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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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die vier Jungs umgebracht hatte. Bislang waren das nur Gerüchte, weil Conor das Video beschlagnahmt hatte, bevor es vollständig über die Screens gelaufen war. Aber wenn sich genügend Leute damit beschäftigten, würde am Ende sicher jemand darauf kommen, dass er es gewesen war. Vielleicht sogar, wie er es angestellt hatte.
    Dieses verdammte Video! Wieso glaubten sie einem miesen Flittchen mehr als ihm?
    Natürlich, weil er selbst sie als »Engel mit der Klarinette« aufgebaut hatte. Seit dem Mord an seinen Eltern hatte er keinen so schweren Fehler mehr begangen. Aber er würde ihn korrigieren. Sobald sie sie zu ihm brachten.
    Er zog den Schraubenzieher aus der Wand und stach so lange auf das Gesicht der Verräterin auf der Screen ein, bis er den Arm nicht mehr heben konnte.
Irland, Kranen-Anwesen
    Celie hatte keine Ahnung, wie viel Zeit ihr noch blieb. Irgendwann würde Jason wissen, dass sie nicht nach Dublin gegangen war. Und dann würde er sie hier suchen. Zu Hause.
    Es regnete und Celie stand vor dem großen Tor, das zum Kranen-Anwesen führte. Kein Licht leuchtete und nichts deutete darauf hin, dass die Sicherheitseinrichtungen funktionierten. Wie sollten sie auch. Aber es gab erstaunlicherweise auch keine Spuren eines Einbruchs, obwohl das Anwesen für jeden, der es kannte, seit dem Zusammenbruch ein verlockendes Ziel gewesen sein musste. Doch offenbar hatte niemand die sechs Meter hohe Mauer überwinden können, die oben nicht nur mit einem Elektrodraht, sondern auch ganz altmodisch mit Glasscherben abgesichert war. Und das Schloss am Tor wies zwar Kratzer auf, war aber nicht ernsthaft beschädigt. Auch Celie konnte auf diesen Wegen nicht aufs Anwesen gelangen. Aber sie kannte noch einen anderen Weg, wenngleich der ohne Strom eigentlich nicht funktionieren konnte …
    Celie bückte sich und legte das biometrische Sensorfeld frei, das in eine der alten Birken eingebaut war und das sowohl den Fingerabdruck als auch die DNA prüfte. Sie legte einen Finger auf das Feld. Als es tatsächlich summte, wich Celie vor Schreck einen Schritt zurück. Das Tor glitt lautlos auf.
    Celie zögerte. Plötzlich hatte sie Angst. Dass vielleicht doch jemand eingebrochen war und alles verwüstet hatte. Oder, was vielleicht noch schlimmer wäre: dass alles genau so war wie an dem Tag, als sie fortgegangen war.
    Aber sie konnte auch nicht einfach wieder umkehren. Sie hatte sich ja schon eingestanden, dass sie, sie allein, schuld war an Jennas Tod. Etwas Schlimmeres als diese Gewissheit konnte sie hier auch nicht erwarten.
    Und dennoch. Ihre Füße wollten sich nicht vom Fleck bewegen. Sie wollten für immer und ewig hier stehen, bis sie Wurzeln schlug wie die alte Birke. Und dann bewegten sie sich doch ganz schnell, als etwas Rot-Braunes kreischend aus dem Gebüsch neben Celie sprang.
    »Madame Curie!« Celie bückte sich zu der Katze hinunter. Die musterte sie zunächst misstrauisch, ließ sich dann aber auf den Boden fallen und streckte Celie den Bauch zum Streicheln entgegen.
    »Du bist ganz schön dünn geworden«, sagte Celie. Madame Curie kniff wohlig ihre Augen zusammen und begann zu schnurren.
    »Na gut«, sagte Celie. »Dann wollen wir mal.« Sie nahm die Katze auf den Arm, schloss das Tor hinter sich und betrat ihr Zuhause.
    Das Gras des Parks leuchtete im Regen saftig grün, das Wäldchen schickte schwere Kieferndüfte herüber, die Villa strahlte so weiß, dass es in den Augen wehtat, und das Sicherheitsglas in der Mauer glitzerte wie Diamanten in der Sonne. Alles war wie immer, als wäre Celie einfach nur für einige Wochen in Urlaub gewesen.
    Und doch war alles anders. Mom war nicht hier. Niemand war hier außer Celie.
    Madame Curie maunzte, sprang von Celies Arm und lief auf das Haus zu, wo zwei andere Katzen sie schon erwarteten. Einstein und Heisenberg. Es gab doch noch Leben hier.
    Die Tür zu dem fußballplatzgroßen Wintergarten am Eingang der Villa stand offen. Welke Blätter und Gras waren hereingeweht und die Reste von toten Mäusen verströmten Verwesungsgestank. Celie schimpfte mit den Katzen und holte Handfeger und Kehrblech.
    Der Kühlschrank in der Küche war noch von der Abifeier randvoll mit Getränken. Celie trank eine Flasche Bitter Lemon in einem Zug aus, dann nahm sie eine Cola mit in den Wintergarten und ließ sich aufs Sofa sinken.
    Erst jetzt bemerkte sie das Buch auf dem Couchtisch. Nein, es war kein Buch, es war eine Kladde. Gebunden in orangefarbenes Leinen.
    Sie kannte diese Kladden. So

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