Als ich im Sterben lag (German Edition)
Strafe Gottes ist, so ist sie nicht gerecht. Weil der Herr Besseres zu tun hat als das. Kann gar nicht anders sein. Denn die einzige Last, die Anse Bundren je zu tragen hatte, ist er selbst. Und wenn die Leute schlecht über ihn reden, dann denk ich bei mir, dass er kein so schlechter Mann ist, sonst hätte er sich nicht so lange tragen können.
Es ist nicht gerecht. Ich will verdammt sein, wenn das gerecht ist. Er hat gesagt: Lasset die Kindlein zu mir kommen, aber dadurch wird es auch nicht gerechter. Cora hat gesagt: «Ich habe dir geboren, was Gott der Herr mir gesandt hat. Ich habe ohne Furcht, ohne Schrecken dem Kommenden entgegengesehen, denn mein Glaube in den Herrn war groß, Er hat mich gestärkt und gestützt. Wenn du keinen Sohn hast, dann darum, weil der Herr in Seiner Weisheit es anders bestimmt hat. Und mein Leben war immer und ist immer ein offenes Buch für jeden Mann und jede Frau unter Seinen Geschöpfen, denn ich baue auf meinen Gott und meinen Lohn.»
Ich bin sicher, sie hat recht. Ich glaube, wenn es irgendwo einen Mann oder eine Frau gibt, jemanden, dem Er alles übertragen und sich zurückziehen und Seinen Geist ausruhen lassen kann, dann wäre es Cora. Und ich vermute, sie würde ein paar Änderungen einführen, ganz gleich, was Er davon hielte. Ich bin mir auch sicher, dass sie zum Guten der Menschheit wären. Zumindest müssten wir uns damit abfinden. Ebenso gut könnten wir aber auch alles beim Alten lassen und so weitermachen wie bisher.
[zur Inhaltsübersicht]
Darl
Die Laterne steht auf einem Baumstumpf. Verrostet, mit Schmierfett verklebt, der gesprungene Zylinder auf der einen Seite durch einen aufsteigenden Rußfleck verdüstert, wirft sie einen trüben Schein auf die Sägeböcke, die Bretter und die Erde daneben. Auf dem dunklen Boden sehen die Späne aus wie willkürlich hingekleckste, sanfte, blasse Farbflecken auf schwarzer Leinwand. Die Bretter gleichen langen glatten, aus der flachen Dunkelheit gerissenen und mit der Rückseite nach oben gekehrten Fetzen.
Cash arbeitet an den Böcken, er bewegt sich hin und her, hebt die Bretter auf und legt sie sich zurecht, aufklatschend, mit langem Widerhall in der totenstillen Luft, als lasse er sie auf den Grund eines unsichtbaren Brunnens fallen; die Geräusche ebben ab, verstummen aber nicht ganz, als könnte die leiseste Bewegung der Luft sie in vielfache Echos auflösen. Er sägt wieder, sein Ellbogen blinkt langsam auf, ein dünner Feuerfaden läuft am Rand des Sägeblatts entlang, läuft bis zum Ende jedes Zugs und kommt zurück zum Anfang, eine lange ungebrochene Linie, die die Säge sechs Fuß lang erscheinen lässt, hinein in Pas bucklige Silhouette und wieder heraus. «Reich mir das Brett da», sagt Cash. «Nein, das andere.» Er legt die Säge ab, kommt herüber, nimmt sich selber das Brett, das er braucht, und wischt Pa mit der langen schimmernden schwingenden Last beiseite.
Die Luft riecht nach Schwefel. Auf ihrer nicht greifbaren Ebene formen ihrer beider Schatten sich wie auf einer Wand, als ob sie, wie Schall, nicht sehr weit gekommen wären im Fallen, sondern als hätten sie nur für einen Augenblick sinnend Gestalt angenommen. Cash arbeitet weiter, halb dem schwachen Licht zugewandt, ein Bein und einen stangendünnen Arm abgestützt, das Gesicht schräg in den Laternenschein gehalten mit einer entrückten, energiegeladenen Unbewegtheit über dem rastlosen Ellbogen. Unter dem Himmel regt sich wie in leichtem Schlummer dann und wann ein Wetterleuchten; die Bäume stehen reglos davor, bis in die äußersten Zweige zerzaust, sie wirken geschwollen, als hätten sie zugenommen und seien trächtig mit neuem Leben.
Es beginnt zu regnen. Die ersten schweren Tropfen rascheln durchs Laub und auf die Erde mit einem langen Seufzen, als seien sie von einer unerträglichen Spannung erlöst. Sie sind groß wie Schrotkugeln und warm; wie aus einer Flinte abgefeuert fegen sie mit boshaftem Zischen über die Laterne hin. Pa hebt das Gesicht; sein Unterkiefer hängt herunter; der nasse schwarze Priem ist fest gegen den oberen Zahnfleischrand geklebt. Hinter dem schlaffgesichtigen Erstaunen grübelt er, wie von jenseits der Zeit, über den letzten unerhörten Frevel nach. Cash sieht kurz zum Himmel hinauf, dann zur Laterne. Die Säge hat nicht nachgelassen, der Feuerfaden, der bis zum Kolbengriff läuft, ist nicht abgerissen. «Hol was, um die Laterne abzudecken», sagt er.
Pa geht zum Haus. Der Regen stürzt plötzlich nieder, ohne
Weitere Kostenlose Bücher