Als ich vom Himmel fiel
Zentimeter groß, ganz dicht neben mir. Ich fahre hoch. Denn ich weiß, dass ich mich in Gefahr befinde. Wenn die Mutter dieser Jungen erst meine Anwesenheit bemerkt, dann wird sie mich angreifen. Da ist sie auch schon, ganz nah, sie richtet sich auf und kommt drohend auf mich zu.
Und ich? Lasse mich wieder ins Wasser gleiten und weitertreiben. Ich hatte schon vorher Begegnungen mit Brillenkaimanen, die am Ufer dösten und, als sie mich bemerkten, aufschreckten und ins Wasser auf mich zu sprangen. Würde ich mich nicht so gut in diesem Urwald auskennen, wäre ich sicherlich voller Panik an Land gegangen und in den Wald gerannt, wo ich dann bestimmt umgekommen wäre. So aber vertraue ich darauf, dass das, was ich in Panguana gelernt habe, stimmt: dass Kaimane immer ins Wasser flüchten, egal, aus welcher Richtung sie Gefahr vermuten, und dass sie an mir vorbei oder unter mir durch schwimmen, mich aber auf keinen Fall angreifen werden. Doch gerade die Anwesenheit so vieler Kaimane ist für mich ein Hinweis darauf, dass an diesem Fluss keine Menschen leben. Später werde ich erfahren, dass zu dieser Zeit der gesamte Fluss unbesiedelt war. Wäre ich einfach irgendwo liegen geblieben, man hätte mich niemals gefunden.
Also weiter, immer weiter.
Ich werde schwächer, kann mich kaum noch aufraffen, weiß, dass ich etwas essen muss, will ich nicht sterben. Aber was?
Es ist Regenzeit, und überall springen Frösche umher. Und die fixe Idee erfasst mich, dass ich eines dieser Tiere fangen und essen muss, obwohl ich weiß, das sind Pfeilgiftfrösche, die werden mir nicht gut bekommen. Die Indianer verwenden einige Arten zum Vergiften ihrer Pfeile, doch die Wirkung dieser Frösche hier ist zu schwach, um einen Erwachsenen zu töten. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie gut ich sie in meinem geschwächten Zustand vertragen würde. Trotzdem versuche ich wieder und wieder, einen der Frösche zu fangen. Doch es gelingt mir nicht. Einmal sitzt einer dieser Kerle keine 1 5 Zentimeter von meinem Mund entfernt. In dem Moment, in dem ich zugreife, ist er schon wieder weg. Und das deprimiert mich mehr als alles andere.
Und wieder höre ich die falschen Hühner gackern, und wieder falle ich auf sie herein. Einmal bin ich den Tränen nahe, als ich merke, dass ich mich wieder täuschen ließ.
Den zehnten Tag verbringe ich damit, mich im Wasser treiben zu lassen. Ständig stoße ich gegen Baumstämme, es kostet mich viel Kraft, über sie hinwegzuklettern, aufzupassen, dass ich mir bei diesen Zusammenstößen keinen Knochenbruch zuziehe. Am Abend finde ich eine Kiesbank und denke mir, das ist ein guter Schlafplatz. Ich lasse mich auf ihr nieder, döse ein wenig vor mich hin, blinzl e – und sehe etwas, was da nicht hingehört. Ich glaube zu träumen, reiße die Augen auf und tatsächlich: Dort am Ufer liegt ein Boot. Ein recht großes sogar, eines, wie die Einheimischen es benutzen. Ich sage mir, dass das nicht möglich ist, dass ich halluziniere, reibe mir die Augen, sehe dreimal hin, und immer noch ist es da. Ein Boot.
Ich schwimme hinüber, fasse es an. Da erst kann ich es wirklich glauben. Es ist neu und voll funktionstüchtig. Jetzt bemerke ich einen Trampelpfad, der vom Fluss die fünf, sechs Meter die Uferböschung hinaufführt. Es sind sogar festgetretene Stufen erkennbar. Warum habe ich das vorher nicht gesehen? Dort hinauf muss ich, hier finde ich sicherlich Menschen! Aber ich bin so schwach. Ich brauche Stunden, um diese wenigen Meter zu überwinden.
Und dann bin ich endlich oben. Ich sehe einen Tambo, einen einfachen Unterstand, Pfähle mit einem Palmwedeldach, ein eingezogener Boden aus der Rinde der Pona-Palme, etwa drei auf vier Meter groß. Hier lagert der Außenbordmotor des Bootes, 4 0 PS registriere ich, als sei das jetzt wichtig, und ein Fass mit Benzin. Menschen sind weit und breit keine zu sehen, aber ein Pfad führt in den Wald hinein, und ich bin mir ganz sicher, dass die Besitzer des Bootes jeden Moment aus ihm heraustreten werden. Als ich das Benzin betrachte, fallen mir meine Fliegenmaden wieder ein, die mir manchmal entsetzlich wehtun und schon wieder ein Stück größer geworden sind. Ich werde etwas von dem Benzin in meine Wunde träufeln, dann kommen sie heraus, so wie damals bei Lobo. Es dauert unendlich lange, bis ich den Schraubverschluss des Fasses aufbekomme. Mit einem Stückchen Schlauch, das ich daneben finde, sauge ich das Benzin an und lasse es dann in meine Wunde tropfen. Zunächst tut das
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