Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
Vom Netzwerk:
diesen Hut auf und blitzschnell wurden wir ein Ehepaar. Erst dachte ich, ein kleines Zigeunermädchen geheiratet zu haben.«
    »Hör mal«, sagte ich scherzend, »so hübsch bin ich ganz sicher nicht, aber vielleicht trägt der Hut etwas dazu bei?«
    »Ach, du gefällst mir, mit oder ohne Hut, so wie du bist.« Das Kompliment tat mir gut, wenn ich bedenke, wie ungepflegt man war, mit ungewaschenem Haar, die Fingernägel abgebrochen. Die Unterwäsche wurde mal von links, mal von rechts angezogen, um das Gefühl zu haben, sie sei gewechselt. Im letzten Lager waren die Frauen unter sich, mit Waschseife hatten wir unsere Wäsche gewaschen, das war danach ein herrliches Gefühl auf der Haut.
    Während der langen Fahrt klärte mich Anton darüber auf, dass er mich vorübergehend bei seiner Cousine unterbringen werde. Ihr Mann war zu Beginn des Krieges gefallen und seither lebte sie mit ihrem sechs Jahre alten Sohn in Stuttgart–Neuhausen. Seine Mutter hätte wahrscheinlich für meinen Aufenthalt kein Verständnis, so wolle er es gar nicht erst bei ihr versuchen. Anton versprach mir, sich auch weiterhin um mich zu kümmern und mir bei der weiteren Reiseplanung zu helfen.
    Mir war gar nicht wohl dabei, die Hilfe einer jungen Frau in Anspruch zu nehmen, die ich nicht kannte. Anton stellte seine Cousine einfach vor vollendete Tatsachen, in der Hoffnung, sie würde mit der Situation schon irgendwie fertig werden.
    Mein Schweigen machte Anton doch unsicher.
    »Du musst dir darum keine Gedanken machen, meine Cousine und ich haben ein gutes verwandtschaftliches Verhältnis. Sie hat ihren Mann früh verloren und auch sonst einiges durchgemacht«, beruhigte mich Anton, »sie hilft uns bestimmt gerne.«
    »Bitte, versteh mich, Anton, meine Situation ist heikel genug, es ist kein Spaziergang, den ich noch vor mir habe, und im Moment fühle ich mich schrecklich hilflos. Ich möchte nicht schon wieder anderen zur Last fallen, besonders nicht Menschen, die selbst schon genug Sorgen haben. Manchmal komme ich mir vor wie ein streunender Hund, der um Futter bettelt.«
    »So darfst du es nicht sehen«, versuchte Anton, mich zu trösten, »selbst wenn du vom Lager aus vielleicht bis Mannheim gekommen wärst, bestimmt hätte man bis dahin bemerkt, dass dein Zuhause in der französischen Zone liegt. Das hast du im Übrigen noch vor dir, eine Übergabe der Amerikaner an die Franzosen, ob das reibungslos abläuft, bleibt abzuwarten.«
    »Du hast ja recht, Anton, ich entschuldige mich, versuche bitte, Verständnis zu haben, es ist einfach mal genug, ich kann nicht mehr«, war meine Reaktion.
    »Nimm erst mal ein paar Tage diese Hilfe an, erhole dich ein wenig, wenn ich in Erfahrung gebracht habe, wie es für dich weitergeht, musst du gestärkt sein für den Rest der Reise. Du wirst sehen, Adelheid ist sehr hilfsbereit, ich werde mich für ihre Hilfe ganz sicher revanchieren.«
    »Wie heißt denn deine Cousine mit dem Familiennamen?«
    »Dohm, und sie ist eine geborene Strobel«, informierte mich Anton.
    Als wir in Neuhausen ankamen, war bereits Sperrstunde, vor der Wohnung seiner Cousine wurden wir abgesetzt. Ungläubig stand Adelheid unter der Wohnungstüre nach dem heftigen Klingeln von Anton. Sie sah erst zu mir, dann zu Anton, dem sie zögernd die Frage stellte: »Wo kommst du denn auf einmal her?«
    »Dürfen wir hereinkommen?« Adelheid trat zurück, dann umarmte sie Anton und sah dabei mich an. »Adelheid, können wir heute Nacht hierbleiben? Es ist schon Sperrstunde – meine kleine Frau, kannst du sie ein paar Tage bei dir aufnehmen, bis wir wissen, wie es für sie weitergeht?«
    »Wie, Anton, du bist verheiratet? Davon wusste ich ja gar nichts!«
    »Ob du es glaubst oder nicht, Adelheid, das weiß ich selbst noch nicht sehr lange, aber das erzählen wir dir später in aller Ruhe«, erklärte Anton seiner Cousine.
    Adelheid kochte Tee, Anton hatte noch Proviant, so aßen wir gemeinsam mit dem sechsjährigen Gabriel Abendbrot. Danach fing Anton an, unsere Geschichte zu erzählen, schilderte, was wir so alles erlebt hatten, dass ich noch nach Südbaden wolle, wo auch all meine Angehörigen lebten. Begonnen hatte unsere Flucht in Radebeul, getroffen hatten wir uns in Chemnitz an der Zonengrenze, ab da meisterten wir die abenteuerliche Flucht gemeinsam.
    »Na, da habt ihr ja einiges erlebt und überstanden«, meinte Adelheid erstaunt. Tags darauf gab sie mir zu verstehen, dass ich gerne bei ihr bleiben könnte. Sicher würde Anton wieder bei

Weitere Kostenlose Bücher