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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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gesehen hatte. In der Seilbahn, nach einem Besuch auf dem ›Weißen Hirsch‹. Nun wohnte er angeblich in unserer Nähe und hatte denselben Weg und besuchte dieselbe Schule. Ein Zufall? Von allem erzählte ich niemandem etwas, auch Gisela nicht. Sie würden sich Gedanken machen um Dinge, die vielleicht doch nichts zu bedeuten hatten oder ganz alleine mich betrafen. Erst kürzlich hatte ich Sterns besucht, Friedel nahm mich zur Seite und stellte mir wieder die Frage, ob mir jemand aufgefallen sei.
    »Nein«, beruhigte ich sie, »eigentlich nicht.«
    Friedel erzählte mir darauf, dass Erika nicht mehr zu Besuch käme. Es sei für sie zu gefährlich, zumal ihr Vater ein Nazi war. Daher rührte auch die drückende Stimmung, die mir beim letzten Besuch aufgefallen war, Erikas überstürzter Aufbruch, was mich wiederum belastete, weil ich befürchtete, eventuell der Grund dafür zu sein.
    Friedel erzählte ich nichts davon, dass ich nun einen Freund hatte, den ich, solange er noch in Dresden war, so oft als möglich sehen wollte. Aber ich bat sie und Franzl um Verständnis dafür, dass die Schulaufgaben vorrangig seien, und hin und wieder müsste ich auch nach Niederau fahren. Die Tage seien auch schon kürzer geworden und ich sei einfach, wenn es dunkel wurde, furchtsam. Gisela würde mich meistens nach Niederau begleiten. Dadurch seien auch Hedy und Max nicht so ängstlich. Es konnte ja immer mal etwas passieren.
    Gisela begleitete mich gerne nach Niederau. Hedy hatte immer etwas zu essen. Sie hatte auch meist etwas, das sie uns mitgeben konnte, worüber wir sehr froh waren. Aber manchmal hatte ich den Eindruck, dass die beiden sich das vom Munde absparten, was Gisela und ich mit Heißhunger verschlangen. Die allgemeine Verknappung der Lebensmittel machte sich mehr und mehr bemerkbar.
    Mit meiner Darstellung wollte ich eigentlich Friedel und Franzl zu verstehen geben, dass einzig und alleine die Zeit knapp geworden war, seit ich in Radebeul wohnte. Ich schlug ihnen sogar vor, uns einfach einmal in unserem kleinen Häuschen zu besuchen. Allerdings könnten wir nur eine bescheidene Mahlzeit anbieten. Aus Mangel sowohl an Zutaten als auch an einer ausreichenden Kochgelegenheit. Was ich ohnehin schon im Voraus wusste, dass Friedel ablehnen würde, bestätigte sich.
    »Weißt du«, meinte sie, »ich mag nicht mehr so unter die Menschen gehen. Es fällt mir schon schwer, die Einkäufe zu erledigen. Oft komme ich hier in den Lebensmittelladen, und obwohl ich die Lebensmittelkarten vorlege, sagt man mir, das haben wir nicht, bekommen wir diese Woche auch nicht mehr. Was soll ich machen? Wenn es so weitergeht, muss ich versuchen, in der Stadt einzukaufen. Aber das wird ein Spießrutenlaufen.«
    Wie konnte ich den beiden helfen? Wenn ich den Einkauf für sie erledigen würde, hätte man auch dies sicher schnell herausgefunden. Gisela und ich legten uns einen Plan zurecht. An einem Nachmittag fuhr ich schon gegen zwölf Uhr zu Sterns, eine sehr ungewöhnliche Zeit. Ich bat den Schulleiter, früher die Schule verlassen zu dürfen, eine dringende Angelegenheit müsse termingerecht erledigt werden. Ohne Aufsehen machte ich mich in der Pause davon. Friedel war überrascht, als ich unangemeldet bei ihnen auftauchte und ich ihr aber statt einer Begrüßung sagte, dass ich sofort zurückfahren müsste.
    »Ist etwas passiert?«, fragte sie ängstlich.
    »Nein, nein, wir wollen versuchen, für euch einzukaufen. Gib mir deine gültigen Marken für diese Woche, alles, was du hast«, bat ich sie hastig, »wir werden sehen, wie wir es hierherschaffen, meine Freundin und ich.«
    »Nein«, wehrte Friedel ängstlich ab, »ihr sollt keine Schwierigkeiten unsretwegen bekommen.«
    Ich ignorierte ihren Einwand. »Kannst du uns die Marken nicht immer im Umschlag schicken?«, fragte ich.
    »Das ist zu unsicher«, mischte sich Franzl nun ein, »es ist so lieb von euch gemeint, aber sehr schwer umzusetzen.«
    »Wollen wir es wenigstens mal versuchen?«, insistierte ich.
    »Na gut«, gab sich Friedel vorerst geschlagen, »aber auf Dauer wird es nicht gehen.« Es war wirklich nicht zu schaffen, so wie Gisela und ich es uns vorgestellt hatten. Zuerst gingen wir in unser Lebensmittelgeschäft, legten die Lebensmittelabschnitte hin und baten die Inhaberin darum, uns die Lebensmittel beiseitezulegen. Wir wollten sie anderntags bei ihr nach der Schule abholen. Wir hatten ja unseren festen Unterrichtsplan, nach dem wir uns zu richten hatten.
    »Gewiss, kein

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