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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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hierbleiben und nach der Kreuzotter Ausschau halten?« fragte er. »Ja, natürlich«, sagte dieser wohlgemut. Die schwierige Lage, in der sich die Tiere befanden, betraf weder ihn noch den Waldkauz. Und so war es auch bei den meisten Gefahren gewesen, die sie zuvor hatten bestehen müssen.
»So, meine Freunde«, sagte der Fuchs und drehte sich zu den anderen. »Kommt ihr jetzt mit?« Er sah sie mit einer Spur von Verlegenheit an. Er wußte, daß sich die meisten von ihnen im Moment hier sicher fühlten, doch er mußte ununterbrochen an die Jäger und an ihre Hunde denken. Wortlos stand der Dachs auf und gebot dem Maulwurf mit einem Blick, seinen Platz auf seinem Rücken einzunehmen. Auch der Hase erhob sich und trieb seine Familie zusammen.
Die Füchsin, die den fast flehentlichen Blick ihres Helden gesehen hatte, stupste ihn mitfühlend an und leckte liebevoll sein Fell.
Einer nach dem anderen stand auf. Die Kaninchen waren die letzten. Der Waldkauz flog los, um dem Pfeifer zu sagen, er solle sich nicht von der Stelle rühren. Dann rannte die Füchsin schnell den Abhang hinunter und trieb die Feldmäuse und die Wühlmäuse vor sich her. In Sekundenschnelle waren sie zwischen den Autos verschwunden, bis sie auf der Insel in der Mitte wieder auftauchten.
Der Fuchs stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Er versammelte die Eichhörnchen um sich und rannte rasch hinterher. Der Hase und seine Familie folgten dicht hinter ihm.
Das Wiesel gesellte sich zu den Igeln, und schließlich und endlich willigten auch die Kaninchen ein mitzugehen. Der Dachs und der Maulwurf bildeten die Nachhut. So hatten alle innerhalb von ein paar Minuten die Hälfte der Autobahn überquert und standen nun auf der Insel zwischen den beiden Leitplanken. Nur der Turmfalke saß noch auf seinem Aussichtsplatz auf dem Zaun und hielt vergeblich Ausschau nach der Kreuzotter.
Während der Fuchs und die anderen zwischen dem Unkraut und dem Unrat saßen und überlegten, wie es weitergehen sollte, sahen sie, wie die Menschen sie aus den Autos und den Lastwagen heraus erstaunt anstarrten. Aufgeregte Kinder gestikulierten, und ihre Münder formten ein lautloses Ah und Oh hinter den Fensterscheiben. Die Menschen, die in den Autos direkt neben der Insel saßen, waren nur ein kleines Stückchen von den Tieren entfernt, und schon bald wurden aus geöffneten Fenstern Arme nach ihnen ausgestreckt. Glücklicherweise waren die Arme nicht lang genug, und da die Leute in den Autos alle das Gesetz kannten, nach dem es verboten ist, auf Autobahnen herumzulaufen, wurden die Tiere nicht gestört.
Aber die Nähe der Menschen behagte ihnen gar nicht, und sie blickten verzagt von der einen Seite der Straße mit ihrem dröhnenden Verkehr zu den Zuschauern in den stillstehenden Autoschlangen auf der anderen Seite und fühlten sich sehr verletzlich. Doch einen Kilometer weiter, wo die Stauung begonnen hatte, begannen die Autos endlich wieder vorwärtszurollen. Wie eine unmerkliche Welle setzte sich die Bewegung in der Autoschlange fort, bis sie schließlich an der Stelle ankam, wo die Tiere die Straße überquert hatten. So rollten die Autos vorwärts, und mit ihnen die erstaunten Insassen. Und schon bald hatten die Menschen die Tiere wieder vergessen. »Sie fahren weg! Sie fahren weg!« rief der Maulwurf. »Wie recht du gehabt hast, Fuchs, sofort hinüberzugehen!« bemerkte das Wiesel.
»Ich bin glücklich, daß ich recht gehabt habe«, gab der Fuchs zu.
»Für die Kreuzotter sieht es allerdings gar nicht gut aus«, bemerkte die Kröte ernst. »Sie sitzt jetzt mehr oder weniger fest.«
»Oh! Da kommt der Turmfalke!« verkündete der Dachs. »Ob er sie wohl gefunden hat?«
Der Turmfalke landete auf einer der Leitplanken. »Die Jäger sind umgekehrt!« verkündete er theatralisch. »Die Hunde wurden an der Baumreihe zurückgerufen. Jetzt gehen alle in die Richtung zurück, aus der sie gekommen sind.«
»Gott sei Dank haben wir die zum letzen Mal gesehen«, sagte der Hase grimmig.
»Die Kreuzotter ist leider nicht aufgetaucht«, sagte der Turmfalke, »obwohl es jetzt, wo die Jäger weg sind, keinen Grund mehr gibt, sich zu verstecken.« »Könntest du weiterhin nach ihr Ausschau halten?« fragte der Fuchs. »Wenn sie uns nicht mehr sieht, weiß sie nicht, welche Richtung sie einschlagen soll.« »Ich mache mich noch einmal auf die Suche nach ihr«, erwiderte der Turmfalke. »Aber was ist mit euch? Hier könnt ihr nicht hinüber.« Er deutete auf den dahinbrausenden Verkehr,

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