Als die Uhr dreizehn schlug
unablässig an den Garten, und manchmal fragte er sich: Wo kommt er her, was bedeutet das alles? Dann dachte er sich kluge Fragen für Hatty aus, die sie gründlich und ohne Ausschmückungen ihrer Phantasie beantworten sollte. Doch Nacht für Nacht, wenn er in den Garten ging, vergaß er, den Detektiv zu spielen. Dann war er wieder nur ein Junge in einem perfekten Garten und Hatty war seine Spielkameradin.
Es gab immer etwas zu unternehmen im Garten. In einer der Eiben wollten sie ein Baumhaus bauen, sobald Hatty ein paar Dielenbretter dafür finden konnte; bis dahin spielten sie mit Pfeil und Bogen. Hatty erzählte in sehnsüchtigem Ton, dass früher Hubert und James und Edgar im Wald Räuber gespielt hatten, mit Pfeil und Bogen, die sie im Garten gebastelt hatten.
»Warum hast du nicht mitgemacht?«, fragte Tom.
»Sie sagten, ich sei zu klein; und dann, als ich alt genug war, sagten sie, sie selbst seien jetzt zu alt dafür.«
»Und warum hast du nicht allein gespielt? Du könntest dir selbst Pfeil und Bogen bauen.«
»Das konnte ich nicht. Ich wusste nicht, wie es ging. Wenigstens weiß ich jetzt, wie man Pfeile macht, weil James es mir gezeigt hat – die sind leicht; aber ein Bogen nicht.«
Tom sagte Hatty, sie solle ein scharfes Messer holen. Sie ging ins Haus und kam mit einem Küchenmesser zurück, das sie unter ihrem Rüschenkleid versteckt hatte. Von Tom angeleitet, schnitt sie einen brauchbaren Eibenzweig ab; das Holz war noch nicht ausgereift, aber das konnten sie nicht ändern. Hatty schnitzte den Zweig zurecht und kerbte ihn an beiden Enden ein, um der Schnur festen Halt zu geben. Zuerst stellte sie sich mit dem Messer etwas ungeschickt an und Tom musste ihr sogar erklären, dass sie es immer von sich weg führen sollte, um sich nicht zu verletzen. Als der Zweig endlich zurechtgeschnitten war, stellte Hatty fest, dass sie nicht die Kraft hatte, ihn zu biegen und die Schnur zu verknoten. Tom konnte ihr nicht helfen; schließlich ging sie zu Abel.
Bevor Abel die Schnur auf ihren Bogen spannte, musterte er die Schnitzarbeit genau.
»Haben Sie das gemacht, Miss Hatty?«
»Ja, das war ich.«
»Gut, aber wer hat Ihnen das beigebracht?«
»Jemand.«
»Nun, wer immer es war – passen Sie auf, dass er Ihnen nicht beibringt, wie man damit Ärger bekommt.«
»Ärger?«
»Ärger für Sie, Miss Hatty.« Abel sah sie eine ganze Weile an und in seinem Blick lag etwas, das Tom, der sie aus der Ferne beobachtete, nicht verstand. Dann erfüllte Abel Hattys Wunsch und spannte die Schnur auf den Bogen.
Pfeile waren leicht zu basteln, und Hatty wusste tatsächlich, wie es ging. Sie nahmen die geraden, knotenlosen Stecken der alten Haselnusssträucher. Ein Ende stutzten sie zurecht und kerbten es ein, um es auf die Sehne setzen zu können. Als Gewicht für die Spitze nahmen sie ein kurzes Stück Holunderholz. Die Vettern hatten offenbar immer Holunder genommen; man drehte das Ende des Steckens in das Holundermark, bis die Spitze fest saß.
Tom wollte die Pfeile mit Federn besetzen, doch Hatty war zu ungeduldig. Sie wollte die Pfeile so, wie sie waren, und Tom gab nach. Es tat ihm nur Leid, dass er nicht selbst Bogenschießen konnte, und so beschränkte er sich darauf, ihr Ratschläge zu erteilen.
Er wollte, dass Hatty auf Vögel schoss, aber das mochte sie nicht, obwohl – und da hatte er Recht – es nicht die geringste Gefahr gab, dass sie je getroffen würden.
Stattdessen schoss Hatty in die Luft. Sie mochte es, die Pfeile losschnellen zu lassen und dann mit zusammengekniffenen Augenbrauen den dünnen schwarzen Strich vor dem strahlenden Blau des ewigen Sommerhimmels zu verfolgen.
Sie verloren vier Pfeile in den Baumspitzen, weil Hatty ziellos in die Luft schoss. Der fünfte Pfeil krachte durch das Dach des Gewächshauses.
Abel war glücklicherweise der einzige Zeuge dieses Unfalls, und er schien auf ihrer Seite zu sein. Ohne ein Wort zu sagen, holte er einen Besen, um die Glasscherben aufzukehren, eine Leiter, eine neue Glasscheibe und ein wenig Kitt. Als er die Scheibe eingesetzt hatte und von der Leiter stieg, schwebte die Angst, die auf Hatty gelastet hatte, empor wie eine Wolke – Tom konnte das sehen.
»Danke«, sagte sie zu Abel. »Tante wird es nie erfahren.«
»Nein«, meinte Abel. Dann fügte er entschlossen hinzu: »Aber vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt habe.« Das war keine Frage und auch keine Maßregel; vielmehr war es eine Warnung, voll düsterer Vorahnung.
»Sie meinen«,
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