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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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aus Karens Zimmer.
    „Kann ich noch ’n paar Klütschen?“, rief Vanessa wie aus einer anderen Welt.
    „Bin schon unterwegs“, sang Livia so unbeschwert, dass sie über sich selbst staunte. Gleichzeitig war sie damit beschäftigt, die letzten Tränen aus ihrem Gesicht zu verbannen und ihre Züge wieder unter Kontrolle zu bekommen.
    „Du sollst nicht nur die Klütschen essen, sondern auch die Suppe“, sagte sie, als sie mit einem fröhlichen Lächeln die Küche betrat.
    „Ich hab Suppe gegessen, sogar ganz schön viel“, protestierte Vanessa. „Guck mal da!“ Sie deutete auf den Rand, den die Suppe im Teller hinterlassen hatte.
    „Könnte es sein, dass der Spiegel gesunken ist, weil die Klütschen verschwunden sind?“, fragte Livia, während sie verzweifelt darüber nachdachte, ob sie zuerst einen Arzt, das Krankenhaus oder doch lieber Arvin informieren sollte. Und was war mit Vanessa? Sie konnte es ihr nicht ewig verheimlichen! Andererseits … sah sie sich beim besten Willen nicht in der Lage, die Botschaft jetzt weiterzugeben …
    „Wenn du mir noch welche gibst, ess ich die ganze Suppe auf“, versprach Vanessa.
    „Also gut.“ Livia lud einen ganzen Haufen Klütschen auf Vanessas Teller und sagte: „Ich muss mal kurz telefonieren. Du bleibst hier sitzen, okay?“
    Vanessa betrachtete mit strahlenden Augen ihre Klütschen und nickte.
    Livia hingegen griff nach dem Telefon, verließ ein weiteres Mal die Küche, eilte auf Karens Zimmer zu, drehte den Schlüssel im Schloss herum, zog ihn ab und rannte von dort aus ins Wohnzimmer. Dort wählte sie mit zitternden Fingern Arvins Nummer.
    Nach ein paarmal Klingeln meldete sich Frau Baumann.
    „Scholl hier“, presste Livia hervor. „Ich möchte meinen Mann sprechen.“
    „Der telefoniert.“
    „Sagen Sie ihm, er soll auflegen.“
    „Ich glaube, es ist ein wichtiges Gespräch …“
    „Sagen – Sie – ihm, er – soll – auflegen“, wiederholte Livia.
    Einen Moment herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Ich sag’s ihm.“
    Nur Sekunden später war Arvin am Apparat. „Ist was mit Karen?“, waren seine ersten Worte.
    Livia schossen erneut die Tränen in die Augen. Wie … wie sollte sie ihm das hier erklären???
    „Livia?“, fragte Arvin. Panik schwang in seiner Stimme mit.
    „Kannst … kannst du kommen?“, würgte Livia hervor.
    „Geht’s ihr schlecht?“
    Livia antwortete nicht. Sie konnte nicht.
    „Livia, sag was“, flehte Arvin. „Soll ich einen Arzt anrufen? Hast du das schon gemacht?“
    „Nein … ich …“ Und dann brach die mühsam aufrechterhaltene Kontrolle wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Livia wurde von heftigen Schluchzern geschüttelt und brachte erst recht kein einziges Wort mehr zustande.
    „Ich rufe einen Krankenwagen.“
    „Nein!“ Die Schluchzer hörten so plötzlich auf, wie sie gekommen waren. Livia wischte ihre Tränen weg und sagte dann mit fester Stimme: „Ich will nicht, dass Vanessa etwas mitkriegt. Nicht jetzt. Ich … ich kann das jetzt nicht begleiten. Heute nicht.“
    „Was begleiten?“ Es war eine Frage wie ein Flehen.
    „Sie ist tot, Arvin.“ Die Worte schienen durch den Raum zu schweben und nirgendwo anzukommen, erst recht nicht am anderen Ende der Telefonleitung. „Ihr … ihr Hals … er ist schon kalt! Und ich war gar nicht lange weg. Nur einkaufen und Vanessa abholen. Verstehst du? Sie ist einfach so gestorben. Ohne uns! Ganz allein. Und dabei hab ich Zwetschgenkuchen besorgt! Sie liebt doch Zwetschgenkuchen …
Arvin?“
    Dieses Mal war es Arvin, der kein Wort herausbrachte.
    Seltsamerweise schien diese Sprachlosigkeit erst recht dafür zu sorgen, dass Livia die Kontrolle behielt. „Ich werde Vanessa jetzt zu Franziska bringen. Sie ist ohnehin mit ihr verabredet. Wir treffen uns in einer halben Stunde hier, okay?“
    Wieder keine Antwort.
    Livia wischte sich die letzten Tränen ab und begriff, dass Arvin im Moment keine Hilfe war. Gleichzeitig stellte sie sich vor, wie er in diesem Zustand ins Auto stieg … Das musste sie in jedem Fall verhindern! „Ich will nicht, dass du dich hinters Steuer setzt“, hörte sie sich sagen. „Arvin?“
    „Du könntest dich irren“, flüsterte dieser.
    Livia musste schlucken. Irgendetwas in ihr war sich hundertprozentig sicher, dass Karen nicht mehr lebte. Im Grunde hatte sie es von Anfang an gewusst … „Ich leg jetzt auf und rufe noch mal bei Frau Baumann an. Warte, bis sie dir ein Taxi gerufen hat, okay?“
    Dieses Mal

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