, als

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