Als es noch Menschen gab - Roman - Meisterwerke der Science Fiction
Kombination.
Es dauerte eine Weile, bis das Gesicht auf dem Bildschirm erschien.
»Was gibt's, Tyler?«
»Ich habe eben erfahren, dass Joe …«
John Culver nickte. »Ich auch. Ich kümmere mich gerade darum.«
»Was halten Sie davon?«
In den Augen des Weltsicherheitschefs stand Besorgnis. »Vielleicht werden sie weich. Wir haben Joe und die anderen Mutanten ganz schön bedrängt. Die Hunde leisten erstklassige Arbeit.«
»Aber wir haben doch gar nichts gemerkt«, wandte Webster ein. »Nirgends gab es einen Hinweis auf eine solche Entwicklung.«
»Hören Sie«, sagte Culver. »Die Mutanten haben seit über hundert Jahren keinen Atemzug getan, von dem wir nichts wussten. Alles schwarz auf weiß nachgewiesen. Wir haben jedes Manöver blockiert. Zuerst hielten sie das für Pech, aber jetzt wissen sie Bescheid. Vielleicht haben sie eingesehen, dass sie aufgeben müssen.«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Webster ernst. »Wenn diese Leute so tun, als seien sie ins Hintertreffen geraten, muss man sich erst recht vorsehen.«
»Ich bleibe dran«, sagte Culver. »Natürlich halte ich Sie auf dem Laufenden.«
Der Schirm wurde dunkel, Webster starrte die Glasplatte düster an.
Die Mutanten waren nicht besiegt – ganz und gar nicht. Er wusste es und Culver auch. Und doch …
Warum war Joe zu Jenkins gegangen? Warum hatte er sich nicht mit der Regierung hier in Genf in Verbindung gesetzt? Um sein Gesicht zu wahren, vielleicht. Schließlich kannte Joe Jenkins schon sehr, sehr lange.
Webster fühlte plötzlich, ganz ohne Grund, Stolz in sich aufsteigen. Stolz, dass, wenn es wahr war, Joe gerade Jenkins aufgesucht hatte. Denn Jenkins war, trotz seiner Metallhaut, auch ein Webster.
Stolz, dachte er. Leistung und Irrtum. Aber immer zählten sie. Jeder von ihnen, im Laufe der Jahre. Jerome, der die Schuld trug, dass die Philosophie Juwains der Menschheit verlorengegangen war. Und Thomas, der der Welt das Raumantriebsprinzip gegeben hatte. Und Thomas' Sohn Allen, der nach den Sternen gegriffen hatte und nicht zurückgekehrt war. Und Bruce, der als Erster die Zwillingszivilisation von Mensch und Hund dargelegt hatte. Und jetzt er – Tyler Webster, Vorsitzender des Weltkomitees.
Er starrte in die abendliche Dämmerung.
Er wartete, gestand er sich. Er wartete auf das Signal, das ihm mitteilte, dass Jenkins anrief, um über Joe zu berichten. Wenn nur …
Wenn man sich nur einigen könnte. Wenn Mensch und Mutanten nur zusammenarbeiten würden. Wenn sie auf diesen halbverborgenen Krieg verzichten könnten, stünde ihnen die Welt offen – allen: Mensch, Hund und Mutant.
Webster schüttelte den Kopf. Das war wohl zu viel verlangt. Der Unterschied war zu groß, die Kluft zu weit. Argwohn bei den Menschen und ein tolerantes Lachen bei den Mutanten würde beide voneinander fernhalten. Die Mutanten waren wirklich eine andere Gattung, sie waren den anderen viel zu weit voraus – Menschen, die echte Individualisten geworden waren, die die Gesellschaft, die Anerkennung ihrer Mitmenschen nicht brauchten, den Herdentrieb abgelegt hatten, der die Menschheit zusammengehalten hatte.
Und um der Mutanten willen war die kleine Gruppe mutierter Hunde für den älteren Bruder, den Menschen, bisher ohne praktischen Wert gewesen. Denn die Hunde hatten seit über hundert Jahren Wache gehalten, waren die Polizeimacht gewesen, die die menschlichen Mutanten beaufsichtigte.
Webster schob den Stuhl zurück, öffnete eine Schublade und nahm ein paar zusammengeheftete Blätter heraus.
Ein Auge auf den Televisor gerichtet, drückte er die Taste, die seine Sekretärin rief.
»Ja, Mr. Webster.«
»Ich spreche mit Fowler«, sagte Webster. »Wenn ein Anruf kommt …«
Die Stimme der Sekretärin schwankte ein wenig. »Ich verständige Sie sofort, Sir.«
»Danke.«
Er ließ die Taste los.
Sie haben schon davon gehört, dachte er. Im ganzen Haus stehen sie herum und warten auf die Nachricht.
Kent Fowler räkelte sich in einem Stuhl im Garten vor seinem Zimmer und sah dem kleinen schwarzen Terrier zu, der wild in der Erde grub.
»Weißt du, Rover«, sagte Fowler, »mich kannst du nicht zum Narren halten.«
Der Hund hörte auf zu graben, schaute über die Schulter, bellte aufgeregt. Dann begannen seine Pfoten wieder zu wühlen.
»Eines Tages verplapperst du dich, und dann habe ich dich erwischt«, erklärte ihm Fowler.
Der Hund grub weiter.
Raffinierter kleiner Kerl, dachte Fowler. Schlau wie ein Fuchs. Webster hat ihn mir auf den Hals
Weitere Kostenlose Bücher