Als es noch Menschen gab - Roman - Meisterwerke der Science Fiction
sagen, und hatten sich wieder zurückgezogen.
Bruce Webster grinste ihnen hinterher. »Feine Bande«, sagte er. Er wandte sich Grant zu. »Nathaniel hat Sie heute Nachmittag wohl ziemlich erschreckt?«
Grant hob das Kognakglas, starrte hindurch auf das Licht. »Und ob«, sagte er. »Aber nur für einen Augenblick. Dann fiel mir ein, was ich über Ihre Arbeit gelesen hatte. Das ist natürlich nicht mein Gebiet, aber Ihre Arbeit ist allgemein bekannt, in mehr oder weniger allgemeinverständlicher Sprache verbreitet.«
»Ihr Gebiet?«, fragte Webster. »Ich dachte …«
Grant lachte. »Ich weiß schon, was Sie meinen. Ein Volkszähler. Ein Numerator. Das gebe ich durchaus zu.«
Webster war verwirrt, sogar ein wenig verlegen. »Ich bin hoffentlich nicht ins Fettnäpfchen …«
»Keineswegs«, gab Grant zurück. »Ich bin es gewohnt, dass man mich als einen Menschen ansieht, der nur Namen und Alter notiert und zum Nächsten geht. So war es früher. Eine einfache Zählung, mehr nicht. Eine Sache der Statistik. Immerhin ist die letzte Zählung vor dreihundert Jahren durchgeführt worden. Und die Zeiten haben sich geändert.«
»Das interessiert mich«, sagte Webster. »Ihre Zählerei klingt beinahe unheimlich.«
»Das ist sie ganz und gar nicht«, wandte Grant ein. »Sie ist nur logisch. Die Bevölkerung muss überprüft werden. Nicht nur, wie viele Leute es gibt, sondern auch, wie sie wirklich sind, die Menschen, was sie denken und treiben.«
Webster rutschte tiefer in seinen Sessel hinein, streckte die Beine vor dem Kaminfeuer aus. »Sagen Sie nur nicht, Grant, dass Sie mich analysieren wollen!«
Grant leerte sein Glas und stellte es auf den Tisch. »Nicht nötig«, sagte er. »Das Weltkomitee weiß alles, was es über Leute wie Sie wissen muss. Aber es geht um die anderen – die Gratläufer, wie Sie sie hier nennen. Im Norden heißen sie Waldläufer. Im Süden wieder anders. Eine im Verborgenen lebende Bevölkerung – beinahe vergessen. Menschen, die sich in die Wälder zurückgezogen haben, die sich auf den Weg machten, als das Weltkomitee die Zügel lockerte.«
»Das musste sein«, knurrte Webster. »Die Geschichte beweist es. Schon bevor das Weltkomitee existierte, waren die Staaten mit Überbleibseln aus der Ochsenkarrenzeit belastet. Vor dreihundert Jahren war die Stadtverwaltung nicht mehr gerechtfertigt als heute eine Nationalregierung.«
»Sie haben völlig Recht«, erwiderte Grant, »aber als die Zügel lockerer wurden, ließ der Druck auf die Einzelnen nach. Derjenige, der wegziehen und außerhalb seines Staates leben wollte und alle Vorteile und Pflichten dafür aufgab, sah sich vor keinerlei Schwierigkeiten gestellt. Dem Weltkomitee machte das nichts aus. Es hatte andere Sorgen, als sich um die Unverantwortlichen und Unzufriedenen zu kümmern. Und davon gab es viele. Die Farmer beispielsweise, die mit dem Aufkommen der Hydroponik ihre althergebrachte Lebensweise aufgeben mussten. Vielen fiel es schwer, sich dem Industriedasein anzupassen. Sie zogen fort. Sie kehrten zu einem primitiven Leben zurück. Sie pflanzten ein bisschen Getreide, jagten, stellten Fallen, schlugen Holz, stahlen ab und zu. Sie kehrten ganz zur Scholle zurück, und die Scholle sorgte für sie.«
»Das war vor dreihundert Jahren«, sagte Webster. »Das Weltkomitee machte sich damals keine Gedanken darüber. Es tat natürlich, was es konnte, aber wie Sie schon sagten, störte es sich nicht daran, wenn ihm ein paar durch die Finger schlüpften. Woher also das plötzliche Interesse?«
»Man ist eben jetzt erst dazu gekommen«, sagte Grant. Er sah Webster genau an. Das Gesicht des Mannes verriet Kraft, die Schatten der tanzenden Flammen schnitten seltsam kantige Flächen in seine Züge. Grant kramte in seiner Tasche, fand die Pfeife, stopfte sie. »Da ist aber noch etwas anderes«, sagte er.
»Und das wäre?«
»Mit dieser Zählung hängt noch etwas anderes zusammen. Man müsste sie sowieso durchführen, weil ein Bild der Erdbevölkerung immer wichtig ist. Aber das ist nicht alles.«
»Die Mutanten«, sagte Webster.
Grant nickte. »Richtig. Ich hätte nicht gedacht, dass jemand darauf kommt.«
»Ich beschäftige mich mit Mutanten«, erklärte Webster. »Mein ganzes Leben lang tue ich das schon.«
»Seltsame kulturelle Abweichungen tauchen da plötzlich auf«, sagte Grant. »Dinge, die noch niemals da gewesen sind. Literaturformen, die den unverwechselbaren Stempel frischer Persönlichkeiten tragen. Musik, die sich von der
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