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Als die Uhr dreizehn schlug

Titel: Als die Uhr dreizehn schlug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Pearce
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sich, das auch zu können, doch er musste feststellen, dass er sich nur undeutlich an das Aussehen der Menschen im Garten erinnerte. Gewiss, er hatte den starken Eindruck, dass sie nicht so gekleidet waren wie er, sein Onkel oder seine Tante. Doch »altmodisch« war alles, was ihm zu dem Unterschied einfiel. Zum Beispiel hatten sowohl Susan, das Hausmädchen, als auch Hattys Tante Röcke getragen, die fast bis zum Boden reichten.
    Natürlich mussten ihre Kleider altmodisch sein, wenn Hatty ein Geist war. Doch um das zu beweisen, musste er die Kleider im Garten einer bestimmten Zeit zuordnen und ebenso Hatty selbst.
    Er glaubte zu wissen, wo er Informationen darüber finden könnte. Oft hatte er auf dem Küchenregal der Tante, unter all den Koch- und Backbüchern, einen Band gesehen, der einladend Das praktische Hauslexikon hieß. Nun, als seine Tante einkaufen gegangen war, schlüpfte er aus dem Bett und borgte es sich aus. Er suchte im Stichwortverzeichnis nach KLEIDUNG – Kleidungsstile vergangener Zeiten. Es gab nichts unter STILE oder unter VERGANGENHEIT. Unter KLEIDUNG gab es Unterabschnitte, die Tom ein andermal sicher interessiert hätten – »Weite Kleidung ist wärmer als enge« und »Feuersichere Kleidung«; doch über den Wandel der Moden im Lauf der Geschichte stand nichts drin. Er war enttäuscht, so als ob er zu einem Fest eingeladen worden wäre und dann, als er an die Tür geklopft hatte, niemand da gewesen wäre.
    Aber bevor Tom das Buch schloss, stieß er zufällig auf etwas, das sich doch noch als nützlich erwies. Auf einer Seite, die freundlich überschrieben war mit »Das Gute ist oft mit seinen Knochen begraben« fand er eine Liste der englischen Monarchen von der Normannischen Invasion bis zur Gegenwart. Ihm fiel ein, dass Hatty einmal einen englischen Monarchen erwähnt hatte. Sie hatten sich Abels kleinen Bücherstapel im Heizungshaus angeschaut, und Hatty hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass das oberste Buch die Bibel war, weil Abel glaubte, die Bibel würde über allem stehen, »wie die Königin über ganz England herrscht«. Hatty lebte also zu einer Zeit, da eine Königin und kein König in England herrschte. Tom sah in der Liste der Monarchen nach, es hatte in der Geschichte Englands sehr wenige Königinnen gegeben. Plötzlich war die Zahl der Möglichkeiten geschrumpft; Hatty konnte zum Beispiel nicht im zwölften, dreizehnten, vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhundert gelebt haben, denn damals hatte es dem Hauslexikon zufolge nur Könige gegeben. Aus demselben Grund hätte sie auch nicht in großen Abschnitten des siebzehnten oder achtzehnten Jahrhunderts leben können. So blieben die übrigen Teile dieser Jahrhunderte und die größten Teile des sechzehnten und neunzehnten Jahrhunderts.
    Tom stellte das Hauslexikon an seinen Platz zurück, und als er das nächste Mal allein in der Wohnung war, stöberte er nach einem anderen Buch mit nützlichem Wissen. Im Schlafzimmer von Onkel und Tante fand er, was er suchte: eine vollständige Ausgabe der Encyclopaedia Britannica in ihrem eigenen glasgeschützten Regal an Onkel Alans Bettseite.
    Tom sah unter KLEIDUNG nach. Darüber gab es schier endlos viele Seiten, klein gedruckt und doppelspaltig, und dieser Anblick entmutigte ihn ein wenig. Lieber sah er sich die Bilder an, auch wenn keines davon wirklich etwas zeigte, was mit dem übereinstimmte, das die Menschen im Garten trugen.
    Bei den Bildern der Kleidung aus früheren Epochen fiel ihm etwas Merkwürdiges auf. Die Männer trugen verschiedene Arten von Beinkleidern, doch nie Hosen. Das erste Paar Hosen, das abgebildet war, trug ein französischer Edelmann aus dem frühen Viktorianischen Zeitalter. Tom wusste zumindest, dass die Männer und Jungen in seinem Garten alle Hosen getragen hatten – mit Ausnahme von Edgar, der eine Art Kniebundhose mit Wollstrümpfen angehabt hatte.
    Tom hatte eine heiße Spur gefunden, er zog den Band HOF bis JAM der Encyclopaedia heraus und sah unter HOSE nach. Bilder gab es nicht, aber der Artikel war wenigstens kurz. Um Missverständnissen vorzubeugen, begann er mit der Definition einer Hose: »Von Männern getragenes Kleidungsstück, das jedes Bein einzeln bekleidet und von der Hüfte bis zu den Füßen reicht.« Nun, Tom fand das richtig und las aufmerksam weiter. Hosen, wie sie heute üblich sind, waren offenbar erst Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in Mode gekommen. Der Herzog von Wellington hatte damit heftiges Aufsehen erregt. Der Artikel

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