Als gaebe es kein Gestern
pflanzen? So wie ich will?“
Arvin lächelte sanft. „Ich denke, das geht.“
Livia hüpfte ein Stück in die Höhe. „Kannst du mir die Stelle nachher gleich zeigen?“, fragte sie aufgeregt. „Und … und abstecken … Du musst mir genau sagen, wo meine Grenzen sind, damit ich mich auf keinen Fall zu sehr ausbreite. Einverstanden?“
„Einverstanden.“
❧
Am Sonntag standen Arvin und Livia zum allerersten Mal gemeinsam vor Karens Wohnungstür.
Nachdem sie geklingelt hatten, öffnete ihnen Vanessa. Sie trug einen engen olivfarbenen Rock, der beinahe eine Dame aus ihr machte, und dazu eine weiße Bluse. Als sie Arvin sah, sprang sie sofort auf seinen Arm. „Hast du mir was mitgebracht?“
Livia biss sich erschrocken auf die Unterlippe. An ein Mitbringel hatte sie überhaupt nicht gedacht. Und überhaupt … brachte sie Vanessa eigentlich nie etwas mit …
„Guten Tag, Vanessa. Schön dich zu sehen“, sagte Arvin und überging die Frage.
„Guten Tag, Onkel Arvin. Schön dich zu sehen“, entgegnete Vanessa brav. Ihre kleinen Ärmchen hatten sich hinter Arvins Nacken verknotet. Und ihre nackten Füße suchten hinter seinem Rücken nach Halt. „Hast du mir was mitgebracht?“
„Und hallo, Livia, wie geht es dir heute?“, ignorierte Arvin die Frage schon zum zweiten Mal.
„Hallo, Livia“, sagte Vanessa und lächelte ihr zu. Aber die Aufmerksamkeit war nur von kurzer Dauer. Nach der Begrüßung wandte sie sich sofort wieder Arvin zu. „Hast du mir jetzt was mitgebracht?“
„Nein.“
„Doch!“, kreischte Vanessa.
Arvin schüttelte bedauernd den Kopf. „Das muss ich in der Eile vergessen haben.“
„Nie im Leben!“, widersprach Vanessa und hüpfte wieder von seinem Arm. „Hosentaschen“, murmelte sie und nahm erst die eine, dann die andere unter die Lupe. Aber sie fand nur ein Taschentuch, ein Portemonnaie und einen Autoschlüssel. „Die Tasche da“, forderte Vanessa und deutete auf die Brusttasche des beigefarbenen Hemdes, das Arvin zu einer schwarzen Jeans trug.
Arvin ging vor seiner Nichte in die Knie und ließ sie die Hemdtasche untersuchen.
Derweil wurde Livia immer unglücklicher. Sie hätte wirklich an ein Mitbringsel denken sollen …
Die Hemdtasche war vollkommen leer. „Schuhe ausziehen!“, befahl Vanessa.
Arvin seufzte tief, streifte aber brav die Schuhe von den Füßen.
„Socken“, murmelte Vanessa und tastete die Socken ab.
Livia schluckte. Wo blieb denn bloß Karen? Und warum beendete sie diese unangenehme Situation nicht endlich?
Da Vanessa auch in den Socken nicht fündig wurde, erhob sie sich, stemmte die Hände in die Hüften und sagte: „Gib mir wenigstens einen Tipp.“
„Ich hab’s vergessen, wirklich“, beteuerte Arvin.
Eine Weile schien Vanessa eifrig nachzudenken. Dann hellte sich ihr Blick plötzlich auf. „Du hast es bei Livia versteckt. Das ist es!“, entfuhr es ihr.
Bevor sie sich jedoch auf die Handtasche stürzen konnte, die Livia bei sich trug, intervenierte Arvin. „Halt! Das ist Livias Handtasche. Du musst sie erst fragen.“
Vanessa hielt mitten in der Bewegung inne, rollte wie eine Große mit den Augen und wandte sich an Livia. „Darf ich in deiner Handtasche nachsehen?“
Livia wand sich und warf Arvin einen Hilfe suchenden Blick zu. Als dieser ihr jedoch aufmunternd zunickte, blieb ihr wohl oder übel nichts anderes übrig, als die Tasche zu öffnen.
Vanessa wühlte einen Moment darin herum und schrie dann plötzlich: „Da! Ich hab’s!“ Und mit diesen Worten zog sie ein kleines, mit buntem Papier umwickeltes Päckchen aus Livias Handtasche hervor.
Livia runzelte die Stirn. Was die Kleine da in Händen hielt, hatte sie noch nie zuvor gesehen! Deshalb war sie wahrscheinlich noch neugieriger als Vanessa, als diese ungeduldig und mit flinken Fingern das Papier abriss. Zum Vorschein kam ein kleiner Schlüsselanhänger, der die Form einer Taschenlampe hatte.
Vanessa drückte interessiert auf den einzig vorhandenen Knopf … und erzeugte damit einen Lichtstrahl. Sie juchzte auf und fiel Arvin um den Hals. „Danke, Onkel Arvin. Danke!“ Und dann flatterte sie auch schon wie ein glückliches kleines Vögelchen davon. „Mama, Mama, sieh doch mal, was Onkel Arvin mir dieses Mal mitgebracht hat“, hörte Livia sie noch rufen.
Livia sah zu Arvin hinüber und stellte fest, dass er immer noch hinter ihr hersah und dabei strahlte wie ein frisch gebackener Olympiasieger.
Er liebt sie , dachte Livia und spürte, wie ein Hauch
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