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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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ihrer Genesung wohl einsetzen würde.
    Karl meinte, dass seine Heilung noch Zeit brauche. Unsere Gespräche darüber endeten, als für die beiden Soldaten ein neues Bier serviert wurde. Karl stellte mir ohne Übergang die Frage, ob ich Musik mochte.
    »Ja«, erwiderte ich, »besonders Klassik.«
    »Was im Besonderen?«
    »Beethoven, auch Schubert und Schumann. Aber vorwiegend Ludwig van Beethoven. Seine Musik lässt mich von dieser Welt einfach abheben.«
    »Ich mag Beethoven auch sehr. Spielst du ein Instrument?«
    »Ja, aber leider habe ich nun keine Gelegenheit mehr. ›Für Elise‹ habe ich mal ganz gut gespielt. Träumerei von Schumann hat es mir auch angetan, aber das Klavier lässt sich leider nicht überall mitnehmen. Vielleicht kommt mal wieder eine Zeit, wo ich alles nachholen kann.«
    »Wie mir scheint, haben wir einiges gemeinsam«, meinte Karl.
    »Vielleicht sind wir seelenverwandt«, erwiderte ich etwas hastig und spürte, wie ich verlegen wurde.
    »Das sind wir ganz bestimmt«, betonte Karl und sah mich an. Seine Augen wurden dabei ganz dunkel. Es kam mir fast so vor, als sei er für einen kurzen Moment in einer anderen Welt. »Wie wollen wir nun verbleiben, wann wollen wir uns wiedersehen?«
    Gisela beantwortete die Frage von Laurenz einfach auch für mich und schlug vor: »Wie wäre es, wenn ihr einfach zu uns nach Radebeul kommt? Allerdings erst gegen 16.00 Uhr, damit wir unsere Aufgaben vorher machen können.«
    »Die Idee ist gut«, freute sich Laurenz. »Wie ist es mit dir, Karl?« »Ab 14.00 Uhr bin ich immer mit der Behandlung fertig, das ginge schon. Aber habt ihr mit Frau Rudolph gesprochen?«
    »Natürlich ist das geklärt. Frau Rudolph meint, was sollte denn dagegen sprechen, wenn wir am Tage Besuch hätten«, versicherte Gisela unseren Freunden. Und so endete dieser schöne Abend, doch gleichzeitig gab es die Hoffnung, dass wir uns am anderen Tag schon wiedersehen würden.

    Das Aufstehen fiel mir an diesem Morgen leicht. Die Vorfreude auf den Nachmittag beflügelte mich.
    »Na, du singst schon am frühen Morgen, hoffentlich bringt der Tag, was er dir verspricht!« Gisela lachte mich an.
    »Ach, weißt du, Gisela, mir ist ganz einfach danach. Wenn du es nicht bemerkt hättest, mir selbst fiel das gar nicht auf. Wie heißt es doch? Die Vorfreude ist die schönste Freude.«
    »Na ja, hoffen wir, du hast recht.«
    Als wir auf den Bürgersteig traten mit unseren Schultaschen, kam Grabowsky auf uns zu mit einem »Guten Morgen«. Sein Lächeln war wie eine Maske, seine Augen ohne Glanz und Leben. »Na«, meinte er mit seiner unsympathischen Stimme, »wir haben ja den gleichen Weg.«
    Ich hakte mich bei Gisela ein, als könnte sie mich beschützen. Grabowsky ging einfach an meiner Seite und redete auf mich ein. Er stellte ungeniert die Frage, ob wir einen schönen gestrigen Abend gehabt hätten. Gisela fuhr ihn barsch an.
    »Was geht Sie das an?«
    »Oh«, triumphierte der unerwünschte Begleiter, »ich sehe und bekomme manches mit, was für viele oft bedeutungslos erscheint.« Ununterbrochen versuchte er, ein Gespräch in Gang zu bringen. Gisela und ich schwiegen weiter, bis Grabowsky spontan äußerte, er wolle mich für heute Abend einladen. In ein Kino oder wir könnten zusammen essen gehen.
    »Können Sie uns nicht einfach in Ruhe lassen? Merken Sie denn nicht, dass wir nichts von Ihnen wollen?« Gisela war empört.
    »Wer redet denn von wir«, meinte Grabowsky, »ich spreche mit Ihrer Freundin.«
    »Und ich spreche für meine Freundin. Im Übrigen sind wir mit unseren Freunden verabredet!«
    »So, so, Sie haben Freunde. Wer hätte das gedacht«, versetzte Grabowsky, blieb aber hartnäckig an unserer Seite bis zur Schule. Selbst in der Mittagspause zeigte er sich hartnäckig. Er packte ungeniert Obst und gut belegte Brote aus, damit wir es sehen mussten. Gisela und ich gingen mit Sofia und Stella ein Stück spazieren. Wir glaubten, dadurch das Anhängsel loszuwerden. Doch Fehlanzeige! Er hängte sich an uns und führte in der Unterhaltung Regie.
    Stella meinte nach der Pause: »Das machen wir das nächste Mal anders. Wir werden schon herausfinden, wie wir dieses Brechmittel loswerden.«
    Wie gut, dass die Mädchen mir dabei behilflich waren. In mir stieg Angst auf, wenn dieser Mann mich ansprach. Es war mir, als täte sich die Hölle auf. Schon wenn er mich ansah oder ich seinem Blick begegnete, lief es mir kalt den Rücken hinunter. Plötzlich war ich mir sicher, dass ich Grabowsky schon

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