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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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Bosch arbeiten können, eine Wohnmöglichkeit würde sich mit der Zeit sicher auch finden.
    »Nein, Adelheid, so ist das nicht gedacht. Die Notlüge von Anton an der Zonengrenze hat mir zweifellos das Leben gerettet. Wahrscheinlich wäre ich sonst in irgendeinem Lager der Russen gelandet, niemand hätte davon erfahren. Aber mein Ziel war von Anfang an, zu meiner Familie zurückzukehren. Meine große Sorge ist, ob ich sie wieder alle gesund antreffen werde. Seit November 1944 habe ich keine Post mehr erhalten, es bleibt mir nur abzuwarten, wen und wie ich alles zu Hause vorfinde. Was ich danach beginne, steht noch in den Sternen.«
    Am fünften Tag unseres Aufenthalts kam Anton mit der Nachricht, dass in Stuttgart ein Transport mit der Bahn in Richtung Mannheim zusammengestellt wurde. Die meisten der Reisenden waren aus dem Ruhrgebiet, waren aber nach der Bombardierung in diese Gegend evakuiert worden. Wer wollte, konnte nun diese Gelegenheit zur Rückkehr nutzen.
    Anton brachte mich an diesem angegebenen Wochenende zu jenem Transport, der mir ein Leben lang in Erinnerung bleiben sollte, die mich jedes Mal frieren ließ, wenn ich daran dachte. Adelheid war guten Mutes, als ich mich von ihr verabschiedete, sie meinte, dass ich nun bestimmt die längste Zeit unterwegs gewesen sei und, wenn sich alles gut entwickelte, wir uns bestimmt wiedersehen würden. Sie könnte es sich gut vorstellen, dass Anton und ich ein Paar würden, unsere Probezeit hätten wir doch glänzend bestanden. Obwohl man nie weiß, wohin einen das Schicksal noch bringt, ich jedenfalls hatte nicht die Absicht, nach Stuttgart zurückzukehren.
    Für den Proviant war ich sehr dankbar, den Adelheid und Anton mir in den Rucksack packten. Es waren geräucherter Speck, hart gekochte Eier, Brot und Apfelsaft, den Adelheid selbst presste. Anton brachte eine Dose Cornedbeef und Kekse, sogar eine Schachtel Zigaretten hatte er für mich organisiert.
    »Die sollst du aber nicht selbst rauchen, die sind dafür gedacht, mal etwas einzutauschen.«
    Es schmerzte mich schon, als ich mich von ihm verabschieden musste, ohne zu wissen, wie ich jemals auch nur einen Bruchteil von dem gutmachen konnte, was er für mich getan hatte.
    Um ihm zu danken, stammelte ich Worte, die überhaupt keinen Sinn machten, klopfte mit den Fäusten auf seine Brust und verlor einfach die Kontrolle, bis ich endlich stotternd herausbrachte:
    »Danke, Anton, danke für alles.«
    »Lass gut sein, meine kleine Frau«, sagte Anton leise, auch er hatte Tränen in den Augen, als er mich an sich gedrückt hielt, bis ich mich beruhigt hatte.
    »Du schreibst mir doch, wie du angekommen bist? Am besten an die Adresse von Adelheid, da erreicht mich die Post auf alle Fälle, und sie freut sich auch, wenn sie von dir etwas hört. Es wäre schön, dich wiederzusehen.«
    »Ich schreibe ganz bestimmt«, versprach ich, »aber erst einmal muss ich dort sein, erkunden, ob die Post funktioniert, deshalb habe ein wenig Geduld. Was ein Wiedersehen betrifft, ich denke, wenn es uns bestimmt ist, dann werden wir uns irgendwann treffen. Eines ist aber ganz sicher, mein Leben lang werde ich nie vergessen, was du für mich getan hast. Danke, Anton, danke.«

    Das Transportmittel war ein Güterzug, ausnahmslos Viehwaggons. Im ersten Moment befürchtete ich, nicht mehr zusteigen zu können, alles war schon dicht besetzt. Die Heimkehrenden hatten zum Teil kleine Leiterwagen bei sich, bepackt mit ihrer Habe, und es gab nur Stehplätze.
    Meinen Rucksack auf dem Rücken, den Koffer zwischen den Beinen, Mensch an Mensch – umfallen konnte niemand. So begann diese Fahrt.
    Nach Stunden hielt der Zug auf freier Strecke, es war die Gelegenheit, um unsere Notdurft zu verrichten. Wenn wir alle glaubten, noch an diesem Tag bis Mannheim zu kommen, wurden wir bitter enttäuscht. Immer wieder wurde angehalten, die Luft in dem Waggon war zum Ersticken, draußen war es brütend heiß. Etwas später schoben zwei kräftige Männer die schwere Schiebetüre etwas mehr auseinander. Die einströmende Luft tat uns gut, aber das Stehen wurde fast unerträglich. Da vermeldeten die neben der Tür Stehenden, dass der Zug, der plötzlich sehr langsam fuhr, einen Bahnhof erreicht hatte. Der Zug hielt an, es wurde sehr lebhaft auf dem Bahnsteig diskutiert. Nach etwa einer Stunde fuhr unser Transport etwas zurück, hielt an, wieder vorwärts, noch einmal ein Stück zurück, um nach all dem Rangieren neben einem Lazarettzug auf einem Abstellgleis zum

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