Als ich vom Himmel fiel
mich immer wieder merkwürdig berührt.
In zahllosen Nächten lernte ich also das meiste über die Fledermäuse durch eigene Erfahrung. Zunächst einmal erfuhr ich, dass es zwar besonders hässliche Arten gibt mit greisenhaften Fratzen und Glubschaugen oder bei den Vampiren mit kleinen Äuglein und scharfen Zähnen, aber auch ausgesprochen hübsche mit bunt gezeichneten Fuchsgesichtern oder interessanter Fellfärbung. Schon als Kleinkind hatte ich mich allen Tieren genähert und wollte sie anfassen, ganz egal, ob sie klein oder groß, gefährlich oder ungefährlich, hübsch oder hässlich waren. Einmal streichelte ich in einem Zoo durch ein Gitter hindurch einen schwarzen Jaguar, meine Mutter hat sich fürchterlich erschrocken, als sie das bemerkte.
Bei den Fledermäusen war das wunderbar weiche Fell eine ganz neue und auch sinnliche Erfahrung für mich. Ich habe sie gerne gestreichelt, was die kleinen Kerle natürlich überhaupt nicht leiden konnten. Anfangs haben sie mich andauernd gebissen, doch ich lernte, wie ich diese Tiere aus den speziellen Vogel- und Fledermausnetzen, die man Japannetze nennt, herauslöst, ohne allzu oft mit ihren kräftigen Zähnen Bekanntschaft zu machen. In den Netzen verfingen sich auch große nachtaktive Wespen, deren Stiche enorm schmerzten, und manchmal Greifvögel, die die Fledermäuse fressen wollten. Einmal marschierte sogar ein Tapir buchstäblich durch das Netz hindurch, ohne Rücksicht auf Verluste. Da war dann nicht mehr viel übrig von meinem Japannetz. Mit ihren scharfen Eckzähnen und kräftigen Kiefern durchdringen Fledermäuse übrigens auch die dicksten Handschuhe. Haben sie sich einmal verbissen, dann halten sie erst recht fest und beißen noch kräftiger zu. Also lernte ich, wie ich sie halten musste, damit sie mich nicht mehr zu fassen kriegten: Ich legte ihnen den Mittelfinger auf den Rücken und drückte mit Zeigefinger und Daumen die beiden Flügel zurück. Da Fledermäuse eine ziemlich dicke Nackenmuskulatur besitzen, können sie den Kopf nicht weit genug wenden, um nach hinten zu schnappen. Ich wurde auch einmal von einer Vampirfledermaus gebissen. Dabei lernte ich einiges, zum Beispiel auch, dass Dracula immer falsch dargestellt wird: Es sind nämlich ihre spitzen Schneidezähne und nicht die Eckzähne, die so messerscharf sind, dass sie, ohne Schmerzen zu verursachen, durch die Haut dringen. Das Geheimnis ist, dass ihr Speichel eine schmerzstillende Substanz enthält, dazu noch eine andere, die gerinnungshemmend wirkt, sodass das Blut stark fließt und von ihnen abgeleckt werden kann, ohne dass das Opfer erwacht. Es gibt übrigens drei Vampirfledermaus-Arten. Eine davon ist der »normale Vampir«, der sich vom Blut verschiedener Säugetiere ernährt. Die beiden anderen dagegen trinken nur Vogelblut. Diese Arten dringen auch in Hühnerställe ein und beißen das Geflügel in die zarte Haut am Ansatz des Schenkelgefieders oberhalb der Beine, die ja verhornt sind. Vampire schleichen sich, anders als ihre nicht blutfressenden Kollegen, am Boden gehend an. Das funktioniert, weil sie die Flügelhaut so zusammenlegen können, dass die Armknochen wie Stöcke wirken. Sie gehen dann sozusagen auf dem Handtelleransatz, da, wo der Daumen absteht. Ich habe dies nie beobachten können, denn Vampire sind sehr scheu und nur in den dunkelsten Stunden der Nacht aktiv, aber es gibt hervorragende Filme darüber.
Es dauerte nicht lange, und ich war völlig fasziniert von den Fledermäusen, die ich ursprünglich so abstoßend fand. Und meine Faszination hält bis heute an. Es gibt so viele Aspekte dieser heimlichen Nachttiere, die extrem spannend sind. So sind die Vampire zum Beispiel besonders soziale Tiere. Sie leben in engen Familienverbänden, betreiben gemeinsame Fellpflege und haben Wochenstuben, in denen die Mütter auch die Jungtiere anderer Vampirweibchen betreuen, wenn diese auf Nahrungssuche gehen. Aber es ist auch nicht ungefährlich, mit ihnen umzugehen, denn Vampirfledermäuse übertragen Tollwut und andere Viruskrankheiten. Darum habe ich mich vorher in Deutschland gegen Tollwut impfen lassen. Die dritte Auffrischimpfung musste ich mir selbst in den Hintern geben, ein komisches Gefühl, wenn man sich selbst spritzen muss. Aber nachdem es mir die Ärztin erklärt hatte, ging es ganz leicht.
Die Stimmen der Fledermäuse liegen größtenteils im Ultraschallbereich und sind für unsere Ohren unhörbar. Mit einem speziellen Gerät, dem »Bat-Detector«, kann man sie
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