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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Faulkner
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Pegelstand am Brückenpfeiler sei schon überschritten, das habe er noch nie erlebt. «Diese Brücke hält nicht viel Wasser aus», sagte ich. «Hat jemand es Anse gesagt?»
    «Ich hab’s ihm gesagt», sagte Quick. «Er sagt, er glaubt, die Jungen haben es gehört und abgeladen und sind inzwischen auf dem Rückweg. Er sagt, sie können dann aufladen und übersetzen.»
    «Er täte besser dran, sie in New Hope zu beerdigen», sagte Armstid. «Die Brücke ist alt, ich würde mit der kein Risiko eingehn.»
    «Er hat sich in den Kopf gesetzt, sie nach Jefferson zu bringen», sagte Quick.
    «Dann soll er sich aber so schnell er nur kann auf den Weg machen», sagte Armstid.
    Anse begrüßt uns an der Tür. Er hat sich rasiert, aber nicht gründlich. Er hat einen langen Schnitt am Kinn, trägt seine Sonntagshosen und ein weißes Hemd mit hinten angeknöpftem geschlossenem Kragen. Es ist überm Rücken glatt gezogen, was seinen Buckel größer aussehen lässt als sonst, bei einem weißen Hemd kein Wunder, und sein Gesichtsausdruck ist auch anders; würdevoll, mit tragisch gefasster Miene schüttelt er uns die Hand, als wir zur Veranda hinaufgehen und uns die Schuhe abtreten, ein wenig steif in unseren Sonntagssachen, die leise rascheln. Wir sehen ihm nicht voll ins Gesicht, als er uns begrüßt.
    «Der Herr hat’s gegeben», sagen wir.
    «Der Herr hat’s gegeben.»
    Der Junge ist nicht da. Peabody erzählte, wie er schreiend in die Küche kam, auf Cora losfuhr und sie kratzte, als er sah, dass sie den Fisch kochte, und wie Dewey Dell mit ihm zur Scheune runterging. «Ist mit meinem Gespann alles in Ordnung?», fragt Peabody.
    «Alles in Ordnung», versichere ich ihm. «Ich hab ihnen heute Morgen zu fressen und zu saufen gegeben. Der Buggy scheint auch in Ordnung. Nichts passiert.»
    «Und keiner kann was dafür», sagt er. «Ich gäb was drum, wenn ich wüsste, wo der Junge war, als die Pferde durchgingen.»
    «Wenn was kaputtgegangen ist, repariere ich es», sage ich.
    Die Frauen gehen ins Haus. Wir hören, wie sie sich unterhalten und sich Luft zufächeln. Wisch wisch wisch machen die Fächer, und die Frauen unterhalten sich dazu, und es klingt wie das Gesumm von Bienen in einem Wassereimer. Die Männer bleiben auf der Veranda, reden ein bisschen, sehen einander aber nicht an.
    «Wie geht’s, Armstid», sagen sie. «Wie geht’s, Tull.»
    «Sieht nach noch mehr Regen aus.»
    «Kein Zweifel.»
    «Ja, da kommt noch einiges runter.»
    «Ist schnell gekommen.»
    «Und zieht so bald nicht ab. Der hat keine Eile.»
    Ich gehe ums Haus nach hinten. Cash füllt die Löcher aus, die der Junge oben reingebohrt hat. Er sägt Dübel dafür aus, einen nach dem andern, das Holz ist nass und schwer zu bearbeiten. Er könnte eine Blechdose zerschneiden und die Löcher abdecken, niemand würde den Unterschied sehn. Oder was dabei finden. Ich habe mal gesehn, wie er eine ganze Stunde damit zugebracht hat, einen Keil zurechtzuschneiden, als ob er Glas bearbeitet, dabei hätte er bloß rings um sich zu greifen brauchen und ein Dutzend Holzstücke finden können und die in die Fuge treiben, das hätte denselben Zweck erfüllt.
    Als wir fertig sind, geh ich wieder nach vorn. Die Männer haben sich ein Stück vom Haus entfernt, sie sitzen auf den Bretterenden und auf den Sägeböcken, da, wo wir ihn letzte Nacht fertig gemacht haben, manche sitzen, manche haben sich hingehockt. Whitfield ist noch nicht gekommen.
    Sie sehen mit fragenden Augen zu mir auf.
    «Es ist so weit», sage ich. «Er kann ihn jetzt zunageln.»
    Während sie aufstehen, kommt Anse an die Tür und sieht zu uns herüber, und wir kehren auf die Veranda zurück. Wir treten wieder unsere Schuhe ab, sorgfältig, und jeder wartet darauf, dass der andere zuerst eintritt; es gibt ein kleines Gedränge an der Tür. Anse steht im Flur, würdevoll, gefasst. Er winkt uns herein und geht uns voran ins Zimmer.
    Sie haben sie verkehrt herum hineingelegt. Cash hat dem Sarg die Form einer Standuhr gegeben, ungefähr so, jede Fuge, jeder Stoß abgeschrägt und mit dem Hobel bearbeitet, glatt wie ein Trommelfell und sauber wie ein Nähkorb, und sie haben sie mit dem Kopf dorthin gelegt, wo sonst die Füße liegen, damit ihr Kleid nicht zerdrückt wird. Es war ihr Hochzeitskleid, es hat einen weiten gebauschten Rock und braucht Platz, um sich auszubreiten, darum haben sie sie mit dem Kopf ans Fußende gelegt, und sie haben ihr aus einem Moskitonetz einen Schleier gemacht, damit man die

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