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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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allerdings ohne zu erwähnen, dass sie Virginia Woolf schon bei mehreren Gelegenheiten begegnet war. Die bekannte Schriftstellerin und Feministin lebte in Rodmell, einem Dorf ganz in der Nähe von Cuckmere Park, und da Mrs Cage mit Mrs Woolfs Köchin befreundet war, hatte May die Haushälterin von Cuckmere schon etliche Male zum Mittagessen dorthin gefahren. Mrs Woolf war bei diesen Besuchen immer sehr höflich zu ihr gewesen. Meist war sie zwar gerade im Aufbruch begriffen und damit beschäftigt, sich für die Zugfahrt nach London fertig zu machen, aber sie nahm
sich stets die Zeit, sich nach May zu erkundigen und ihr persönliche Fragen zu stellen.
    »Ich habe die schrecklich neugierige Angewohnheit, jedes Detail über jeden wissen zu wollen«, hatte sie ihr lachend anvertraut, »besonders über jemanden, der eine solch exotische Lebensgeschichte hat wie Sie.«
    Julian hatte mit seiner Bemerkung über Mrs Woolfs Schönheit vollkommen recht, fand May. Von ihrem eleganten schmalen Gesicht war sie ebenso beeindruckt wie von den grazilen Bewegungen der langen und doch feinen Hände, wenn Mrs Woolf den Sitz ihres Hutes korrigierte.
    Julian rasselte noch ein paar Namen herunter, die jener gefeierten Gruppe von Schriftstellern, Malern und Denkern zugeordnet wurden, doch als er bei E. M. Forster anlangte, unterbrach ihn May. Auf der Suche nach Indien war eines der Lieblingsbücher ihrer Mutter gewesen. Und auf diesem Umweg landete das Gespräch bei der Tragödie, die sich unlängst in Mays Leben zugetragen hatte.
    Obwohl der Altersabstand zwischen Charlotte Bellowes und May Thomas nur ein Jahr betrug, hätten die beiden unterschiedlicher nicht sein können. Julian hatte beobachtet, wie tapfer May die kummervolle Zeit der letzten Tage durchgestanden hatte, und die innere Gefasstheit, mit der sie den schrecklichen Unfall ihrer Mutter verarbeitete, erstaunte ihn. Er versuchte, sich vorzustellen, was er beim Tod seiner eigenen Mutter empfinden würde, beschloss jedoch, den Gedanken nicht weiter zu vertiefen.
    Kurz nachdem Sam mit dem Telegramm in Cuckmere Park eingetroffen war, hatten die Blunts darauf bestanden, May solle sich freinehmen und ein paar Tage bei ihrem Bruder und ihrem Cousin in London bleiben, doch schon am folgenden Sonntag war sie zur Teezeit nach Cuckmere zurückgekehrt, einsatzbereit für die neue Woche. Sie versicherte Sir Philip, dass sie es vorziehe, zu arbeiten statt zu trauern. Doch Lady Joan machte
ihr den Vorschlag, die Familie zur Abendandacht in die Dorfkirche zu begleiten, statt allein zu Hause zu bleiben. Lady Joan wusste um die heilende Kraft eines Begräbnisses – ein Trost, der ihr selbst einst verwehrt worden war – und glaubte, ein Gottesdienst und die Möglichkeit, ein Gebet zu sprechen, seien hilfreich für May. Schon seit mehreren Generationen herrschte in Cuckmere der Brauch, dass alle im Haus, Familienmitglieder, Gäste und Personal, am Sonntagabend gemeinsam zur Kirche gingen. Mr Hooch hatte Mays Arm gedrückt. Diese junge Frau, die nicht länger wegblickte, wenn er sprach, wie so viele andere es taten, erinnerte ihn an jemanden, den er einst geliebt und verloren hatte.
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich heute Abend nicht mitkomme«, sagte er. »Früher einmal habe ich an Gott, die Kirche und all das Brimborium geglaubt, obwohl ich nach dem hier«, er zeigte auf sein Gesicht, »nicht viele Gründe sehe, dankbar zu sein. Aber bevor ich heute Abend Puck vom Buchsberg heraussuche, wie ich es der kleinen Florence versprochen habe, werde ich gegen einen zwanzig Jahre alten Grundsatz verstoßen und mit Dem da oben ein ruhiges Wörtchen sprechen. Er soll ein Auge auf Sie hier unten haben«, sagte er und reckte sein geschundenes Kinn zum Himmel.
    Zur »violetten Stunde«, wie die poetisch gestimmten Dorfbewohner die Tageszeit nannten, da ein reicher abendlicher Himmel die Rundungen der Downs in ein leicht violettes Licht tauchte, brachen die Graugänse, deren heisere Rufe einen Gegensatz zur Anmut ihres Flügelschlags bildeten, zu ihrem abendlichen Flug auf. Sonntagsspaziergänger, die ihre Hunde am Flussufer ausführten, blickten auf, als die Vögel in Richtung Meer zogen, horizontale Balletttänzer in makelloser Formation. Unter ihrer Flugbahn legte die Hausgemeinschaft von Cuckmere die kurze Wegstrecke zur Kirche zu Fuß zurück. Florence lief am Ende der Prozession, trat gegen die weißen Flintsteine, mit denen der moosbedeckte Boden übersät war, und hielt Mays Hand. In

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