Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Faulkner
Vom Netzwerk:
die Baumstämme, die gegen den eingesunkenen Teil stießen, an ihm entlangschrappten, sich schräg aufrichteten und dann aus dem Wasser hochschossen und Richtung Furt weiterrollten, und der Augenblick, in dem sie stillstanden, glatt und glänzend und umstrudelt und umschäumt.
    «Was hätte das genützt?», sage ich. «Wenn deine beiden Maultiere die Furt nicht finden und ihn nicht rüberziehen können, was nützen dann drei oder auch zehn Maultiere?»
    «Ich bitte dich ja nicht darum», sagt er. «Was mich und die meinen angeht, ich komme immer zurecht. Ich verlange nicht von dir, dass du dein Maultier in Gefahr bringst. Es ist nicht deine Tote; ich mach dir keinen Vorwurf.»
    «Sie hätten umkehren und bis morgen warten sollen», sage ich. Das Wasser war kalt. Es war breiig wie Eismatsch. Und es war irgendwie lebendig. Man wusste ja, dass es bloß Wasser war, das gleiche Wasser, das seit langer Zeit unter dieser Brücke durchgeflossen war, und als diese Baumstämme ausgespien wurden, war man nicht überrascht, es war, als ob alles zusammengehörte, das Wasser, der Augenblick des Stillstands, die Bedrohung.
    Erst, als wir drüben waren, heraus aus dem Wasser, und festen Boden unter den Füßen hatten, war ich überrascht. Es war, als hätten wir nicht erwartet, dass die Brücke am anderen Ufer wieder auf der sicheren, festen Erde endet, auf der wir schon früher gegangen waren und die uns vertraut war. Mir war, als könnte das gar nicht ich sein, hier drüben, denn mein Verstand hätte doch nicht zugelassen, dass ich das tue, was ich gerade getan habe. Als ich zurückblickte und das andere Ufer sah und mein Maultier, das dort stand, wo ich sonst war, und wusste, dass ich auf irgendeine Weise dorthin zurückmusste, da war mir klar, dass es unmöglich war: mir fiel nichts ein, was mich dazu bringen könnte, auch nur ein einziges Mal noch über diese Brücke zu gehen. Aber hier stand ich, und der Kerl, der mich dazu überreden könnte, ein zweites Mal rüberzugehn, konnte nicht ich sein, auch wenn Cora es befohlen hätte.
    Es war der Junge. Ich sagte: «Komm lieber zurück und halt dich an meiner Hand fest.» Er zögerte, kam dann zurück und nahm meine Hand. Ich will aber verdammt sein, wenn’s nicht eher so war, dass er zurückkam und mich holte und sagte: Niemand wird dir was tun. Und er erzählte mir von einem schönen Ort, den nur er kannte, wo es zweimal Weihnachten gab und zweimal Thanksgiving, und den ganzen Winter und Frühling und Sommer hindurch wurde gefeiert, und ich müsste nur bei ihm bleiben, dann würde mir nichts geschehen.
    Als ich zu meinem Maultier hinschaute, war’s, als ob ich es in einem dieser kleinen kaleidoskopförmigen Guckgläser sähe, ich konnte es da stehn sehn und das ganze weite Land und mein Haus, das ich dem Land durch Mühe und Schweiß abgerungen habe, und je mehr Schweiß man vergießt, desto solider das Haus, denn man braucht ein solides Haus für Cora, um Cora wie einen Krug Milch im Brunnen zu halten: man muss einen dickwandigen Krug ohne Risse haben, oder man braucht einen starken Brunnen, denn wenn man einen starken Brunnen hat, so wird man auch angespornt, feste, gut gebrannte Krüge zu haben, weil es deine Milch ist, sauer oder nicht, weil du lieber Milch hast, die sauer wird, als Milch, die nicht sauer wird, weil du ein Mann bist.
    Und er hielt meine Hand; seine Hand war so heiß und vertrauensvoll, dass mir danach war zu sagen: Schau mal her. Siehst du das Maultier da drüben? Das hatte auf dieser Seite noch nie was zu tun, darum ist es nicht mitgekommen, es ist ja nur ein Maultier. Ein Mann beobachtet nämlich hin und wieder, dass Kinder mehr Verstand haben als so ein Maultier. Aber er mag es ihnen nicht zugeben, solange sie noch keinen Bart haben. Wenn ihnen dann ein Bart gewachsen ist, sind sie zu beschäftigt, denn sie wissen nicht, ob sie je wieder dahin zurückgelangen, wo sie waren, als sie Verstand hatten und bevor ihnen Haare im Gesicht gesprossen sind. Da macht es einem dann nichts aus, den Leuten, die sich über dieselbe Sache Sorgen machen, Sorgen, die sich gar nicht lohnen, also den Leuten zuzugeben, dass man ist, wer man ist.
    Dann waren wir drüben, und wir standen da und sahen zu, wie Cash den Wagen wendete. Wir sahen, wie sie die Straße zurückfuhren, bis dahin, wo die Spur abbog, zur tiefsten Stelle hinunter. Nach einer Weile war der Wagen außer Sicht.
    «Wir gehn am besten zur Furt runter, damit wir ihnen gleich helfen können», sagte ich.
    «Ich

Weitere Kostenlose Bücher