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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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Problem«, nickte Frau Bolazek, »aber woher habt ihr denn die Lebensmittelmarken? Ihr habt für diese Woche doch schon eingekauft?«
    »Ja«, erklärte Gisela, »meine Eltern haben mir wieder einige Abschnitte geschickt, und meine Freundin bekommt von allen ihren Angehörigen aus Süddeutschland ebenso Unterstützung. Unsere Familien sind der Meinung, dass Sattessen sehr wichtig ist, solange man noch wächst. Außerdem sind meine Eltern zurzeit Selbstversorger (was überhaupt nicht stimmte), so können sie schon mal etwas auch für mich abgeben.«
    »Na gut«, sagte Frau Bolazek, »ich richte es für morgen, und falls Frau Rudolph vorbeikommt, soll sie es dann mitnehmen?«
    »Oh nein, bitte nicht!«, platzte ich heraus, fast ein wenig zu hastig. »Sie kann doch mit ihrem wehen Bein so schlecht tragen. Das holen wir schon selbst ab.« Aber zunächst genossen wir einen gemeinsamen Abend mit unseren Freunden. Sie brachten ein großes Stück Fleischwurst mit, die wir uns heiß machten. Frau Rudolph gab uns selbst getrockneten Pfefferminztee, den wir kochten. Sogar etwas Zucker hatten wir noch. Gisela und ich waren uns darin einig, dass wir den beiden Soldaten nichts von unserem Einkauf erzählen durften. Sie sollten auf keinen Fall Mitwisser sein. Wir selbst wollten diesen Abend nur genießen. Jeder Augenblick war ein Geschenk. So sollte es doch bleiben.
    Für den Donnerstag hatte ich vorgesehen, die Lebensmittel nach dem ›Weißen Hirsch‹ zu bringen, gleich nach der Schule wollte ich losfahren. Die Tasche war ganz schön schwer. Wenn auch bei näherer Betrachtung alles sehr bescheiden war, so hatte ich Mühe, das Ganze an den Bestimmungsort zu bringen. Gisela gab mir ihren Rucksack. Wir legten ihn mit Papier aus, damit er nicht schmutzig wurde. Ganz unten kamen 1,5 kg Kartoffeln, ein Weißkrautkopf, etwas Zucker, den wir in ein Stoffsäckchen verpackten. Ebenso das Mehl, etwas Reis war auch dabei, Brot, und für die Fleisch- und Wurstmarken nahmen wir Suppenfleisch. Damit konnte Friedel bestimmt am meisten anfangen. Gisela fuhr mit mir in die Stadt, sie wollte sich in der Altstadt mit Laurenz treffen. Wenn ich mich recht erinnere, fuhr ich bis Neustadt, von da in Richtung ›Weißer Hirsch‹. Um diese Tageszeit war ich noch nie in diese Richtung gefahren. So redete ich mir ein, dass mich bestimmt niemand beobachten würde. Auf dem Rücken den Rucksack tragend, ging ich, ohne nach links oder rechts zu schauen, den Weg zu Sterns. Friedel war nach einmaligem Klingeln an der Tür und zog mich schnell ins Haus. Sie sah sich rasch nach allen Seiten um, doch sie konnte in der Nähe nichts Auffälliges entdecken. In der Küche nahm sie mir den Rucksack ab, drehte mich um, damit ich ihr in das Gesicht schauen konnte, streichelte meine Wangen und flüsterte:
    »Ich habe Angst um dich, auf keinen Fall sollst du Schwierigkeiten bekommen. Du hast gezeigt, dass du alles für uns tun würdest, aber du bist noch so jung, hast das Leben vor dir. Du darfst es nicht aufs Spiel setzen. Hab Dank für den Mut und die Mühen, die du auf dich genommen hast, aber wir wollen es bei dem einen Mal belassen. Für dich ist das viel zu anstrengend und Zeit raubend. Und sicher auch gefährlich. Wir werden schon einen Weg finden, wie wir, Franzl und ich, das Einkaufsproblem lösen können.«
    Wir unterhielten uns noch über dies und jenes, bis ich Friedel sagte, dass ich nun zurückfahren wolle. Es war noch früh am Nachmittag, so meinte ich, könnte ich noch meine Schulaufgaben machen, bis Gisela auch zurückkam. Dann wollten wir uns noch Pellkartoffeln kochen und diese mit Quark essen. Friedel rechnete mit mir ab und gab mir noch zehn Reichsmark für die Mühe und für die Straßenbahn. So fuhr ich zurück nach Radebeul, froh darüber, die Lebensmittel heil abgeliefert zu haben. Aber, ehrlich gesagt, auch froh darüber, dass Friedel darauf bestand, eine solche Aktion nicht zu wiederholen. Auf dem Heimweg spürte ich, dass das Tragen doch viel Kraft gekostet hatte. Aber ich hatte es gerne getan und hätte es auch weiterhin versucht, wenn Friedel dem nicht selbst einen Riegel vorgeschoben hätte.
    Gisela atmete sichtlich auf, als sie nach Hause kam.
    »Was bin ich froh«, redete sie drauflos, »dass du zurück bist.« Sie holte kaum Luft, als sie mir die Frage stellte, ob es nicht doch zu schwer für mich gewesen sei. »Es ging so halbwegs«, räumte ich ein, »aber Frau Stern meinte, wir sollten es nicht noch einmal riskieren. Man weiß nie, was

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