Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
unentwegt an meinem Umhang rum, bis der angeblich so lag, wie er und die Fotografin es für richtig erachteten. Einige Meter von mir entfernt standen Clint und Peter, die mir immer wieder versicherten, dass es wohl gleich losgehen würde und ich mich nur noch bereithalten müsste, bis das Licht ideal wäre. Ich ließ alles stillschweigend über mich ergehen und konzentrierte mich auf meinen »Job«, schließlich wurde der ganze Aufwand am Ende ja tatsächlich nur für mich betrieben. Und so warteten wir alle und warteten und warteten.
Die Sonne ging zwar langsam auf, aber die Fotografin war nicht zufrieden. Zu viel Nebel, murmelte sie, während sie unmotiviert ein paarmal den Auslöser drückte. Nach einer weiteren Stunde kam sie dann zu dem Schluss, dass man doch besser zur nächsten Location fahren sollte. Ein Keller, mitten in der Stadt.
Mittlerweile war es Vormittag und ich zum wiederholten Male nachgeschminkt geworden. Der Keller wurde mühsam ausgeleuchtet und ich weiß noch, dass ich mich gefragt habe, wie man Graf Dracula ästhetisch mit Heizungsrohren und alten Elektrogeräten vereinbaren könnte, nur war ich in diesem künstlerischen Gebilde schließlich nicht derjenige, der den Plan hatte.
In dem Keller war es unaufgeräumt, schmutzig und es stank wie auf einer gammeligen Mülldeponie – aber ich sagte nichts und gab das einfältige Fotomodel. Ich bekam neue Schminke ins Gesicht und meine Haare erhielten eine weitere Packung Juckpomade, damit sie länger halten würden – nur leider nicht so, wie man es aus der 3-Wetter-Taft-Werbung kannte. Ein paar Aufnahmen mehr waren im Kasten und so ging es dann zu Location Nummer 3.
Ich musste in voller Montur durch die Stadt zum Auto gehen, was erneut den einen oder anderen Fußgänger verschreckt haben dürfte. Wir fuhren auf einen Berg und hielten an einem Platz, wo mitten im Wald alte Säulen standen. Dort wurde ich erneut in den unterschiedlichsten Posen fotografiert und nach weiteren Stunden der Qual waren wir auch dort fertig. Die allerletzten Aufnahmen sollten schließlich im Atelier der Fotografin gemacht werden, was ich ganz angenehm fand, da ich dort wenigstens nicht mehr den verstörten Blicken von ahnungslosen Spaziergängern ausgeliefert war.
Bis in den späten Abend wurde dort dann weitergeknipst und arrangiert, bis die Fotografin am Ende mehr als 300 Bilder geschossen hatte. Und alle waren zufrieden – bis auf einen. Ich liebte es, Musik zu machen, aber bei dem Zirkus drum herum konnte ich keinerlei Freude empfinden.
Graf irgendwas
In der folgenden Woche ging ich wieder meiner Arbeit nach. Da mich mein Ausbildungsbetrieb übernommen hatte, war ich nun in meiner Heimatstadt als Hörgeräteakustiker tätig. Clint hatte mir in der Zwischenzeit mitgeteilt, dass die Fotos richtig gut geworden seien. Ich stand der ganzen Sache weiterhin skeptisch gegenüber, ließ mir aber nichts anmerken und war gespannt darauf, was ich schon bald zu sehen bekommen sollte. Und so trafen wir uns dann eines Abends bei der Fotografin.
Was soll ich sagen? Die Fotos zeigten so ziemlich genau das, was ich befürchtet hatte: Ein »Graf irgendwas« in einem geschmacklosen Outfit. Die Aufnahmen waren gut gemacht, daran gab es keinen Zweifel, und doch sah alles ein wenig unfertig aus. Und die alles entscheidende Frage war: Was in aller Welt hatte das Ganze mit meiner Musik zu tun? Ich mochte meinen Sound, er war genau das, was ich damals zum Ausdruck bringen wollte, aber genau diese Bilder waren absolut nie in meinem Kopf, wenn ich ein Lied komponiert hatte.
Die anderen zeigten sich begeistert von der Arbeit der Fotografin. Ich hörte mir schweigend deren Lobeshymnen an und redete mir ein, dass ich die Bilder womöglich mit den falschen Augen sehen würde. Außerdem hat wohl jeder Mensch Probleme damit, seine eigenen Aufnahmen gut zu finden, und möglicherweise waren dies genau die Fotos, die meine Musik brauchte, um die nötige Aufmerksamkeit bei den Plattenfirmen zu erregen.
Alles, was ich bis dahin selbst unternommen hatte, um einen Vertrag zu bekommen, war kläglich gescheitert. Insofern war mein Weg auch nicht der richtige gewesen. Blieb also nur die Frage, ob dies der richtige war.
Ich hatte nichts zu verlieren und wollte nun schlichtweg wissen, was nach dem ganzen Aufwand herauskommen würde. Auch diese Antwort war schnell gefunden: Nichts, oder fair betrachtet – nicht viel. Ich wusste, dass Clint seine Kontakte spielen lassen und Bewerbungen
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