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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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bewegt wie jemand, der vollkommen eins mit seinem Körper war und keinen Gedanken daran verschwendete, wie er wirkte. Das war einer der Gründe, warum er bei den Mädchen so gut ankam. Alex gegenüber hatte Celie sich darüber immer aufgeregt. Aber insgeheim hatte sie ihn ebenso gern betrachtet wie alle anderen. Schon bei ihrer ersten Begegnung auf dem Spielplatz, als sie beide fünf waren, hatte sie fasziniert beobachtet, wie selbstverständlich er sich bewegte, wie ernsthaft und konzentriert er sich dem widmete, was er gerade tat. Damals war es das Sandkuchenbacken gewesen, später dann vor allem das Gärtnern. Alex hatte schon früh seine Liebe zu Pflanzen entdeckt, und er hatte sowohl das Gespür als auch die Geduld, jede Pflanze dazu zu bringen, sich vollständig zu entfalten. Ein Glück für ihn und sein Co-House, dass er dort seine Leidenschaft fürs Gärtnern ausleben konnte.
    Celie sah hinaus in den dunklen Park, in dem nur einzelne Bäume im Mondlicht zu erkennen waren. Sie war immer sicher gewesen, dass Alex einmal Gärtner oder Landschaftsarchitekt werden würde. Warum nur hatte er sich plötzlich entschieden, Medizin zu studieren?
    Die Antwort war so einfach, dass sie nicht glauben konnte, dass sie erst jetzt darauf kam. Ihr Zorn hatte ihr den Blick verstellt, sonst hätte sie es gleich gewusst.
    Wegen Jenna. Oder eher: wegen ihr. Weil sie ihm die Schuld an Jennas Tod gegeben hatte. Er versuchte, etwas wiedergutzumachen. Deshalb war er jetzt in einem Krankenhaus in Berlin, umgeben von Verletzten, denen ohne Medikamente, Strom und Wasser niemand helfen konnte.
    Anstatt hier bei ihr zu sein und ihr zu sagen, dass es nicht ihre Schuld war, dass Jenna tot war. Und dass alles gut werden würde.
    Celie schlief auf dem Sofa ein und wurde bei den ersten Sonnenstrahlen mit steifem Nacken wieder wach. Gestern Abend hatte sie sich noch geschworen, nicht eher von diesem Sofa aufzustehen, bis sie Jennas Tagebuch gelesen hatte. Das hatte sie nun davon. Und Durst und Hunger noch dazu. Aber Schwur war Schwur. Celie biss die Zähne zusammen, griff nach der Kladde und begann zu lesen.
Irland, nahe
der Mobilen-Kommune
    Alex trat bei voller Akkuunterstützung wie ein Wilder in die Pedale, und Bernie schaffte es kaum, sich auf dem Gepäckträger und seine Füße von den Speichen und vom Boden wegzuhalten. Zu allem Überfluss hing auch noch der Roachy mit seinen »Händen« an Bernies Schultern wie ein ziemlich schwerer, ziemlich unbequemer Rucksack.
    In Irland war alles anders als in Deutschland. Zwar sahen sie auch hier verlassene Orte, leer stehende Fabriken und verbrannte Ruinen, aber es gab auch jede Menge Hinweise darauf, dass die Menschen sich bemühten, die Zivilisation wieder aufzubauen.
    Überall waren Autos, Bagger und Traktoren unterwegs, viele von ihnen verbeult und notdürftig geflickt. Sie stammten offenbar von einem der riesigen Recyclinghöfe, die nach 2024 angelegt worden waren, um die Millionen von plötzlich überflüssig gewordenen Fahrzeugen aufzunehmen. Jetzt fuhren sie wieder – die meisten mit Solarenergie, aber manche auch mit Benzin. Wo immer die Menschen das herhaben mochten. Sie wurden eingesetzt, um alte Rohre und Leitungen freizulegen, die dann repariert wurden.
    Manche konnte man auch auf den Feldern sehen. Erstaunlich, fand Bernie, wie viele Felder hier bearbeitet wurden. In Deutschland hatten sie fast nur verlassene Höfe und brachliegende Äcker gesehen.
    Gegen Mittag machten sie Rast an einem Feld, auf dem Rosenkohl und Rüben wuchsen. Doch als sie eine der Arbeiterinnen auf dem Feld fragten, ob sie etwas Rosenkohl haben könnten, sah sie sich ängstlich um und flüsterte: »Das geht nicht.«
    »Aber wir haben was zum Tauschen«, sagte Alex.
    »Nein!«, rief die Frau so entsetzt, als hätte er sie mit einer Pistole bedroht.
    »Und warum nicht?«, fragte Alex.
    Zuerst sah es aus, als wollte sie wegrennen, doch dann beugte sie sich vor und sagte hastig: »Weil das alles der Kommune gehört. Wer sich etwas davon nimmt, begeht Diebstahl an der Gemeinschaft und wird streng bestraft.«
    »Aber wir würden Ihnen doch etwas dafür geben!«, sagte Alex genervt.
    Da hob die Frau ihre Hacke. »Arbeitet, dann bekommt ihr auch eure Rationen!«
    »Ich hab die Horrorstorys von den Jungs am Meer ja nicht so richtig geglaubt«, sagte Alex, als sie weg war. »Aber jetzt …«
    »Schöne neue Welt«, sagte Bernie.
    Sie fuhren weiter, bis sie an eine Wiese mit einem Apfelbaum kamen. Sie vergewisserten sich,

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